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Ein Jahr ohne Juli (German Edition)

Ein Jahr ohne Juli (German Edition)

Titel: Ein Jahr ohne Juli (German Edition)
Autoren: Liz Kessler
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erwischt haben!
    »Großer Gott, Jen, was soll das sein, die spanische Inquisition? Nicht dass ich wüsste. Warum fragst du sie nicht selbst, wenn sie herkommt? Sie hat gesagt, dass sie noch mal reinschaut.«
    Natürlich. Ich frage sie gleich. Es wird eine einfache Erklärung geben. »Wo ist Mum?«, frage ich.
    »Schwimmen mit Craig.«
    »Sind sie im –«
    »Hör mal, Jenny, ich versuche ein bisschen zu arbeiten. Ich will ja nicht unfreundlich sein, aber würde es dir was ausmachen …?«
    Ich schüttle den Kopf und wasche mein Glas im Spülbecken aus. Soll er sich doch einbilden, dass er einen großartigen internationalen Bestseller schreibt.
    Etwas vor dem Fenster erregt meine Aufmerksamkeit, und ich blicke auf. Juli. Endlich! Ich renne zur Tür und lasse sie herein.
    »Wo bist du gewesen ?«, rufen wir gleichzeitig aus, dann ziehe ich sie herein.
    »Hallo, Mr Green«, ruft sie durch die Tür. Dad winkt ihr geistesabwesend zu. Wir gehen nach oben in mein Zimmer, und ich mache die Tür hinter uns zu. »Ich hab dich nirgends finden können – es war, als ob du dich in Luft aufgelöst hättest!«, sagt Juli.
    »Umgekehrt genauso! Was ist da denn gelaufen?«
    »Unheimlich!«, sagt sie lachend und tut so, als ob sie auf einem Luftklavier schaurige Musik spielt.
    »Ja. Absolut seltsam. Ich hab es zuerst gar nicht verstanden, aber dann hab ich mir gesagt, dass ich mich wohl in eurem Apartment getäuscht habe.«
    »Unserem Apartment?«
    »Genau. Habt ihr ein anderes genommen?«
    »Ein anderes was?« Juli neigt den Kopf und wartet auf eine erklärende Antwort.
    »Das … das … euer … Apartment?«
    »Wir haben kein anderes Apartment«, sagt Juli und sieht mich verwundert an.
    »Und euer Auto«, setze ich hinzu. Ich komme mir ziemlich idiotisch vor. »Es war nicht da.«
    »Aber sicher war es da, du Blödi!« Sie hält sich die Hand vor die Augen, läuft im Zimmer herum und stößt alles Mögliche an. »Du musst wohl mit Scheuklappen rumgelaufen sein.«
    Dann tritt sie an mein Bett und schmeißt sich kopfüber darauf. Ich muss lachen. Sie hat recht – bestimmt hab ich mich nur dumm angestellt. So muss es gewesen sein. Ich zwinge mich, nicht mehr daran zu denken, und rede mir ein, dass es irgendeine schlüssige Erklärung dafür geben muss.
    »Hey, ich hab ein Geschenk für dich«, sagt sie, setzt sich auf und zieht etwas aus der Tasche. »Mach die Augen zu und streck die Hand aus.«
    Ich gehorche, und sie legt mir etwas auf die Handfläche. Ich schließe die Hand darum.
    »Mach die Augen auf!«
    Es ist eine Halskette aus einzelnen Kieseln, die von Draht zusammengehalten werden. Sie ist unglaublich schön und ganz ungewöhnlich: typisch für die Sachen, die Juli macht – genau deshalb ist sie so etwas Besonderes!
    »Hab ich gestern Abend gemacht«, sagt sie und grinst übers ganze Gesicht. »Die Steine habe ich bei uns gefunden. Das ist eine Freundschaftskette.«
    Ich setze mich neben sie und umarme sie. »Ich finde sie ganz super. Danke.« Juli sieht zu, wie ich sie mir um den Hals lege.
    »Gerne«, sagt sie und springt auf. »Also – erzähl mal mehr von den merkwürdigen Begebenheiten. Vielleicht bist du ja doch nicht mit Scheuklappen rumgelaufen. Vielleicht ist unser Auto von Außerirdischen entführt worden.«
    »Was sollen Außerirdische denn mit einem knallroten Porsche?«, frage ich lachend.
    »Vielleicht machen sie ein Raumschiff daraus, mit dem sie zwischen ihrem Planeten und unserem hin- und hersausen?« Sie geht ans Fenster und öffnet es. Laut rauscht der Fluss vorbei.
    »Oder sie kommen vielleicht von einem Planeten, wo alles rot ist«, sage ich. »Nach und nach stehlen sie alles von unserem Planeten, was auch rot ist.«
    Juli hüpft auf und ab und klatscht in die Hände. »Ja, das ist es!«, ruft sie. »Juhu – keine roten Bete mehr!«
    »Keine Tomaten!«
    »Oje.« Juli lässt sich auf das Bett zurücksinken und macht ein ernstes Gesicht.
    »Was ist?«, frage ich.
    »Kein Ketchup mehr«, sagt sie düster. Doch gleich bessert sich ihre Laune wieder. »Na gut – wir müssen einfach hoffen, dass es doch keine Aliens sind, sondern dass du einfach das Auto übersehen hast.«
    Ich zögere einen Moment und denke an all die Dinge, die sonst noch anders waren als zuvor. »Nein, es war nicht nur das«, sage ich zögernd.
    »Was denn noch?« Juli blickt mich forschend an. Sieht sich im Zimmer um. Hebt einen meiner Turnschuhe auf und schiebt ihn unters Bett. »Und deine Schuhe hast du auch verloren?«
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