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Ein Jahr ohne Juli (German Edition)

Ein Jahr ohne Juli (German Edition)

Titel: Ein Jahr ohne Juli (German Edition)
Autoren: Liz Kessler
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pinkfarbenen Handtaschen am Arm. Sie werden schneller und lächeln erfreut, als sie uns entdecken. Korrektur: als sie Juli entdecken.
    »Hi!«, rufen sie begeistert aus, während sie sich um Juli drängen und mich kaum beachten.
    »Hast du Lust, morgen mit uns abzuhängen?«, fragt Christine. »Ich hab ein neues Glätteisen, das wir ausprobieren könnten, oder wir könnten shoppen gehen oder so.« Beide Mädchen halten den Atem an, während sie auf Julis Antwort warten. Als ob sie um die Aufmerksamkeit eines Popstars betteln würden. Alle wollen immer mit Juli befreundet sein.
    »Tut mir leid, wir haben morgen schon was vor«, sagt Juli gelangweilt. Ich glaube, sie merkt nicht mal, wie sehr sich alle wünschen, mit ihr zusammen zu sein. »Wir sehen uns ja vielleicht im Lauf der Woche.«
    Die Mädchen bemühen sich, ihre Enttäuschung nicht zu zeigen. »Cool«, sagt Sally. »Bis dann also, Juli.«
    »Tschüss!«, sage ich betont, als sie sich abwenden.
    »Genau, bis dann, Jenny«, ruft Christine gewissermaßen im Nachklapp über die Schulter.
    Als sie außer Sicht sind, stößt Juli mich an. »Warum sollte ich wohl mit Barbie Eins und Barbie Zwei abhängen?«, sagt sie.
    »Juli, du bist so gemein!« Insgeheim versuche ich ein Grinsen zu unterdrücken. Wir gehen weiter, fort von den Ferienapartments, am Fluss entlang und über die lange Brücke, die im Bogen auf eine Wiese am anderen Flussufer führt. Ein bisschen weiter oben öffnet sich der Fluss zu seiner breitesten Stelle, die fast ein See ist, praktisch völlig still und flach. Nur wenn man ganz genau hinsieht, kann man die träge Strömung ein bisschen erkennen.
    Am Ende der Brücke kann man durch ein Dickicht am Ufer des Sees zu einer kleinen versteckten Felsenbucht klettern. Das ist unser Geheimplatz.
    Juli streift die Schuhe ab und rollt die Hosenbeine hoch. Sie platscht ins Wasser, nimmt einen Kieselstein und lässt ihn über den See hüpfen. Er kommt sechs Mal auf. »Juhu! Die Meisterin im Kieselhüpfen ist zurück!«, jubelt sie.
    Ich trete hinter ihr vorsichtig ins Wasser. Es ist eiskalt.
    »Was gibt’s Neues?«, fragt sie und sucht nach einem weiteren flachen Kiesel. »Irgendwelchen Klatsch?«
    Ich muss lachen. »Klatsch? Von mir? Du bist doch die mit dem aufregenden Leben!«
    »Das stimmt«, sagt sie und lässt den Stein über die Wasseroberfläche ditschen.
    »He!« Ich lache und spritze sie nass.
    Sie beugt sich vornüber, um zurückzuspritzen. Lachend und kreischend jagen wir uns in die Kieselbucht zurück.
    Juli lässt sich auf die Steine fallen. »Komm, wir gehen«, sagt sie, reibt sich die Füße mit dem Ärmel trocken und zieht die Schuhe wieder an.
    »Wir sind doch gerade erst gekommen.«
    »Lass uns zum Wehr gehen und sehen, wie voll es ist.«
    »Es ist voll. Ich war schon da.«
    »Ja, aber schließlich nicht mit mir!«
    So ist das mit Juli. Kaum machen wir eine Sache, ist sie schon auf dem Sprung zur nächsten. Sie tänzelt den Weg entlang und ich folge ihr. Dabei erzähle ich ihr, dass es Craig auf dem Herweg schlecht geworden ist, welches Buch ich gerade lese und zeige ihr die Kleewiese, die üppig blüht wie in jedem Jahr. Alberne Kleinigkeiten eigentlich, aber die Dinge mit Juli zu teilen, das ist mir wichtig. Als ob nichts ganz wahr ist, bis ich es ihr erzählt habe.

    Es fängt gerade an dämmrig zu werden, als wir wieder bei den Apartments ankommen. Die historische Eisenbahn dampft durch den Wald auf der anderen Seite des Flusses und macht ihr komisches kleines Tuuut! , dann verschwindet sie unter einer Brücke.
    »Ich würde ja nicht glauben, dass die Eisenbahn echt ist, wenn ich nicht schon mal damit gefahren wäre«, sagt Juli. »Die sieht doch aus wie aus einem Comic.«
    »Ja. Sie ist wirklich echt.« Ich erinnere mich an letztes Jahr, als Craig und Mikey die Köpfe aus dem Fenster gestreckt und aus vollem Hals »tuuut« geschrien haben. Eine ältere Frau hat sich so erschreckt, dass ich dachte, sie bekommt einen Herzanfall.
    »Hier läuft alles so geordnet ab, stimmt’s?«, fährt Juli fort. »Nicht wie im normalen Leben.«
    »Auf jeden Fall nicht so wie in deinem Leben!«, sage ich und muss lachen. »Bei euch daheim ist nichts geordnet!«
    »Kommt es dir nicht auch manchmal so vor, als ob das hier gar nicht die normale Welt ist?« Juli packt meinen Arm, und ihre Augen funkeln. Sie hüpft rückwärts vor mir her, während sie redet. »Mensch, vielleicht ist das hier eine Parallelwelt!« Ihre Stimme wird lauter und ihr Blick noch
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