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Ein Jahr ohne Juli (German Edition)

Ein Jahr ohne Juli (German Edition)

Titel: Ein Jahr ohne Juli (German Edition)
Autoren: Liz Kessler
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werfe ich einen Blick zur Tür, um zu sehen, ob Juli nicht endlich eintrifft.
    Kurz darauf kommt Dad mit Craig im Schlepptau an. Craig geht wie ein o-beiniger Cowboy; seine Hose ist klatschnass.
    »Er hat seinen Saft umgeschmissen«, sagt Dad. »Ich bringe ihn nach Hause zum Umziehen. Wir sind gleich wieder zurück.«
    An der Tür bleibt er stehen, um mit jemandem zu reden, der gerade angekommen ist. Ich schaue um die Ecke. Jawoll! Es ist Juli!
    Sie kreischt meinen Namen so laut, dass sich der halbe Raum umdreht, um zu sehen, was los ist. Dann kommt sie angerannt und drückt mich so fest, dass mir praktisch die Luft wegbleibt. Ihre Eltern kommen hinterher. Sie sind im Partnerlook angezogen: Leinenhosen und leuchtend bunte T-Shirts, seines hellblau und ihres knallrosa. Juli trägt alte Jeans und ein rotes T-Shirt mit einem weißen Esel vorne drauf. Der Raum verändert sich durch ihre Ankunft, als ob er vorher in Schwarzweiß gewesen ist und sie einen Schalter angeknipst haben, der ein Farbbild daraus gemacht hat.
    »Habt ihr zwei euch nicht erst vor zwei Stunden gesehen?«, fragt Mum.
    »Schon, aber wir haben noch keine Zeit gehabt, uns die rund zwei Millionen Sachen zu erzählen, die passiert sind«, sagt Juli.
    »Zwei Millionen? Dad berichtete etwas von anderthalb«, sagt Mum lächelnd.
    »Das war doch vor zwei Stunden! Inzwischen gibt’s mehr!«
    Ich lache, aber Juli hat ja recht. Es gibt immer so viel, was ich ihr erzählen möchte. Nur alberne Kleinigkeiten, Sachen, über die sich die meisten Leute nicht mal Gedanken machen würden, aber von denen ich weiß, dass Juli sie hören möchte.
    »Ich glaube, ich weiß, was ihr meint«, sagt Mum. Sie küsst Julis Mum auf die Wangen und zieht sie mit sich. Julis Vater geht hinüber, um Mr Barraclough zu begrüßen.
    »Mal sehen, was sie uns dieses Jahr zu bieten haben«, sagt Juli mit einem Augenzwinkern und grabscht eine Handvoll Broschüren. »Nö, nö, ach was, so ein Quatsch«, sagt sie nach einem kurzen Blick auf jede Broschüre. Eine nach der anderen lässt sie fallen und geht weiter am Tisch entlang.
    »Kerzen!«, schnaubt sie verächtlich und schleudert die Broschüre auf den Tisch, die Mum und ich uns angesehen haben. »Wer hat schon Lust, sich ein Kerzenmuseum anzusehen? Also echt!«
    Ich sage nichts, sondern verschiebe ein paar Seiten auf dem Tisch, damit sie den Anmeldebogen nicht sehen kann – und ich wende mich etwas ab, damit sie auch nicht bemerken kann, wie ich rot geworden bin. Juli steht plötzlich neben mir, packt mich am Arm und schüttelt ihn rauf und runter wie ein kleines Kind. »Schau dir das an, Jenny«, sagt sie.
    Es ist die Broschüre von einem Abenteuerpark in einem Dorf, das ungefähr fünfzehn Kilometer entfernt ist.
    »Da müssen wir hin!«, sagt Juli. »Hör dir das an: Felsenklettern, Abseilen, ein Hindernisparcours und so weiter.«
    Ich habe ja geahnt, dass sie versucht, mich zu so etwas zu überreden. »Ich weiß nicht«, brumme ich, um Zeit zu schinden. Also, meistens ist es ja wirklich ein super Gefühl, hinterher, nachdem ich so was Gefährliches gemacht habe, zu dem mich Juli überredet hat – aber das bedeutet nicht, dass ich unbedingt wieder beim nächsten Mal dabei sein will! »Abseilen? Felsenklettern? Muss man da nicht nach hoch oben?«, frage ich nervös. »Sag mal – glaubst du nicht, dass das ein bisschen gefährlich werden kann?«
    »Und Reiten! Genau – das machen wir!«, schreit Juli, fängt an, Schnalzgeräusche zu machen und um mich herumzutraben wie ein Pferd. »Kannst du dich an die Holzpferde erinnern, die wir in der zweiten Klasse hatten, Jen?«
    Wir hatten unsere Eltern überredet, uns gleiche Steckenpferde zu kaufen. Auf denen sind wir überall hingeritten. Wir haben so getan, als wären wir Cowgirls in der Prärie, die nach verloren geglaubten Schätzen suchen.
    Ich lache. »Mhm, aber wie du sagst, da waren wir in der zweiten Klasse – und es waren Holzpferde . Da musste man nicht befürchten, dass einem eins auf den Füßen rumtrampelt!«
    Juli hört auf zu traben und sieht sich nach ihrer Mutter um. Die steht mitten im Raum, hat die Hand auf Mums Bauch gelegt und lächelt, während sie sich mit ihr unterhält.
    »Was ist los?«, frage ich, als ich zu ihnen trete.
    »Er hat gestrampelt.« Mum strahlt.
    »Er?« Mrs Leonard zieht fragend eine Braue hoch.
    »Also, wir sind nicht ganz sicher«, sagt Mum, »aber es fühlt sich wie ein Er an. Fühl doch mal, wie kräftig er mit den Beinchen kickt! Wenn
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