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Ein Jahr in Australien

Titel: Ein Jahr in Australien
Autoren: Julica Jungehuelsing
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wenngleich es die natürlich auch in Balmain oder Manly oder Potts Point gab. Am meisten aber, und das war vermutlich das Wichtigste, gefiel mir die Stimmung in Bondi Beach, und dass sie so wunderbar grundverschieden von der in Deutschlands Norden war: Sonnig, etwas verrückt, australisch lässig und irgendwie leicht fühlte sich das an, so wie dieBrise, die gerade vom Pazifik herüberwehte. „Ja, ich glaube schon“, nickte ich versonnen zu „Mate“ rüber, der vermutlich kaum noch mit einer Antwort rechnete, „Bondi wäre gut.“
    Ob mir ein Zimmer reichte, fragte er nach einer Weile unvermittelt. Und ob ich einen Hund hätte. Als ich die erste Frage bejahte und die zweite verneinte, winkte er über meine Schulter hinweg einem Typen auf der Straße zu: „Hey Rick, ist euer Zimmer noch zu haben?“ Der Mann, der auf den Namen Rick hörte, drehte sich um und nickte: „Korrekt!“ Er hatte Dreadlocks, die dicke, weiße Schicht Zinksalbe der Surfer auf den Lippen, sehr blaue Augen und war etwa – nun, sagen wir: höchstens – einundzwanzigeinhalb … Oh. WG-Leben, Wer-spült-heute-Diskussionen und allabendliche Surfer-Partys standen auf meiner Wunschliste fürs neue Leben am Ende der Welt nicht gerade ganz oben. Aber hatte ich nicht unlängst noch über meine Lust auf Neues gesprochen? Über Flexibilität, Offenheit und Leichtigkeit? Wo waren sie denn plötzlich, die Neugierde der Weltenbummlerin und die Abenteuerlust? Versuchen konnte ich’s doch wenigstens. Immerhin müsste ich mich so für eine Weile nicht mit Ramonas, Jaquelinas oder Tamsins über unsere unterschiedlichen Definitionen der Worte „hell“ oder „Ausblick“ unterhalten.
    Rick hatte Lust auf einen Eistee, lehnte sein Surfbrett an die Wand und nahm mich ins Kreuzverhör. Ob ich rauchte, schlafwandelte, Veganerin sei oder oft lauten Sex hätte, wollte er wissen. Ich überlegte, ob all das wohl Aufnahmebedingungen oder eher Minuspunkte waren, und bekam einen Lachanfall. Was wiederum Rick anscheinend als Antwort sympathisch fand. Auf jeden Fall durfte ich seinen Tee bezahlen und ihn begleiten. Wenig später standen wir vor seinem Haus in der Roscoe Street. Genauer gesagt war es eine Haushälfte, keine drei Blocks vom Strand, sogar mit einem Stück Rasen im Hinterhof. In dem lagen zwischen Barbecue und Außendusche vier ganze Surfboards und zwei halbe. Untereinem blühenden Frangipanibaum standen ein Wäscheständer und ein halbes Dutzend wackliger Gartenstühle. Auf einem von zwei ausgesessenen Sofas schlief eine getigerte Katze. „Der Sommersalon“, grinste Rick, zog einen Schlüssel aus einem Aloe-vera-Busch und schloss die Hintertür auf. Drinnen war es angenehm kühl, nicht sonderlich hell, aber freundlich. Im Wohnzimmer gab es keinen Tisch, dafür jedoch drei weitere Sofas, ein grünes, ein blaues und eines, das früher mal rot gewesen sein musste. Außerdem standen da drei enorm große Bildschirme auf umgedrehten Getränkekästen.
    „Drei Fernseher?“, murmelte ich etwas schüchtern. Irgendwie wusste ich nicht genau, was ich sonst fragen sollte. Immerhin war dies mein erstes australisches WG-Gespräch und der Typ mit den Strahleaugen hätte bei anderer Familienplanung mein Sohn sein können. „Äh, einer ist kaputt, und auf dem da gehen nur Videos“, klärte Rick mich auf. „Willst du das Bad sehen? You’ll love it …“ Den Satz hatte ich heute schon mal gehört, doch diesmal stimmte er. Das Badezimmer war riesig. Und vor etwa dreißig Jahren musste es jemand mit besonders schlechtem Geschmack renoviert haben. Oder es gab damals im Hardware Store Pink umsonst. Auf jeden Fall leuchtete der Badesalon von der Decke bis zum Boden in schrillem Rosa. Rosa Fliesen, rosa Kacheln, selbst Kloschüssel, Wanne und Waschbecken waren pink. Die Decke war rosé angestrichen und den Duschvorhang zierten kitschige rosarote Muschelmotive. „Wir konnten nicht anders“, grinste Rick. Nur die Armaturen waren nicht pink, sondern golden, und der Haufen Neoprenanzüge in der Badewanne schwarz. „I love it!“ Dieses Haus wirkte eindeutig entspannend auf meine strapazierten Immigranten-Nerven.
    Die Küche war klein, hatte aber ein großes Fenster zur Straße und immerhin Platz für zwei Kühlschränke. „Der linke ist für Getränke“, erklärte Rick. „Außerdem ist da JanesKram drin. Sie isst veganisch oder vegetarisch oder beides. Jedenfalls kann sie es nicht ausstehen, wenn ihr Grünzeug mit Käse und Steaks in Berührung kommt.“ Aha. Es gab
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