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Ein Jahr in Australien

Titel: Ein Jahr in Australien
Autoren: Julica Jungehuelsing
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stammte. Für den Fall, dass ich das nicht so genau verstanden haben sollte, strich er mir zur Erklärung mit dem Rücken seines Zeigefingers über den Oberarm. Die Formulierung insgesamt beschrieb, ohne Kleidung oder Badesachen im Schutz der Dunkelheit ins Wasser zu „dippen“. Wie absolut un-australisch, und das am Nationalfeiertag! Ich vertagte das Studium dieses verwegenen Zeitvertreibs auf später und konzentrierte mich wieder auf mein charmantes Gegenüber und seine dichten Wimpern. Und ich staunte etwas über mich selbst: Unterhielt ich mich tatsächlich seit Stunden mit einem Australier? Ja, korrekt. Und es ging weder um Surfbretter, noch waren große Mengen Bier oder eine Horde anderer Kerle beteiligt. Ich nippte am Wein, sah den skinny dippern im Abendlicht zu und wusste plötzlich, warum mich australische Männer bislang trotz ihrer Muskeln, ihrer Lässigkeit und ihrer guten Laune selten so richtig interessiert hatten. Sie waren „good fun“ wie Christine fand, man konnte eine Menge Spaß mit ihnen haben. Aber mir war noch keiner über den Weg gelaufen, mit dem ich mich länger hätte unterhalten können. Ich warf Peter einen Seitenblick zu. Erst recht nicht so lange. Das konnte natürlich an mir liegen.Oder, wie Sebastian behauptete, an der Wahl meines „Standortes“ Bondi, das er gern spöttisch den Zirkus der „beach bums“ und Sand-Affen nannte: „Auf dem Mond triffst du Astronauten.“ Damit hatte er prinzipiell recht. Andererseits liefen hier auch New Yorker Mathelehrer durch den Busch, gab es Rettungsschwimmer aus Ungarn, Hamburger, die surften – und waren Klischees ohnehin dazu da, überprüft zu werden. Monsieur Pierre mit den sanften Händen allerdings hatte mehr als zehn Jahre im Ausland gelebt. „Damit bist du“, zog zur Abwechslung ich ihn auf, „eigentlich nur noch zu maximal 80 Prozent australisch.“ Er war nur mäßig schockiert und lachte. „Von mir aus, kein Problem. Aber nach der Theorie wärest du inzwischen eine – warte mal – wievielprozentige Australierin?“ Und schon spekulierten wir darüber, ob man „Australischsein“ wohl lernen oder auch verlernen konnte. Ich schüttelte den Kopf, musste lachen und merkte, dass mich Prozente im Augenblick überhaupt nicht interessierten. Aber ich hatte das Gefühl, dass es hier noch eine Menge Spannendes zu entdecken gab.
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