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Ein Hippie-Traum

Ein Hippie-Traum

Titel: Ein Hippie-Traum
Autoren: Neil Young
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Sampedro vor, und mit Poncho an der Gitarre waren Crazy Horse wieder komplett. Es war eine andere Band, auf neue Weise großartig. Man muss es Poncho wirklich zugutehalten, dass er nie versucht hat, irgendjemanden zu kopieren.Er war einfach Poncho. Das war eine echt gute Einstellung, durch die wir uns selbst treu bleiben konnten, neue Stücke aufgreifen und uns weiterentwickeln. Genau das taten wir, mit Zuma , American Stars ’n Bars und Rust Never Sleeps . Wir sind eine hervorragende Live-Band, und Crazy Horse bedeutet mir den Himmel. Wenn ich doch nur ein paar neue Songs hätte … irgendetwas Neues, um wieder dorthin zu kommen.
    Alte Songs wieder aufzuwärmen, funktioniert nicht besonders gut. Frisches Blut, das brauchen die Horse. Deshalb habe ich einen Plan: Crazy Horse im White House. Wir treffen uns auf meiner Ranch in den Wäldern von Corte Madera Creek im großen White House, einem ausgedehnten Bungalow im Ranch-Stil aus weiß gestrichenem Redwood. Seit ich diesen Teil des Grundstücks 1972 gekauft habe, fand dort so ziemlich alles statt, was mit Musik zu tun hat. (Nicht zu verwechseln mit dem kleinen White House, einer Behausung für die Arbeiter damals auf der alten Ranch, in dem ich heute Besucher unterbringe, die an Musikprojekten oder anderen Sachen arbeiten.) Der Plan: Wir richten uns dort ein und nehmen auf, halten das Equipment etwa ein Jahr lang startbereit, bis wir eine tolle Platte zusammenhaben. Wir spielen und spielen einfach nur, bis die Muse in unseren Kreis zurückkehrt. Ganz sachte. Ohne Suchen. Ohne Arbeit. Ohne Experimente. Wir öffnen uns einfach für den spirit, aber ohne Gier. Dann wird sich ja zeigen, wie weit es mit meiner Bodenständigkeit her ist.
    Ich will mit unserer alten Aufnahmekonsole arbeiten, auch bekannt als »Green Board« (meiner Ansicht nach das beste Mischpult aller Zeiten), und achtspurig auf 2-Zoll-Tonband aufnehmen, um den fettesten analogen Klang zu bekommen, den man kriegen kann. Das Green Board steckt voller Geschichte. Pet Sounds und Heroes and Villains von den Beach Boys, Disraeli Gears von Cream, das Monterey Pop Festival und Wilson Pickett, all das wurde mit dem Green Board aufgezeichnet. Nebenher lassen wir Pro Tools laufen, einfach um moderne Technik zu haben, mit der wir Fehler ausbügeln können, aber ich will diesen alten Röhren-Sound. Ich bin verrückt nach den Röhren, nach ihren elektrochemischen Reaktionen, die den Klang erzeugen. Ich glaube, das wird Spaß machen und funktionieren, am besten, ich bringe die Sache heute noch in die Gänge. Ich halte euch auf dem Laufenden.
    Diese Crazy-Horse-Aufnahme soll das erste PureTone-Release werden. Das wäre wirklich genial. Man erlebt Musik heute ja ganz anders als früher. Sie hat nicht mehr denselben Stellenwert innerhalb der Kultur. Ich glaube, das hat eine Menge mit der Klangqualität zu tun, deshalb will ich das mit PureTone angehen. Die Musik ist nicht das Problem, sondern der Klang.
    Vor Jahren legten wir immer Azetatplatten auf (Referenzplatten, die nur wenige Male abgespielt werden konnten), um uns anzuhören, was wir im Studio fabriziert hatten. Unser Gehör war darauf ausgelegt. Das Gefühl war sofort da, und ab ging’s in die spirituelle Welt – hören, fühlen, die Klangwellen aufnehmen. Das war eine Wahnsinnszeit. Sie ist vorbei, aber wenn Klangqualität wieder unter die Haut geht, könnten wir sie zurückholen.
    Musik wird heute als ein Unterhaltungsmedium präsentiert, wie ein Spiel, aber ohne die volle Audioqualität. Sie ist eher eine Art lässiger Zeitvertreib oder ein Spielzeug, keine Botschaft an die Seele. So ändern sich die Zeiten.
    Ich werde also wieder Musik machen. Das ist der Plan. Wieder ran an die Musik. Also los. Sie war immer gut zu mir. Ich will sie einfach fühlen. Sie in meinem Körper spüren und Texte singen, zu denen ich mir in langen Instrumentalpassagen, in die mich nur Horse hineintragen kann, die Seele aus dem Leib spielen will. Ich brauche das einfach. Einmal, als wir im Studio gerade etwas aufnahmen, traf ich Ralphs Blick. Für einen Moment war er in purer Ekstase; wir hatten Blickkontakt, und ich habe dieses Gefühl nie vergessen. Es war, als würden wir mit einem Schlag die ganze Kraft von Horse spüren! Jetzt sagt Ralph immer: »Guck mich nicht an, wenn ich spiele.« Ich weiß warum. Er will nicht darüber nachdenken, wie er aussieht. Er will einfach spielen. Wir reiten also zusammen, aber wir reiten auch allein. Crazy Horse ist ein unbezähmbares Tier.
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