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Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Titel: Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit
Autoren: Trevanian
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und ›lieben‹ tun wir uns schon gar nicht. Wir bumsen. Und um es ganz deutlich zu sagen: Sie bumsen nicht mich – ich bumse sie.«
    »Wie in ›Bumsphallera‹, mein Herr!«
    Mlle. Montjean lacht. »Jetzt reden Sie aber wirklich wie mein Analytiker. Noch einen Armagnac?«
    »Nein, danke.«
    Sie nimmt ihr Glas mit zum Diwan vor dem Kamin, wo sie sich niederläßt und eine Zeitlang schweigend vor sich hin starrt, ehe sie zu sprechen anfängt, mehr zu sich selbst als zu ihm. »Komisch, ich habe die Männer, die Yo-Yo mitbrachte, nie verachtet – meist gute mees, die lachten, angetrunken waren und plump. Yo-Yo kam immer zu mir rein, deckte mich zu und gab mir einen Gutenachtkuß. Dann machte sie langsam die Tür zu, weil die Türangeln quietschten. Sie hatte eine typische Art, mir mit den Fingerspitzen zuzuwinken, kurz bevor sie die Tür zumachte. Ich sehe noch das Licht an der Wand, ein großes gelbes schiefes Viereck, das immer kleiner wurde, bis die Tür ins Schloß fiel, und nur noch eine dünne helle Linie zwischen Tür und Rahmen übrigblieb. Ihr Schlafzimmer lag neben meinem. Ich konnte sie lachen hören. Und ich konnte die Männer hören. Das Krachen der Bettfedern. Und das Grunzen der Männer. Es klang immer wie Grunzen, wenn es ihnen kam.« Sie schaut aus dem Augenwinkel zu LaPointe hinüber und lächelt mit schiefem Mund. »Sie haben nie gegrunzt, Lieutenant. Das möchte ich dazusagen.«
    Er hebt sein leeres Glas zum Dank für das Kompliment, um diese Geste gleich darauf dumm zu finden. »Und Sie waren nicht böse auf mich?«
    »Weil Sie Yo-Yo bumsten? He, merken Sie denn nicht den Unterschied? Yo-Yo ließ sich bumsen; ich bumse selber. Das ist ein tiefgreifender Unterschied. Oder vielleicht ein oberflächlicher. Oder vielleicht gar keiner. Nein, ich war Ihnen nicht böse, Lieutenant! Um Gottes willen, nein! Ich hätte Ihnen ja gar nicht böse sein können.«
    »Warum nicht?«
    »Weil Sie mein Vater waren«, sagt sie tonlos. Und dann: »He, möchten Sie noch einen?«
    LaPointe steckt den Hieb schweigend ein und sagt kein Wort, bis sie wieder rüber zur Bar ist und sich das Glas vollgießt. »Das war gekonnt. Dieses ›Möchten Sie noch einen?‹ war besonders gekonnt.«
    »Jaa, aber 'n bißchen aufgesetzt schon.«
    »Natürlich wissen Sie, daß ich nicht …«
    »Keine Bange, Lieutenant, ich weiß ganz genau, daß ich das ›Geschenk des Lebens‹ keinem einzigen Spritzer von Ihnen verdanke – mit oder ohne Gegrunze. Mein Vater ist Herr Anonym.« Das Wort geht ihr nicht allzu glatt von der Zunge; der Alkohol macht sich langsam bemerkbar. »Sie kennen doch den berühmten Dichter Anonym. Er steht in allen Gedichtsammlungen, meistens im vorderen Teil. Hallo? Sterben Sie nicht bereits vor Neugier, wie's denn nun kommt, daß Sie mein Vater sind?«
    Sie steht hinter der Bar, über ihr Glas gebeugt; die bunte Glaskugel färbt ihr Haar, ihr Gesicht liegt im Schatten. LaPointe kann ihren Augenausdruck nicht erkennen. An einem bestimmten Punkt wendet er sich ab und beobachtet das langsam ausgehende Feuer. Sie verbirgt sich hinter einem drolligen, melodramatischen Stil und setzt ihre Worte gelegentlich in unsichtbare Anführungszeichen, um zu zeigen, daß sie der Sentimentalität, die da weh tut, nicht ganz anheimfällt.
    »Nun, liebe Kinder, hört gut zu. Es begann, als ich noch ganz, ganz klein und unschuldig war. Da hörte ich einmal, wie Yo-Yo sich mit einer Nutte unterhielt, mit der sie in ihrer Wohnung einen hob. Thema war ein Officer LaPointe, unser Revierschutzmann, blau das Auge, blau die Uniform. Irgend so ein Schlagetot hatte Yo-Yo Ärger gemacht, und der wackere LaPointe hatte ihn prompt verhauen. Erinnern Sie sich an den Fall?«
    Er schüttelt den Kopf. In jenen Tagen war das nicht so was Besonderes, als daß er sich hätte daran erinnern sollen.
    »Also, Sie haben den verhauen, Sir. Sie haben meine Mutter in Schutz genommen. Und als sie am Sonntag darauf mit mir im Park spazierenging, hat sie mir gezeigt, wo Sie wohnen. Das war das Haus des Mannes, der meine Mutter in Schutz genommen hatte. Ich wußte damals nicht, warum sie so Ihr Loblied sang; weil Sie für Ihr Glück im Winkel immer bezahlt haben, wo Sie als Schutzmann das doch gar nicht nötig hatten.
    Kurzum, es war die Zeit, als ich zur Schule kam und entdeckte, daß andere Kinder Daddies hatten. Bis dahin hatte ich nie darüber nachgedacht. Das Leben mit Yo-Yo zu zweit war mir ganz normal vorgekommen. Ich hatte nie einen Daddy und vermißte
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