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Ein glücklicher Tag im Jahr 2381

Ein glücklicher Tag im Jahr 2381

Titel: Ein glücklicher Tag im Jahr 2381
Autoren: Robert Silverberg
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Historiker, in der 185. Etage, Pittsburgh. Wo die Archive sind. Jason sitzt vor seinem Arbeitstisch und hantiert mit Datenwürfeln, als Siegmund eintritt. »Du hast das alles hier, nicht wahr?« fragt Siegmund. »Die Geschichte vom Zusammenbruch der Zivilisation. Und wie wir sie wiederaufgebaut haben. Vertikalität als zentrale philosophische Ausrichtung der menschlichen Entwicklungstendenzen. Erzähl mir die Geschichte, Jason. Erzähl sie mir.« Jason sieht ihn merkwürdig an. »Bist du krank, Siegmund?« Und Siegmund: »Nein, nicht im geringsten. Ich bin völlig gesund. Micaela hat mir deine These erklärt. Die genetische Anpassung der Menschheit an das Leben in Urbmons. Ich hätte gern mehr Einzelheiten. Wie wir zu dem gezüchtet wurden, was wir sind. Wir Glücklichen.« Siegmund nimmt zwei von Jasons Würfeln auf und spielt mit ihnen, fast liebevoll, hinterläßt seine Fingerabdrücke auf ihren empfindlichen Oberflächen. Taktvoll nimmt sie ihm Jason wieder aus der Hand. »Zeig mir die alte Welt«, sagt Siegmund, aber als Jason einen Würfel in die Abspielöffnung steckt, geht Siegmund hinaus.
    Hier ist die große Industriestadt Birmingham. Bleich und schwitzend sieht Siegmund Klüver den Maschinen zu, die Maschinen ausspucken. Während verdrossene und gelangweilte Menschen die Arbeit überwachen. Dieses Ding mit vielen Armen wird bei der nächsten Herbsternte in einer Gemeinde hilfreich sein. Der dunkle, mattglänzende Zylinder wird über den Feldern schweben und die Insekten mit Gift übersprühen. Siegmund kommen die Tränen. Er wird die Gemeinden niemals sehen. Er wird seine Finger nie in die fruchtbare braune Erde eingraben können. Diese wunderbar ineinandergreifende Ökologie der modernen Welt. Das poetische Zusammenspiel von Gemeinde und Urbmon zum Nutzen aller. Wie schön. Wie schön. Warum kommen mir dann die Tränen?
    San Franzisko ist der Ort, wo die Musiker und Künstler und Schreiber leben. Das Kulturghetto. Dillon Chrimes ist dabei, mit seiner Kosmosgruppe zu üben. Das donnernde Netz der Töne. Ein Eindringling. »Siegmund?« fragt Chrimes, indem er sich aus seiner Konzentration löst. »Wie kommst du voran, Siegmund? Nett, dich wiederzusehen.« Siegmund lacht. Er deutet auf den Vibrastar, die Kometenharfe, den Inkantator und die anderen Instrumente. »Bitte«, murmelt er, »spielt nur weiter. Ich suche nur nach Gott. Es macht euch doch nichts aus, wenn ich zuhöre? Vielleicht ist er hier. Spielt noch was.«
    In der 761. Etage, der untersten Ebene von Schanghai, findet er Micaela Quevedo. Sie sieht nicht gut aus. Ihr schwarzes Haar ist glanzlos und strähnig, ihre Augen sind getrübt, ihre Lippen bilden einen dünnen Strich. Es überrascht sie, Siegmund mitten am Tag zu sehen. Schnell fragt er: »Können wir kurz miteinander reden? Ich möchte dich ein paar Dinge über deinen Bruder Michael fragen. Warum er das Gebäude verlassen hat. Was er da draußen finden wollte. Kannst du mir das sagen?« Micaelas Ausdruck wird noch abweisender. Kalt sagt sie: »Ich weiß überhaupt nichts. Michael ist zum Flippo geworden, das ist alles, was zählt. Er hat sich mit mir nicht darüber ausgesprochen.« Siegmund weiß, daß das nicht wahr ist. Micaela enthält ihm wichtige Informationen vor. »Laß mich nicht im Stich!« drängt er sie. »Ich muß es unbedingt wissen. Nicht für Louisville. Nur für mich.« Er berührt ihr schmales Handgelenk. »Ich denke selbst daran, das Gebäude zu verlassen«, vertraut ihr Siegmund an.
    Er macht in seinem eigenen Apartment in der 787. Etage halt. Mamelon ist nicht hier. Wie üblich ist sie im somatischen Erfüllungszentrum, widmet sich ihrem geschmeidigen Körper. Siegmund nimmt eine kurze Botschaft für sie auf. »Ich habe dich geliebt«, sagt er. »Ich habe dich geliebt. Ich habe dich geliebt«, wiederholt er immer wieder.
    In einem der Korridore von Schanghai begegnet ihm Charles Mattern. »Komm doch mal zum Abendessen zu uns«, sagt der Soziocomputator. »Prinzipessa freut sich immer, dich zu sehen. Und die Kinder. Indra und Sandor reden von dir. Sogar Marx. Wann kommt Siegmund wieder? fragen sie. Wir mögen Siegmund so sehr.« Siegmund schüttelt den Kopf. »Tut mir leid, Charles. Heute Abend nicht. War aber nett, daß du gefragt hast.« Mattern zuckt die Achseln. »Gott segne, wir werden uns sicher bald wiedersehen?« sagt er und geht davon, läßt Siegmund inmitten der vielen Fußgänger zurück, die den Korridor bevölkern.
    Hier ist Toledo, wo die verzärtelten
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