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Ein geschenkter Tag

Ein geschenkter Tag

Titel: Ein geschenkter Tag
Autoren: Anna Gavalda
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sagte ich so ernst wie möglich. »Jean-Michel. Ich heiße Jean-Michel - Jean wie Jean Gabin und Michel wie der Mont Saint-Michel, aber nichts für ungut. Hallo! Ihr seid also Schwestern? Witzig, ihr seht euch überhaupt nicht ähnlich. Seid ihr sicher, dass eurem Vater kein Kuckucksei untergeschoben wurde?« Hua! Hua! Hua!
     
    Nachdem er sich entfernt hatte, schüttelte Lola den Kopf:
    »Ich kann nicht mehr. Ich hab den absolut Plumpsten aus der ganzen Gegend erwischt. Mit einem derart feinsinnigen Witz. Der würde sogar bei Verstehen Sie Spaß durchfallen. Eine Strafe, der Typ ...«
    »Sei ruhig, er kommt wieder angetrabt.«
    »He, kennst du den Witz von der Operndiva?«
    »Ah - nein. Hatte bisher nicht das Vergnügen.«
    »Also, warum wirft die Operndiva Viagra ins Publikum?« Stille.
    »Keine Ahnung«, sagte ich. »Sie will Standing Oveeschons.« Hilfe.
     
    »Und den vom Viagra im Wasserglas?« »Wie bitte?«

    »Was kriegt man, wenn man Viagra in ein Glas mit heißem Wasser wirft?«
    Mich brachte vor allem der Gesichtsausdruck meiner Schwester zum Lachen. Meine Schwester, immerzu elegant, mit ihrem Saint-Laurent-Vintage-Look, den edlen Relikten einer klassischen Tanzausbildung, ihrer Gemme, die schon Hitzewallungen kriegt, sobald von einer Papiertischdecke gegessen wird ... Ihr verdutzter Blick und ihre Augen, groß wie Porzellan-Untertassen, grandios.
    »Und?«
    »Keine Ahnung. Ich gebe auf.« (Formvollendet und witzig. Ich liebe sie abgöttisch.)
    »Einen steifen Grog. Ha! Ha! Ha!«
     
    Jetzt war er in Fahrt gekommen. Er schwenkte auf mich um und hielt sich mit den Daumen an den Taschen seiner Weste fest:
    »Und den von dem Typen, der seinen Hamster in Isolierband einwickelt, kennst du den?«
    »Nein. Aber ich habe auch keine Lust, ihn kennenzulernen, der ist mir zu fies.«
    »So? Äh, dann kennst du ihn also doch?«
    »Duuu, liebster Jean-Montsaint-Michel, ich hab mit meiner Schwester noch was zu besprechen ...«
    »Ist schon okay, ist schon okay, ich verschwinde. Bis nachher, ihr Puppen!«
     
    »Und? Ist er weg?«
    »Ja, aber dafür nimmt Toto gerade seinen Platz ein.«
    »Wer ist Toto?«
    Nono hatte sich uns gegenüber auf einen Stuhl gesetzt.
    Er betrachtete uns und rieb sich dabei mit großem Eifer die Innenseite seiner Hosentaschen. Nun denn.
    Sein neuer Anzug schien ihn mancherorts zu zwik-
    ken ...
     
    Unsere heilige Lola lächelte ihm kurz zu, damit er sich nicht unwohl fühlte.
    Im Stil von: Hallöchen, Nono. Wir sind's, deine neuen Freunde. Willkommen in unserem Herzen ...
    »Seid ihr noch Jungfrau?«, fragte er prompt.
     
    Die Platte hatte wohl einen Sprung ... (Kein Wunder!)
     
    Schwester Liebenswürdig ließ sich nicht aus der Fassung bringen:

    »So, Sie sind also derjenige, der über das Schloss wacht?«
    »Du, halt's Maul. Ich red mit der anderen, die mit den dicken Titten.«
     
    Ich wusste es. Ja, ich wusste es. Dass wir später darüber lachen würden. Wenn wir eines Tages alt wären, würden wir uns, weil wir unsere Beckenbodengymnastik sträflich vernachlässigt hatten, beim Gedenken an diesen Abend in die Hosen machen. Aber in diesem Moment selbst war mir überhaupt nicht zum Lachen, weil - weil dieser Nono aus dem Mundwinkel sabberte, in dem gerade keine Zigarette hing, und das - das war wirklich furchteinflößend. Dieses Rinnsal aus Speichel, das im Mondlicht nicht versiegte ...
     
    Zum Glück kamen Simon und Vincent in dem Moment vorbei.
    »Verdrücken wir uns?«
    »Gute Idee.«
    »Ich komm gleich nach, ich suche noch meine Klampfe.«
     
    Tout l'amour que j'ai pour twaaaaaaaa - Wap du wua dua dua ... Wap du wua ...
     
    Guy Macroux war im ganzen Dorf zu hören, und wir tanzten zwischen den Autos.
    Mes criiiiiiis de jwaaaaaaaa, je te les dwaaaaaaaaa-aaa ...
     
    »Wohin fahren wir jetzt?«
    Vincent steuerte am Schloss vorbei und bog in eine dunkle Straße.
    »Auf ein letztes Gläschen. Einen Absacker, wenn ihr so wollt. Seid ihr müde, Mädels?«
    »Und Nono? Ist er uns gefolgt?«
    »Quatsch. Vergiss ihn. Kommt ihr mit?«
     
    Es war ein Zigeunercamp. Rund zwanzig Wohnwagen, einer länger als der andere, große weiße Lieferwagen, volle Wäscheleinen, Bettdecken, Fahrräder, Kinder, Wannen, Reifen, Parabolantennen, Fernseher, schwere Kochtöpfe, Hunde, Hühner und ein schwarzes Schweinchen.
     
    Lola war entsetzt:
    »Es ist nach Mitternacht, und die Kinder sind noch nicht im Bett. Die armen Kleinen.«
    Vincent lachte.
    »Findest du, sie sehen unglücklich aus?«
    Sie lachten,
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