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Ein gefährlicher Gentleman

Ein gefährlicher Gentleman

Titel: Ein gefährlicher Gentleman
Autoren: Emma Wildes
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sich einen großzügigen Schluck ein. Er hob das Glas an den Mund.
    »Mylord?«
    Er drehte sich um. Hinter ihm stand einer der livrierten Lakaien. Das pockennarbige Gesicht des jungen Manns war sorgfältig gepudert, und das Tablett auf seiner Hand war in perfekter Balance.
    »Ja?«, sagte Luke.
    »Ich habe eine Nachricht für Euch. Sie wurde vor einer Minute für Euch an der Tür abgegeben. Es ist eilig; zumindest hat man mir das gesagt.«
    Luke nahm den Umschlag entgegen. Er warf einen Blick auf das Siegel. »Danke.«
    Wenige Minuten später verließ er den Klub. Draußen fiel ein beständiger Nieselregen vom pechschwarzen Himmel. Sein Kutscher, der mit einer ausgebeulten Kappe und einem Mantel Schutz vorm Regen suchte, nickte bloß, als Luke ihm die Adresse nannte. Nachdem er in die Kutsche geklettert war, schüttelte Luke sich die Nässe aus den Haaren und las die Botschaft ein zweites Mal. Beklommen überflog er die hastig gekritzelten Worte. Die Auseinandersetzung mit Cayne vorhin im Spielsalon hatte ihn nicht so beunruhigt, dabei hatte ein kleines Vermögen auf dem Spiel gestanden.
    Es musste wirklich dringend sein, denn die Absenderin hatte zuletzt nicht mehr mit ihm gesprochen.
    Warum also schrieb Madeline ihm? Warum brauchte sie plötzlich seine Hilfe?
    Sie steckte in Schwierigkeiten.
    Madeline May, Lady Brewer, lief zwischen den Möbeln ihres Salons unruhig auf und ab. Sie schenkte den Dingen, die sie sonst angenehm zerstreuten, keine Beachtung. Die orientalische Vase auf dem kleinen Tisch am Fenster war ein Hochzeitsgeschenk. Die blassgelbe Seidentapete an den Wänden liebte sie eigentlich. Das Porträt vom Großvater ihres Mannes, das über dem Kamin hing. Das strahlende Lächeln und die dunklen Haare, die unter dem mit Federn besetzten Hut hervorquollen, hatten sie immer schmerzlich an ihren Mann erinnert.
    Draußen war es dunkel. Sie hatte den ganzen Tag nichts gegessen, und das Knurren ihres Magens war kaum zu überhören. Allerdings hatte sie höchst undamenhaft einen Schluck Portwein heruntergestürzt, und der Alkohol machte sich jetzt bemerkbar. Ihr Kopf fühlte sich watteweich an. Wenigstens zitterten ihre Hände nicht mehr. Sehnsüchtig schaute sie zur Karaffe herüber, doch sie entschied dann, ein zweiter Drink wäre keine gute Idee. Damit täte sie ihrem leeren Magen keinen Gefallen. Stattdessen riss sie zum wiederholten Mal die feine Spitzengardine zur Seite und starrte auf die Straße. Sie war verlassen. Niemand war zu dieser Stunde unterwegs, man hörte nicht einmal das Rattern einer vorbeifahrenden Mietdroschke.
    Wo um alles in der Welt steckte bloß dieser fürchterlich lästige Kerl?
    Keine Panik. Bleib ruhig.
    Endlich rollte eine Kutsche vorbei. Aber es war nicht seine, und sie biss sich unwillkürlich auf die Lippe. Ihre Finger trommelten auf die Fensterbank. Die Standuhr in der Zimmerecke verhöhnte sie mit jedem Ticken.
    »Was schulde ich Euch, dass Ihr glaubt, mich nach Belieben zu Euch zitieren zu können?«
    Der Klang seiner dunklen Stimme kam von der Tür. Sie machte einen Satz und schnappte nach Luft. Madeline wirbelte zu ihm herum. Luke Daudet stand tatsächlich in der Tür. Er hatte eine breite Schulter nachlässig gegen die Türzarge gelehnt. Diese lässige Haltung täuschte sie nicht über die Intensität seiner grauen Augen hinweg. Lord Altea war wie immer fast zu attraktiv, um wahr zu sein. Er trug einen schwarzen Abendanzug, der ihm auf den Leib geschneidert war; die Krawatte war tadellos gebunden und mit einer diamantenen Anstecknadel verziert. Das dunkelblonde Haar trug er eine Spur länger, als es derzeit modern war, und die eleganten, männlichen Züge waren in geheimnisvolle Schatten getaucht, da sie nur eine Lampe hatte entzünden lassen. Er hielt seine Handschuhe in einer schlanken Hand.
    »Wie seid Ihr hereingekommen?«, wollte Madeline wissen. »Ich habe nicht gesehen, wie Eure Kutsche eintraf.«
    Ihre Stimme klang unnatürlich schrill. Er hob die geschwungenen Brauen um eine Winzigkeit. »Meine liebe Madge, Eure Nachricht klang so dringlich, dass ich zögerte, einfach bei Euch vorzufahren. Zumal zu dieser späten Stunde. Ich denke doch, in mir steckt genug von einem Gentleman, um wenigstens an Euren Ruf zu denken. Deshalb habe ich meinen Kutscher angewiesen, eine Straße weiter zu warten. Ich bin zu Fuß gekommen. Der Dienstboteneingang hat mir vollauf genügt, es war mir ein Leichtes, das Schloss zu knacken.«
    »Ihr habt das Schloss geknackt?«
    Er ließ etwas
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