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Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Titel: Ein Garten mit Elbblick (German Edition)
Autoren: Petra Oelker
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Sie endlich Dr. Murnau. Ich war krank, und wenn Sie mal einen Mann mit so ’nem Wechselfieber gesehen haben, wissen Sie, der geht nicht los und sticht andere Männer ab. Das kann er gar nicht.»
    «Das mag sein. Dr. Murnau ist derselben Ansicht. Sie haben Glück, er erinnert sich gut. Es ist noch nicht lange her, und so eine Malaria, hat er gesagt, sieht er hier nicht oft, trotz der vielen Matrosen und weitgereisten Kaufleute. Aber Sie werden doch den Mord an Weibert nicht vergessen haben? Da war der Malaria-Anfall vorbei. Man kennt sich doch unter Messerwerfern, oder nicht? Jetzt kommen Sie, die Nacht ist kurz. Sie sind vorläufig festgenommen, so heißt das bei uns.»
    «Sollen wir jemanden benachrichtigen?», fragte Henningsen. «Nur falls es länger dauert.»
    Schütt lachte meckernd, und Boje ignorierte die Frage, vielleicht hatte er sie auch nicht gehört. Als er die Knöpfe von Hemd und Hose schloss, zitterten seine Hände stärker als zuvor.
    Henningsen und zwei Schupos blieben zurück, als Ekhoff und Wachtmeister Schütt Sören Boje in dem draußen wartenden Kastenwagen zum Stadthaus brachten. Die Durchsuchung der bescheidenen Werkstatt und Kammer ging rasch. Ein Mann wie Sören Boje hatte wenig Besitz. Am längsten dauerte es, die Kästen und Schachteln mit den Nägeln, Krampen, Schrauben und anderen kleinen Teilen zu durchsuchen, dafür fand sich hier ein wichtiges, tatsächlich das wichtigste Beweisstück: In einem Kästchen aus dunkelblauem Karton fand Henningsen unter Nägeln, wie sie speziell zur Befestigung geteerter Dachpappe verwendet werden, einen Siegelring, das Wappen war in oval geformten Lapislazuli geschnitten.
    Der Vergleich mit dem Wappen der Winfields, wie es auf der Visitenkarte von Frau Winfield abgebildet war, bewies eindeutig, wem der Ring gehört hatte. Wenn Boje auch noch so verzweifelt abstritt, diesen Ring jemals auch nur gesehen zu haben, glaubte ihm niemand. Alle, später auch der Richter, waren davon überzeugt, dass er Thomas Winfield getötet und ihm den Ring vom Finger gezogen und später den ehemaligen Droschkenkutscher Weibert als Mitwisser ermordet hatte.
    Es sollte Sören Boje den Kopf kosten.
    * * *
    «Du lügst. Du gibst nur an.» Christines Stimme klang wieder fest. «Warum solltest du so etwas tun? Du bist reich, du hast eine Familie, eine Stellung in der Welt, einen Namen. Du hast alles. Sogar mich.» Es klang wie ein unterdrückter Aufschrei.
    «Alles, ja. Wie langweilig. Das reicht mir schon lange nicht mehr. Und ich lege auch niemandem Rechenschaft ab, über Pokerrunden oder Hahnenkämpfe, über dich und andere kostspielige Vergnügen. Das ist allein meine Sache, es hat mit meinem Leben als brav in der Spur bleibender Sohn, Kompagnon und Nachfolger nichts zu tun. Gar nichts.»
    «Keine Angst», raunte es direkt in Hettys Ohr, und sie erkannte Felix’ Stimme. «Wenn ich sage, lauf, läufst du nicht zum Haus, dann läufst du ihm in die Arme. Lauf hinter die Remise. Und sag keinem etwas. Keinem!»
    «Und jetzt? Ich weiß nun, was du getan hast, Ernst.» Christines Stimme klang forsch und zitterte trotzdem. «Was willst du tun?»
    «Mal sehn. Wer glaubt schon einem Malweib, falls es so verrückt ist, einen angesehenen hanseatischen Kaufmann zu verleumden? Du willst mich trotzdem verraten? Nein, das willst du nicht. Du willst nach Paris. Eine Akte bei der Polizei ist da ganz schlecht. Du bist eine Abenteurerin und – Komplizin. Vergiss das nie.»
    « Deshalb hast du mir den Meisterkurs an der Schelde geschenkt. War bei der Rückreise etwas in meinem Gepäck? Hätte es mich an deiner Stelle direkt ins Zuchthaus gebracht, wenn die Zöllner fündig geworden wären?» Endlich begriff sie. «Der Rahmen! Deshalb hatte mein kaum trockenes Bild plötzlich einen Rahmen. Breit und tief genug. Und deshalb wolltest du es unbedingt haben und warst so wütend, als es weg war.»
    «Kluges Mädchen. Die geschliffenen Steine sind exzellent und mussten ganz besonders diskret und sicher reisen. Leider hast du ihn mitsamt der kostbaren Fracht an den nichtsahnenden Sophus verkauft, bevor ich aus Kopenhagen zurück war. Ich musste meine bedauernswerte Cousine erschrecken und einbrechen. Ich wollte auch Sophus’ Tagebücher, man weiß nie, was ein alter Mann ohne Beschäftigung weiß und notiert, aber die hat er gut versteckt. Nein, du bleibst hier.»
    «Lass mich los, Ernst, verdammt, lass mich doch los! Du hast es selbst gesagt: Wer glaubt schon einem Malweib? Ich verschwinde aus der
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