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Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Titel: Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom
Autoren: Tony Attwood
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das Kind dabei einen Ort entdeckt, wo sein Wissen und seine Fähigkeiten anerkannt und geschätzt werden.
    Manchmal entwickelt sich ein besonderes Interesse an Dichtung, sowohl als Leser als auch als Autor. Einige Kinder mit Asperger-Syndrom, besonders Mädchen, können die Fähigkeit, imaginierte Freunde, Charaktereund Welten zu schaffen, dazu nutzen, recht bemerkenswerte Romane zu schreiben. Das kann zu späterem Erfolg als Romanautor für Kinder oder Erwachsene führen.
    AUS DEM LEBEN
    »Er galt als chronischer «Lügner»«
    Hans Asperger schrieb, sich auf eines der vier Kinder beziehend, die seiner These von der autistischen Persönlichkeitsstörung zugrunde lagen:
    »Er »lüge« sehr viel – eigentlich nicht, um sich herauszulügen, wenn er etwas angestellt hat; darauf kommt es ihm ja meist gar nicht an, er sagt die Wahrheit frech heraus –, sondern er erzählt lange fantastische Geschichten; wenn er einmal am Zug ist, steigert er sich immer mehr hinein, die märchenhaften Erzählungen werden immer wüster, immer unzusammenhängender. Er erzählt gern fantastische Erlebnisse, in denen er immer groß und heldenhaft dasteht, berichtet der Mutter, wie er vor allen anderen vom Lehrer gelobt worden sei und Ähnliches.« 29
    Die Flucht in die Fantasie kann psychologisch gesehen konstruktiv sein, doch besteht auch die Gefahr, dass andere Menschen die Absichten oder den Geisteszustand des Kindes fehlinterpretieren.
    Bei extremem Stress oder Einsamkeit kann die innere Fantasiewelt für Asperger-Betroffene zur »Realität« werden. Dies kann als Wahnvorstellung verkannt werden, bei der der Zugang zur Wirklichkeit verloren ging 30 . Was wiederum dazu führen kann, dass man eine Schizophrenie vermutet, wie es in Bens Biografie 31 beschrieben wurde.
Leugnen und Überheblichkeit
    Eine Alternative zur Internalisierung negativer Gedanken und Gefühle ist es, die Ursache und die Lösung dafür, dass man sich anders fühlt zu externalisieren. Das Kind kann eine Form von Überkompensation gegen das Gefühl, in sozialen Situationen minderwertig zu sein, entwickeln, indem es leugnet, dass ein Problem existiert und in gewisser Weise überheblich wird, sodass die »Schuld« oder das Problem bei den anderen liegt. Das Kind kann sich dann als »über den Regeln stehend« erleben, die so schwer für es zu verstehen sind.
In den »Gott-Modus« schalten
    Der Betroffene schaltet auf den, wie ich es nenne, »Gott-Modus«, sieht sich also als omnipotente Person, die niemals Fehler macht, sich nicht irren kann und dessen Intelligenz man bewundern muss. Solche Kinder leugnen, dass sie Probleme damit haben, Freundschaften zu knüpfen, soziale Situationen richtig zu interpretieren oder die Gedanken und Absichten anderer zu verstehen. Sie glauben, dass sie ohne Verhaltensprogramme auskommen und dass sie nicht anders behandelt werden sollten als andere Kinder auch. Sie wehren sich vehement dagegen, von einem Psychologen oder Psychiater behandelt zu werden und sind fest davon überzeugt, dass sie nicht verrückt oder dumm sind.
Dominieren statt kommunizieren
    Dennoch weiß das Kind, ohne es jemals zuzugeben, dass es nur über eine begrenzte Sozialkompetenz verfügt und es verbirgt verzweifelt seine Schwierigkeiten, um nicht als dumm dazustehen. Den Mangel an Fähigkeiten beim Spiel mit Gleichaltrigen und bei der Interaktion mit Erwachsenen versucht das Kind durch Dominanz und Kontrolle wettzumachen: dazu gehören Einschüchterungsversuche und eine überhebliche und unflexible Haltung. Andere Kinder und Eltern kapitulieren oft davor, um weitere Zusammenstöße zu vermeiden. Diese uneingeschränkte »Macht und Dominanz« kann zu Verhaltensproblemen führen.
Der Wunsch nach Vergeltung
    Wenn solche Kinder die Absichten anderer nicht erkennen oder verwirrt sind, weil sie nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen oder einen offensichtlichen Fehler gemacht haben, können die entstehenden unangenehmen Gefühle dazu verleiten zu glauben, dass die anderen aus böser Absicht gehandelt hätten. Das kann den Wunsch nach Vergeltung auslösen: »Er hat meine Gefühle verletzt, also werde ich auch ihm wehtun.« Solche Kinder und manche Erwachsene können jahrelang vergangene Kränkungen und Ungerechtigkeiten mit sich herumtragen und Rachegedanken hegen 32 .
Statt Unrecht zuzugeben, wird lieber ein Streit angezettelt
    Der Kompensationsmechanismus der Überheblichkeit kann auch andere Aspekte der sozialen Interaktion betreffen. So kann es dem Kind schwerfallen,
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