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Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Titel: Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom
Autoren: Tony Attwood
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Fähigkeiten und an der Intuition, was es tun muss, um Erfolg zu haben. Die mutigen Versuche des Kindes, seine Integration in die Gruppe der anderen Kinder zu verbessern, werden vielleicht lächerlich gemacht und das Kind wird von den anderen bewusst gemieden. Lehrer und Eltern bieten oft auch nicht das nötige Maß an Führung und vor allem Ermutigung. Das Kind versucht verzweifelt, in die Gruppe aufgenommen zu werden und Freunde zu gewinnen, weiß aber nicht, was es dafür tun muss. Die Folge kann ein angeknackstes Selbstbewusstsein sein,wie es in dem folgenden Zitat beschrieben wird.
    AUS DEM LEBEN
    Ich mache mich immer wieder zum Idioten
    Das Zitat stammt aus einer unveröffentlichten Autobiografie meiner Schwägerin, die das Asperger-Syndrom hat:
    »Tatsache ist, dass niemand möchte, dass andere die eigenen Schwächen kennen, aber mit so einer Behinderung wie meiner ist es unmöglich, dass man sich nicht immer wieder zum Idioten macht oder würdelos erscheint. Weil ich nie weiß, wann ich das nächste Mal «falle», vermeide ich es von vornherein, sozusagen auch nur auf ein «braves Pferd» zu steigen.«
    Aufgrund des sozialen Rückzugs bestehen noch weniger Gelegenheiten, soziale Reife und Fähigkeiten zu entwickeln. Die Depression kann auch die Motivation und Energie für andere Aktivitäten beeinflussen, die man zuvor als angenehm empfunden hat. Sie kann die Schlaf- und Essgewohnheiten verändern und zu einer negativen Haltung führen, die alle Aspekte des Lebens durchdringt. Und in extremen Fällen kann eine Depression zu Selbstmordankündigungen oder -versuchen führen.
Flucht in die Fantasie
    Eine konstruktive Internalisierung des Gedankens und Gefühls, sozial minderwertig zu sein, kann die Flucht in die Fantasie sein. Kinder mit Asperger-Syndrom können lebhafte und komplexe Fantasiewelten entwickeln, manchmal einschließlich imaginierter Freunde. In ihrer Fantasiewelt mit Fantasiefreunden werden Kinder mit Asperger-Syndrom verstanden und sind sozial und schulisch erfolgreich. Von Vorteil ist auch, dass die Reaktionen der Fantasiefreunde der Kont rolle des Kindes unterworfen sind und dass die Freunde immer sofort zur Hand sind. SolcheFantasiefreunde können verhindern, dass sich das Kind einsam fühlt.
    AUS DEM LEBEN
    »Es gibt keinen, der mich versteht«
    Thomas hat das Asperger-Syndrom und beachtliche intellektuelle Fähigkeiten. In seiner Biografie, die von seiner Mutter geschrieben wurde, beschreibt sie einen der Gründe, warum ihr Sohn in die Fantasie flüchtet. Während einer Sprachtherapiesitzung wurde Thomas von seiner Sprachtherapeutin gefragt:
»Mit wem spielst du denn in der Pause?«
»Mit meiner Fantasie. Was dachten Sie denn?«, teilte er ihr mit.
»Mit wem, denkst du, solltest du in der Pause spielen?”, fragte sie nach.
»Mit jemandem, der mich versteht; so jemanden gibt es aber nicht, bis auf euch Erwachsene und ihr habt nie Zeit für mich«, sagte er ohne Umschweife. 26
    AUS DEM LEBEN
    Die Fantasiefreunde saßen mit am Esstisch
    Liane Holliday Willey erklärte dazu:
    »Wenn ich an meine ganz frühen Jahre denke, dann erinnere ich mich an den unwiderstehlichen Wunsch, weg von den gleichaltrigen Kindern zu sein. Ich war lieber in der Gesellschaft meiner Fantasiefreunde. Penny und ihr Bruder Johanna waren meine besten Freunde, auch wenn keiner außer mir sie je gesehen hat. Meine Mutter erzählt mir, dass ich darauf bestanden hätte, dass sie mit am Tisch saßen und dass sie auch bei unseren Ausflügen mit dem Auto dabei waren und wir sie behandelt haben, als wären sie reale Wesen.« 27
    In einem persönlichen Gespräch mit mir erklärte Liane, dass die Erfindung von Fantasiefreunden »weniger ein So-tun-als-Ob ist, sondern das einzige Spiel, das auch funktioniert.«
    Einen Fantasiefreund zu haben ist typisch für das Spiel vieler Kinder und daher nicht unbedingt von klinischer Bedeutung. Das Kind mit Asperger-Syndrom kann aber unter Umständen ausschließlich solche imaginierten Freunde haben und die Intensität und Dauer des imaginierten Austausches kann ungewöhnlich sein.
    Die Suche nach einer anderen Welt kann bei manchen Kindern dazu führen, dass sie ein Interesse an anderen Ländern, Kulturen und Epochen entwickeln. Meine Schwägerin machte beispielsweise Skandinavien und das Leben der Wikinger zu ihrem Spezialinteresse. 28 Das Interesse an anderen Kulturen und Welten kann auch die Entwicklung von Interessen in den Bereichen Geografie, Astronomie und Science-Fiction erklären, da
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