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Ein ganz schoen starker Plan

Ein ganz schoen starker Plan

Titel: Ein ganz schoen starker Plan
Autoren: Arne Svingen
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einzige Fach, das auf meiner Seite war. Der Rest war wie mit Öleingeschmiert, das Wissen entglitt mir einfach die ganze Zeit. Kein Lehrer hätte mich auch nur im Traum als seinen Liebling bezeichnet. Die einzige Liste, auf der ich ganz oben stand, war wohl die der Nervbolzen an der Schule. Am liebsten hätte ich mir etwas ausgedacht, das mich wahnsinnig beliebt gemacht hätte, aber Magie war auch nicht meine Stärke. Ich war ein blödes Stück Granit. Egal, wie sehr man auch an mir herumpolierte, ich wurde nicht zu funkelndem Gold. Ich hatte bestimmt nette Leute in der Klasse, war aber nicht sicher, weil ich es nie geschafft hatte, sie richtig kennenzulernen.
    Die Rektorin telefonierte gerade, winkte mich aber herein und zeigte auf den Stuhl. Vor dem Fenster ging ein kleiner Junge im Kindergartenalter Hand in Hand mit seinem Vater vorbei. Der Junge sagte etwas, das den Vater zum Lächeln brachte. Irgendwo in mir spürte ich einen Kloß, den ich hochwürgen und weit weg spucken wollte.
    »Und jetzt zu uns, Håkon«, sagte die Rektorin, als sie auflegte.
    »Ich kann alles erklären.«
    »Das kannst du bestimmt. Aber du begreifst sicher, dass es so nicht weitergehen kann. Ausflüchte, Verspätungen, Frechheiten – immer gibt es irgendetwas. Ich werde wohl deinen Vater zu einem Gespräch bitten müssen. Kann ich mich darauf verlassen, dass du ihm diesen Brief gibst?«
    Ich sah sie an und schluckte. Wenn man plötzlich allein zu Hause ist, warum muss genau dann so viel Kleinkram schiefgehen? Meine Einstellung war immer schon: Wenn es ein Problem gibt, dann gibt es auch eine Lösung, auch wenn die sich manchmal sehr gut versteckt.
    »Sie können …«, begann ich und merkte, dass die Wörter irgendwo in mir feststeckten, » … sich … verlassen …«
    »Wie gut, dass ich mich auf dich verlassen kann.«
    Ich hätte ihr gern klargemacht, dass das total unnötig war. Bürste würde mich nie wieder herschicken müssen. Ich hatte in der Schule sonst nie Wortverstopfung, aber jetzt saß alles fest. Vielleicht begriff irgendetwas in mir, dass nichts helfen würde. Jetzt müsste also Papa, der an einen unbekannten Ort verreist war, mit einer unbekannten Frau und einem total geheimem Heimreisedatum, bei der Rektorin antanzen.
    Das kam wirklich ungelegen.
    Während die Rektorin am Computer den Brief schrieb, bekam ich eine Clementine, schaffte es aber nicht, sie zu schälen. Die Rektorin druckte den Brief aus, unterschrieb, steckte ihn in einen Umschlag und klebte den zu.
    »Darf ich ein kleines Lächeln sehen?«, fragte sie, als sie mir den Brief hinhielt.
    Was würde passieren, wenn ich lächelte? In Gedanken machte ich eine Zeichnung.

    Also versuchte ich mein breitestes Grinsen, eins, das meine Ohren bewegte und das Zimmer erhellte.
    »Na also. Und jetzt mach, dass du in deine Klasse kommst, und mach keinen Ärger mehr.«
    Sie reichte mir den Brief und öffnete die Tür. Ich schlurfte, wirklich, ich schleppte die Füße hinter mir her, als ob ich die Schuhe voller Wackersteine hätte. Sicher würde ich mich auch aus dieser Klemme befreien. Ich müsste mir das nur oft genug sagen, dann würde mir garantiert eine geniale Lösung einfallen.
    Den Rest des Tages hielt ich mich bedeckt. Es sollte eine Regel geben, die dafür sorgt, dass Leute, die den Kopf senken, als unsichtbar gelten, aber in Wirklichkeit ist der Körper eine riesige Masse, die viel zu viel von sich hermacht, auch wenn man es überhaupt nicht darauf anlegt.
    »Saugute Erklärung«, sagte Aksel aus meiner Klasse.
    »Jetzt dreht Bürste bald wieder durch. Mach nur weiter so«, fügte Fredrik hinzu.
    Ich hatte längst kapiert, dass ich bei den Jungs nicht total angesagt war, ich war aber auch nicht total abgeschrieben. Eigentlich komisch. Ich befand mich in einer Art Niemandsland. Ich wurde nicht gemobbt. Ich wurde nicht ignoriert. Niemand wollte mit mir Fußball spielen oder mich zu Besuch haben. Doch meine Erklärungen gefielen ihnen. Ich war ein witziger Farbtupfer im Alltag. Aber ich war weit davon entfernt, zu einem echten Kumpel zu werden. Das schien ein zu großer Schritt zu sein, ich hatte jedenfalls nie herausfinden können, wie ich diesen Schritt schaffen sollte. Es gab wohl einen geheimen Code, den ich zuerst knacken musste.
    Ich trottete mit den Wackersteinen in den Schuhen nach Hause, aber dann hörte ich hinter mir eine vertraute Stimme.
    »Warte mal!«
    Ich drehte mich um und Ida kam auf mich zugelaufen.
    »Ich brauche Papas Unterschrift«,
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