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Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Titel: Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)
Autoren: Jörg Isringhaus
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nicht bekommen. Dementsprechend fiel seine Antwort aus.
    »Ich denke nicht daran«, sagte Hansen mit einem süffisanten, trotzigen Lächeln. Dennoch war da etwas, was die beiden Männer zusammenhielt, ein dunkles, geheimnisvolles Band, geknüpft im Dunst regendurchtränkter Wälder.
    Schulz-Kampfhenkel hielt seinen wiedergefundenen Kameraden vorerst auf Distanz, fühlte sich nicht zu Unrecht moralisch erpresst. Hansen erfuhr nur in groben Umrissen von den Plänen, musste sich einiges selbst zusammenreimen. Ziel der Reise war der Rio Jary, ein Nebenfluss des Amazonas auf brasilianischem Territorium. Wie in Liberia sollte Schulz-Kampfhenkel für heimische Zoos die Pflanzen- und Tierwelt erkunden, außerdem Erkenntnisse über die am Jary lebenden, noch wenig erforschten Indio-Stämme gewinnen. Schulz-Kampfhenkel sprach davon, einen Film drehen zu wollen, und dafür brauche er unbedingt Bilder von halbnackten Waldmenschen. Neben Hansen waren noch zwei weitere Deutsche mit von der Partie: Gerd Kahle, ein erfahrener Pilot, und Gerhard Krause, ein Flugzeugingenieur. Beide hatte Schulz-Kampfhenkel über seine guten Drähte zur Partei und zur Regierungverpflichten können. Voller Argwohn nahm Hansen die Nähe seines neuen Chefs zur NSDAP zur Kenntnis; er befürwortete zwar deren Eintreten für die Rechte des deutschen Arbeiters und hoffte darauf, Hitler würde dem Land wieder mehr Geltung in der Welt verschaffen, fürchtete aber gleichzeitig den langen Arm der Partei. Sie besaß Mittel und Wege, diejenigen aufzuspüren, die gegen Recht und Gesetz verstoßen hatten.
    Richtig ins Grübeln geriet Hansen, als die kleine Expeditionsschar in den Heinkel-Werken unter fachkundiger Anleitung ein Wasserflugzeug aus vorgefertigten Einzelteilen zusammenmontieren musste. Auf dem Leitwerk des Seekadetten HE 72 prangte unübersehbar ein Hakenkreuz. Hier ging es um mehr als nur um Tiere und Wilde, dachte Hansen sofort. Im gleichen Maße, wie ihn dieser Umstand beunruhigte, faszinierte er ihn. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei diesem »mehr« um etwas handelte, von dem er profitieren konnte, war groß. Hansen hatte nur eine vernünftige Erklärung: Schulz-Kampfhenkel suchte – unter dem Deckmantel des zoologisch interessierten Wissenschaftlers – nach den im Dschungel Amazoniens versteckten Goldschätzen. Nach dem sagenumwobenen Eldorado. Alle suchten danach. Warum nicht auch Hitler? Nur deshalb stellte man Schulz-Kampfhenkel ein Flugzeug zur Verfügung und die Crew gleich dazu, nur deshalb unterstützten ihn die Regierung und große Firmen. Hansen beschloss, sich noch vor ihrer Abfahrt schlauzumachen über die Legenden, die sich um das Gold des Amazonas rankten. Er wollte nicht unvorbereitet sein, wenn es so weit war. Vor allem aber wollte er verhindern, dass Schulz-Kampfhenkel ihn austrickste. Als sie die Einzelteile des Seekadetten wieder einpackten, strich Hansen fast zärtlich mit der Hand über das Hakenkreuz. In dem Moment war er überzeugt davon, dass er auf das richtige Pferd gesetzt hatte.
    Gerade allerdings bockte der Seekadett mal wieder so gewaltig, dass Hansen den Haltegriff vor sich verzweifelt umklammerte. Eigentlich war er kein ängstlicher Typ, doch das Gerüttel machte ihn allmählich mürbe. Wieso flog Schulz-Kampfhenkel nicht niedriger? Hansen hatte den Eindruck, dass große Höhen dem leichten Doppeldecker nicht bekamen. Wieder schüttelte sich die Maschine, aber diesmal liefen die Vibrationen durch den Rumpf. Irgendetwas war anders als vorher. Hansen spürte ein Flattern in der Magengrube. Er sah, wie Schulz-Kampfhenkel einen Meter vor ihm nervös an einigen Schaltern herumhantierte. Verdammt, dachte Hansen.
    »Was ist los?«, schrie er gegen den Wind. Schulz-Kampfhenkel reagierte nicht. Aber es war ohnehin fast unmöglich, sich in der Luft zu verständigen. Wieder ruckelte das Flugzeug. Hansen lauschte auf das Geräusch des Motors. Es hatte sich verändert, der Propeller lief nicht mehr rund. Schulz-Kampfhenkel drehte sich halb zu ihm um.
    »Irgendetwas stimmt hier nicht«, brüllte er. »Das Öl ist zu heiß!«
    Was bedeutete das? Hansen fühlte sich hilflos. Mussten sie das Öl jetzt kühlen? Und wie sollten sie das anstellen, tausend Meter über dem Boden? Panisch starrte er auf den Motor, als könne er ihn mit seinem Blick dazu bewegen, seine Arbeit ordentlich zu tun. Die Maschine dachte nicht daran. Stattdessen musste Hansen mit ansehen, wie der Kolben laut knallend eine schwarze Rauchwolke ausstieß
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