Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Titel: Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss
Autoren: Joe R. Lansdale
Vom Netzwerk:
endgültig.
    »Hopalong mag ja ein guter Cowboy sein«, sagte Richard, »aber seine Taschenlampen taugen nichts.«
    Ohne Licht war das Grab ziemlich schwer zu finden. Aber irgendwann wurde aus dem Trampelpfad ein richtiger Weg, der Wald lichtete sich, und zwischen den Baumkronen hindurch strahlte der Mond auf den Erdhügel, wo Butch lag.
    »Ich übernehme das Graben«, sagte Richard.
    »Hab nichts dagegen.«
    »Dachte ich mir schon.«
    »Ich komme mir vor wie jemand in diesen Horrorfilmen«, sagte ich. »Die mit Bela Lugosi und Boris Karloff, wo sie Grabräuber spielen oder Ghule.«
    »Dann bist du Boris, und ich bin Bela«, antwortete Richard und fing an zu schaufeln.
    »Ich frage mich, was Nub bloß treibt?«, sagte ich.
    »Waschbären und Mäuse jagen vermutlich. Oder er hockt hinter einem Busch.«
    Der Boden war nicht besonders hart, aber ich hatte das Gefühl, dass Richard tiefer graben musste als beim letzten Mal. Wahrscheinlich kam dieses Gefühl daher, dass ich mitten im Wald stand und meinem Freund dabei zusah, wie er im Mondschein einen toten Hund ausbuddelte.
    Bevor Richard auf den Hund traf, traf uns der Gestank. Er war so intensiv, dass ich dachte, ich müsste mich übergeben. Aber nach einer Weile hatte ich mich so weit daran gewöhnt, dass ich es aushielt, solange ich mir eine Hand über Mund und Nase hielt und nicht zu tief einatmete.
    »Da ist er«, sagte Richard und kratzte mit der Schaufel in der Grube herum.
    Tatsache. Dort im Mondlicht lag der Kopf. Die Augen waren nicht zu erkennen, weil sie nicht mehr da waren. Richard legte den ganzen Körper frei. Jetzt konnten wir ihn vollständig sehen, von der Nasenspitze bis zum Schwanz. Sein Schädel und sein Leib waren eingefallen, als wären sie eine Verpackung, aus der jemand einzelne Teile herausgenommen hatte. Die Schnauze war so zusammengeschrumpft, dass es aussah, als würde Butch die Zähne fletschen.
    »Mann, das stinkt«, sagte Richard.
    »Wie willst du ihn zur Terrasse schaffen?«
    »Ich ziehe ihn mitsamt der Decke rüber.«
    »Richard, ich finde, du solltest Butch einfach wieder zuschütten, und dann holen wir dein Fahrrad und gehen nach Hause. Das wird ihn doch bloß wütend machen.«
    »Stinksauer wird er sein, nicht wahr?« Richard grinste breit, und seine Zähne funkelten im Mondlicht.
    Er stieß die Schaufel neben dem Hundegrab in die Erde. Sie versank mit einem mahlenden Geräusch, und dann klang es, als würde etwas zerhackt.
    »Was war das?«, fragte ich.
    Richard zog die Schaufel wieder heraus und fing an zu graben. Nach einer Weile hob er etwas auf dem Schaufelblatt empor. Zuerst sah es aus wie ein Lehmklumpen, aber als er es auf den Boden fallen ließ, bröckelte der Großteil der klebrigen, feuchten Erde ab, und wir beide wussten, was wir vor uns hatten.
    Einen menschlichen Schädel.
     
    Wir betrachteten den Schädel eingehend. Der Schaufelhieb hatte ihn von oben gespalten und war tief hineingefahren. An der einen Seite prangte ein Loch, und gegenüber war die Schädelwand eingedrückt. Knochenstückchen ragten heraus, als hätte das Gehirn einen Tobsuchtsanfall bekommen und sich einen Weg ins Freie geboxt.
    »Das sieht aus wie von einem Gewehrschuss«, sagte Richard.
    Er grub ein bisschen tiefer und entdeckte bald einen Brustkorb, an dem roter Lehm klebte. Dann noch ein paar Knochen. Und zwei Schädel. Einige Spatenstiche später fand er einen Knochen, den er von Wurzeln befreite. Dann sagte er: »Dieser Knochen steckt im Genick, an der Wirbelsäule. Siehst du hier diese Stelle? Das kommt von einem Messerstich.«
    »Das kannst du doch so genau gar nicht wissen.«
    »Ich hab schon eine Menge geschlachteter Tiere gesehn. Bei Menschen wird es wohl kaum einen großen Unterschied geben.«
    »Anscheinend haben wir einen alten Friedhof gefunden«, sagte ich.
    Richard fing wieder an zu graben und holte einen weiteren Schädel raus. Als er ihn auf den Boden fallen ließ, rieselte die Erde herunter, und ich konnte das Gebiss erkennen. Einer der Vorderzähne war silbern.
    Mir sank das Herz bis zum Knie.
    »Großer Gott«, sagte ich.
    »Was ist?«
    Ich erzählte ihm, wie Rosy Mae erwähnt hatte, dass Margret Wood einen Silberzahn gehabt hatte.
    »Wir haben ihren Kopf gefunden, Stanley. Den Kopf, nach dem der Geist gesucht hat.«
    Richard stocherte noch ein bisschen mit der Schaufel in der Erde herum und förderte einen Arm zutage. An den Knochen hing noch Fleisch.
    »Du liebe Güte«, sagte er. »Der liegt noch nicht so lange hier.«
    Er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher