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Ein Fall zu viel

Ein Fall zu viel

Titel: Ein Fall zu viel
Autoren: Irene Scharenberg
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von uns tauschen wollen. Wir konnten nach Belieben reduzieren, sie nicht. Die konnte sich ihren schnittigen Wagen nicht umsonst leisten.
    »Hatte sie eigentlich einen Freund?«
    »Anfangs gab es mal einen Niko. Aber ich glaube, mit dem hat sie vor einem halben Jahr Schluss gemacht.«
    »Können Sie sich vorstellen, warum Ihre Arbeitskollegin Selbstmord begangen hat?«
    »Umgebracht?«, fragte Kerstin Mackenbrock ungläubig. Plötzlich schien sie doch mit den Tränen zu kämpfen. Vielleicht wurde der Tod nun für sie real, seit sie die genaueren Umstände kannte. »Selbstmord? Das kann ich mir kaum vorstellen«, fuhr sie fort, nachdem sie eine Weile geschwiegen hatte. »Erst recht nicht bei der Sandra.«
    »Eine letzte Frage noch. Wann hat Ihr Chef Sie heute informiert?«
    »Das war so gegen acht Uhr, vielleicht auch etwas später. Kurz darauf wäre ich aufgebrochen. Spätestens um neun Uhr wollte ich eigentlich auf der Arbeit sein. Ich muss ja von hier bis zum Oberhausener Hauptbahnhof laufen. Und dann vom Duisburger Bahnhof zur Praxis. Zum Glück ist wenigstens die Verbindung gut. Wenn ich die S-Bahn verpasst habe, nehme ich den Regionalexpress.«
    »War es denn üblich, dass Frau Sölle und Ihr Chef vor Ihnen da waren?«
    Sie nickte. »Ich arbeite ja nur zweiunddreißig Stunden in der Woche. Wie ich schon sagte, uns gegenüber war der Gerstenschneider flexibel, der Sandra gegenüber nicht. Deshalb haben wir sie auch nicht beneidet.«
    Die hat sich aber wieder ganz schön gefangen, dachte Barnowski, da kullerten plötzlich zwei stumme Tränen Kerstin Mackenbrocks Wangen entlang. Es wurde Zeit, sich zu verabschieden. In einer ähnlichen Situation hatte er sich einmal als Tröster versucht, und die Aktion wäre beinah ins Auge gegangen. Zuerst hatte er der heulenden Dame sein Taschentuch geliehen, danach sein Hemd. Bevor sein Slip an der Reihe gewesen war, hatte ihn der eifersüchtige Dackel in die nackte Wade gebissen. Zum Glück. Kaum auszudenken, wohin das hätte führen können. Erst recht nicht, wie Gaby oder Pielkötter darauf reagiert hätten, wäre das rausgekommen. Welche Standpauke wohl schlimmer ausgefallen wäre? Jedenfalls hatte er auf eine derartige Erfahrung einfach keinen Bock.

41. Kapitel
    Pielkötter thronte hinter seinem Schreibtisch und sah neugierig zu Barnowski hinüber, der ihm genau gegenübersaß. »Und, haben Sie etwas Entscheidendes aus den beiden Sprechstundenhilfen herausbekommen?«
    »Wie man’s nimmt«, erwiderte sein Mitarbeiter. »Zumindest aus Kerstin Mackenbrock. Simone Vollmer habe ich bisher noch nicht gesprochen, aber sie müsste jeden Moment hier erscheinen.«
    »So, so«, brummte Pielkötter.
    »Frau Mackenbrock hat übrigens bestätigt, dass die Sölle und ihr Chef fast jeden Tag zuerst in der Praxis waren. Andere Aussagen unseres Doktors hingegen hat sie nicht bestätigt. Sie konnte sich weder vorstellen, dass die Tote in ihren Chef verliebt gewesen ist, noch dass sie Selbstmord begangen hat. Bin jedenfalls sehr gespannt, was die andere Kollegin dazu meint.«
    Ehe Pielkötter sich dazu äußerte, klopfte es an der Tür. Nach einem lauten »Herein« lugte eine junge Frau mit langen braunen Haaren ins Büro.
    »Bin ich hier richtig bei Kommissar Barnowski?«, fragte sie etwas schüchtern.
    »Kommt darauf an, ob Sie Simone Vollmer sind«, antwortete dieser mit einem strahlenden Lächeln.
    Die Sprechstundenhilfe nickte und betrat den Raum. Pielkötter deutete auf den freien Stuhl direkt neben seinem Mitarbeiter. Sie setzte sich, nestelte an ihrer Handtasche herum und zog ein Taschentuch hervor.
    »Die arme Sandra«, stammelte sie und tupfte sich ein paar Tränen aus den Augenwinkeln. »Ich weiß gar nicht, wie ich weiter in der Praxis arbeiten soll, in der etwas so Schreckliches geschehen ist.« Ihre Stimme versagte.
    »Mein Beileid«, bemerkte Pielkötter. »Aber mit Ihrer schnellen Aussage helfen Sie Ihrer toten Kollegin jetzt am meisten.«
    Sie nickte erneut. »Fragen Sie ruhig, es geht schon wieder.«
    »Kennen Sie ein mögliches Motiv, warum sich Frau Sölle umgebracht haben könnte?«
    »Umgebracht?« Ihre Miene wirkte ungläubig. »Davon wusste ich bisher nichts. Aber die Sandra hätte sich das niemals angetan. Zu jedem Problem gibt es eine Lösung, genau das war immer ihre Devise. So jemand ist doch kein Selbstmordkandidat. Zudem gab es keinen Grund. Der Chef hat sie super bezahlt. Was die sich alles leisten konnte. Da brauchen Sie sich nur ihren Mazda MX-5 anzusehen.«
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