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Ein Fall für Kay Scarpetta

Ein Fall für Kay Scarpetta

Titel: Ein Fall für Kay Scarpetta
Autoren: Patricia Cornwell
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scheinbare Ewigkeit in der Dunkelheit, meine Gedanken konzentriert, meine Hände ganz ruhig, meine Sinne klar. Ihr Körper war warm, ihr Leben hatte vor so kurzer Zeit aufgehört, daß es über ihr zu hängen schien wie ein Geruch.
    Vander verkündete: "Fertig" und betätigte einen Schalter. Im selben Moment zischte ein schneller synchronisierter Lichtstrahl aus dem Stab, so hell wie ein Blitz. Er schien die Dunkelheit nicht zu vertreiben, sondern sie zu absorbieren. Er leuchtete nicht, sondern glitt über eine kleine Fläche. Vander war ein glitzernder Laborkittel auf der anderen Seite des Tisches, als er den Stab auf ihren Kopf richtete.
    Wir untersuchten Zentimeter für Zentimeter des aufgequollenen Fleisches, zarte Fasern leuchteten auf, und ich begann sie mit einer Pinzette einzusammeln, meine Bewegungen wirkten in der stroboskopischen Beleuchtung abgehackt, erweckten den Eindruck, in Zeitlupe abzulaufen, als ich von dem Röntgentisch zu den Dosen und Umschlägen auf einem Beistelltisch ging. Hin und her. Alles schien ohne Zusammenhang zu sein. Der Laser erhellte die Ecke einer Lippe, einen Fleck von punktförmigen Blutungen auf dem Wangenknochen oder einen Nasenflügel, isolierte jedes Merkmal.
    Meine behandschuhten Finger, die mit der Pinzette arbeiteten, schienen zu jemand anderem zu gehören. Der schnelle Wechsel zwischen Licht und Dunkelheit war schwindelerregend, und die einzige Art, wie ich mein Gleichgewicht halten konnte, war, mich auf einen einzigen Gedanken zu konzentrieren.
    "Einer der Jungs, die sie herbrachten", bemerkte Vander, "erzählte, sie sei Assistenzärztin in der chirurgischen Universitätsklinik gewesen."
    Ich gab keine Antwort.
    "Kannten Sie sie?"
    Die Frage überraschte mich. Irgend etwas in mir zog sich zusammen. Meine Fakultät war in der Universitätsklinik, wo sich Hunderte von Medizinstudenten und Assistenzärzten befanden. Es gab keinen Grund, warum ich sie hätte kennen sollen. Ich antwortete nicht, gab nur Anweisungen wie "etwas weiter nach rechts" oder "einen Moment mal so bleiben".
    Vander reagierte langsam und bedächtig, er war genauso angespannt wie ich. Ein Gefühl der Hilflosigkeit und Frustration breitete sich langsam in uns aus. Bis jetzt war der Laser kaum nützlicher als ein Staubsauger gewesen, der alle möglichen Teile aufsammelt.
    Wir hatten ihn bisher bei ungefähr zwanzig Fällen ausprobiert, von denen nur ein paar seinen Einsatz wert waren. Außer seiner nützlichen Eigenschaft, Fasern und andere Spuren zu finden, kann er auch verschiedene Schweißkomponenten aufdecken, die wie ein Neonschild aufleuchten, wenn sie von einem Laserstrahl getroffen werden. Theoretisch kann ein Fingerabdruck auf menschlicher Haut Licht abstrahlen und damit in Fällen, wo die traditionellen chemischen Methoden keinen Erfolg haben, identifiziert werden. Ich wußte nur von einem Fall, bei dem Abdrücke auf der Haut gefunden worden waren, als eine Frau in einem Thermalbad getötet worden war und der Mörder Sonnenöl auf den Händen gehabt hatte. Weder Vander noch ich erwarteten, daß wir dieses Mal mehr Glück haben würden als bisher.
    Der Laserstab suchte mehrere Zentimeter von Lori Petersens rechter Schulter ab, als plötzlich direkt über ihrem rechten Schlüsselbein drei unregelmäßige Abdrücke auftauchten, als ob sie mit Phosphor aufgemalt worden wären. Wir hielten beide inne und starrten sie an. Dann pfiff Vander durch die Zähne, und ein leichter Schauer lief mir über den Rücken.
    Vander holte eine Büchse mit Pulver und einen Pinsel und bestrich dann vorsichtig das, was drei latente Fingerabdruckspuren auf Lori Petersens Haut zu sein schienen.
    Ich wagte zu hoffen. "Irgend etwas Brauchbares?"
    "Sie sind unvollständig", antwortete er abwesend, während er anfing mit einer Polaroidkamera Fotos zu machen. "Die Details der Ränder sind verdammt gut. Gut genug, um sie zu klassifizieren, denke ich. Ich werde sie gleich durch den Computer jagen."
    "Sieht aus, als wäre es derselbe Rückstand", dachte ich laut.
    "Dasselbe Zeug auf seinen Händen." Das Monster hatte sein Opfer wieder gezeichnet. Es war zu schön, um wahr zu sein. Die Fingerabdrücke waren zu schön, um wahr zu sein.
    "Sieht aus, als wäre es dasselbe Zeug. Aber er muß diesmal wesentlich mehr davon an seinen Händen gehabt haben. "
    Der Mörder hatte noch nie Fingerabdrücke hinterlassen, aber der fluoreszierende Rückstand gehörte schon zu den Dingen, die wir erwarteten. Es gab noch mehr davon. Als Vander
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