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Ein dunkles Grab: Die Kurzgeschichte zum Roman "Renegade. Tiefenrausch"

Ein dunkles Grab: Die Kurzgeschichte zum Roman "Renegade. Tiefenrausch"

Titel: Ein dunkles Grab: Die Kurzgeschichte zum Roman "Renegade. Tiefenrausch"
Autoren: J. A. Souders
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geben, aber seltsamerweise finden wir ihre Spuren nicht. Wäre da nicht Conn, der ebenfalls vergeblich nach ihnen Ausschau hält, würde ich ernsthaft an meinen Fähigkeiten zweifeln. Aber jedes Mal, wenn wir uns den Geräuschen nähern, scheinen sich unsere Beutetiere einfach … im Nebel aufzulösen. Als wären sie niemals da gewesen.
    Wir überqueren die Insel mehrere Male und stellen einige Fallen auf. Auf der anderen Seite der Insel lassen wir uns schließlich zum Mittagessen nieder. Hier endet der Wald abrupt an steil abfallenden Klippen, die eigentlich freie Sicht auf den Ozean bieten. Doch der Nebel ist nun auch über die Wasseroberfläche dort unten gekrochen. Wo kommt er bloß her? Ist der Unterschied zwischen Boden- und Lufttemperatur hier so hoch?
    In meinem Nacken kribbelt es, und hastig sehe ich mich um. Wieder überkommt mich das Gefühl, beobachtet zu werden. Auch Conn wird von einem sichtbaren Schaudern erfasst und späht in den Wald, wendet seinen Blick aber schließlich mir zu.
    »Bisher habe ich nicht an die Geschichten geglaubt, die man sich über diese Insel erzählt«, erklärt er, »aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. Vielleicht sollten wir besser verschwinden.« Als ich nichts erwidere, seufzt er schwer. »Mein Vater hat erzählt, dass er als Kind einmal hier war. Damals war er ungefähr so alt wie dein Bruder jetzt, und er und seine Freunde haben eine Mutprobe daraus gemacht: Jeder von ihnen sollte eine Nacht auf der Insel bleiben, und wer bei Sonnenaufgang noch da wäre, hätte damit bewiesen, dass er ein Mann sei.«
    Ich nicke knapp. »Okay. Und? Hat er gewonnen?«
    Conn sieht mich eindringlich an. »Keiner von ihnen hat die ganze Nacht durchgehalten. Und ein Junge ist gar nicht zurückgekommen. Er ist spurlos verschwunden.«
    Fragend ziehe ich eine Augenbraue hoch. »Sie haben ihn verloren ?«
    »Dad meinte, er sei noch bei ihnen gewesen, als sie sich schlafen legten, doch später haben sie Geräusche gehört, Stimmen oder so, und sind aufgewacht. Da war er weg. Sie haben natürlich nach ihm gesucht, aber als sie die Klippen erreichten, haben sie einen furchtbaren Schrei gehört. Als würde jemand in Stücke gerissen. Da haben sie Panik gekriegt und sind abgehauen.« Er senkt den Blick. »Am nächsten Tag sind sie mit einigen Erwachsenen wiedergekommen, darunter auch ein paar Jäger und die Eltern des Jungen. Sie haben weder ihn noch die Ausrüstung gefunden, die sie zurückgelassen hatten. Alles wirkte so, als wären sie nie hier gewesen. Ich habe immer geglaubt, Vater hätte sich das nur ausgedacht. Aber das hier …«, er schließt mit einer Geste unseren gesamten Rastplatz mit ein, »… das ist fast genau so, wie er es beschrieben hat.«
    Mich packt ein Schauder, aber ich schüttele abwehrend den Kopf. »Ja, es ist komisch hier, das stimmt, aber ich werde diese Jagd durchziehen, davon können mich keine Geister abhalten – egal ob sie echt oder nur eingebildet sind.«
    Conn nickt, als hätte er mit dieser Antwort gerechnet. »Tja, dann sollten wir unsere Fallen mal überprüfen.«
    In den nächsten Stunden arbeiten wir schweigend, aber ich muss mir eingestehen, dass Conns Geschichte mich voll erwischt hat. Hätte er sie doch nie erzählt, denn nun schaue ich ständig über die Schulter, und das Gefühl, beobachtet zu werden, wird immer stärker.
    Wir kontrollieren jede einzelne Falle, doch sie alle sind leer. Sie wurden zwar ausgelöst, aber kein einziges Tier hat sich darin verfangen. Es widerstrebt mir zutiefst, mit leeren Händen nach Hause zurückzukehren, aber langsam scheint mir gar nichts anders übrig zu bleiben. Die Sonne geht bald unter, und mit Conns Geschichte im Hinterkopf werde ich sicher nicht nach Anbruch der Dunkelheit auf der Insel bleiben. Außerdem braut sich ein Unwetter zusammen – in der Ferne ist schon leiser Donner zu hören –, und wir haben nichts mitgebracht, das uns trocken und warm halten könnte. Ziemlich dumm, aber ich war mir so sicher gewesen, dass wir innerhalb weniger Stunden mit Fleischbergen beladen heimkehren würden. Nie wäre ich auf den Gedanken gekommen, dass wir vollkommen leer ausgehen könnten.
    Ein Blitz zuckt über den Himmel, und wenige Sekunden später knallt der Donner so laut, dass ich heftig zusammenzucke. Plötzlich öffnet der Himmel ohne jede Vorwarnung seine Schleusen, und eisiger Regen peitscht uns ins Gesicht.
    »Verdammt!«, schreie ich.
    »Solches Wetter hält unser Floß niemals aus«, brüllt Conn gegen den
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