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Ein Drama für Jack Taylor

Ein Drama für Jack Taylor

Titel: Ein Drama für Jack Taylor
Autoren: Ken Bruen
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Eingeweide. Es rockte das Blut nicht mit einem Stoß reinen Amphetamins, es peitschte es mit einem Stoß reinen Amphetamins. Die Prosa sang und kreischte auf jeder Seite, eine Jauchegrube voller verpfuschter Lebensläufe, mit einem Tick dunkler Euphorie illuminiert. Ich fühlte mich ausgesprochen fiebrig. Wie oft wirkt ein Roman wie ein literarischer Schlag in den Organismus? Ich hatte den Eindruck, Jim Thompson hätte gemordet, um das zu können. Wenn James Ellroy tatsächlich das Krimigenre aufgegeben hatte, dann war hier sein dunkler Erbe.
    Ich schlug das Buch zu und kam mir vor, als hätte ich einen Marathon gelaufen. Kein einziges Mal hatte ich an Stewart oder seine Schwester gedacht. Der Zug fuhr auf der Brücke über den Lough Atalia, ich starrte auf die Bucht hinaus, und am Horizont hingen dunkle Wolken. Ich weiß nicht, ob ich ein Gefühl von Heimkehr hatte. Ich glaube, für so was braucht man ein Quäntchen Frieden. Ich ging ins Roches, eilig an der Schnapsabteilung vorbei, und kaufte ein bisschen ein. Beschloss, die Lemsips und griechischen Joghurts zufriedenzulassen. Ich war gesund genug. Als ich an der Kasse zahlte, sah ich auf, und da war wieder der blonde junge Typ. Er musterte mich kurz, war dann weg. Bestimmt Zufall.
    Mrs Bailey war an der Rezeption, sagte:
    »Herzlich willkommen.«
    Ich griff in meine Tasche, zog ein Paket heraus, überreichte es ihr. Ihre Augen erhellten sich, sie rief:
    »Ich liebe Geschenke.«
    Sie riss das Papier ab, sagte:
    »Bewley’s Fudge, meine Güte, davon krieg ich immer Zahnschmerzen.«
    »Och.«
    »Nein, nein, ich werde die Zahnschmerzen genießen. Da merkt man, dass man noch lebt.«
    Ich ließ sie energisch kauend zurück und war erstaunt, dass sie echte Zähne hatte. Ich ging auf mein Zimmer, überprüfte mein Bücherregal und fand, genau, keinen einzigen Band Synge.
    Besah den Allerheiligsten Herz-Jesu-Christi-Kalender, und der Tagesspruch lautete:
    »Lass dich nicht von Wohlstand versklaven.«
    Ich werd’s versuchen.

»An einem Fall arbeiten ist wie ein Leben zu führen. Man kann mit gesenktem Kopf den Pflug kräftig vor sich herschieben, aber dann passiert etwas, und die Welt ist nicht mehr das, für was man sie hielt. Plötzlich sieht man alles anders, als ob die Welt ihre Farbe gewechselt hätte und Dinge verstecken würde, die vorher da waren, und andere Dinge zum Vorschein brächte, die man vorher nicht gesehen hatte.«
    Robert Crais, Stunde der Rache

A m nächsten Morgen las ich ein Interview mit Marc Evans, dem Regisseur von Unsichtbare Augen, dem noblen britischen Gruselfilm. Einer seiner Sprüche ließ alle möglichen Erinnerungen hochkommen:
    »Unsere Kameras zeigen nicht, wo die Action ist, sie folgen ihr.«
    Ich saß dumm rum und dachte drüber nach, warum der Spruch eine solche Wucht hatte. War er eine schräge Metapher für mein Leben oder bot er einfach eine schlaue Perspektive? Ich machte Kaffee –, hatte mich zu richtigem Kaffee vorgearbeitet –, jawoll, Kaffeebohnen, Filter, die ganze Strecke. Am liebsten mochte ich das Aroma: einfach sieden, simmern lassen und diesem Duft gestatten, von der Wand abzuprallen. Ein Gefühl, ich konnte nicht genug kriegen davon. Frühmorgens, wenn man zur Bäckerei Griffin’s geht, da machen sie ein Brot namens Backenzahn. Ach, Scheiße, das ist ein Brot, für das man seine Seele gibt, aber die wahre Wonne findet während der Annäherung an die Bäckerei statt, der scharfe Geruch nach frischem Backen durchdringt den oberen Teil der Straße. Das hat schon nichts Tröstliches mehr, entzieht sich bereits der Analyse.
    Echter Kaffee kommt aus derselben Nachbarschaft. Brauchte etwas, um mich darauf neu einzustellen. Wenn man ein Leben lang Pulverkaffee getrunken hat, ist man ernstlich im Arsch. Das Echte ist dann zu viel; man kriegt seinen Geschmack für so was nicht in die Gänge. Plus, es haut voll auf die Zwölf: zwei Tassen, und man steht nicht mehr. All meine Jahre mit Koffein habe ich nur verbracht, um die Kater hervorzuheben.
    Trank ihn und jagte Lulle Nummer eins hinterher. Diese fünf Lullen pro Tag funktionierten nicht, aber darum wollte ich mir später Sorgen machen. Ich zog mir ein weißes Hemd und eine schwarze Cordhose an, überprüfte mich im Spiegel. Sah aus, als verkaufte ich etwas, aber nichts, was irgendjemand gebrauchen konnte. Meine Augen waren strahlend, klar. Sechs Monate clean und nüchtern, und jetzt zahlte es sich aus. Wenn ich das nur auch meiner Seele ausrichten könnte.
    Nahm mein
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