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Ein diskreter Held

Ein diskreter Held

Titel: Ein diskreter Held
Autoren: Mario Vargas Llosa
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kann das alles noch nicht glauben, Ismael«, brach es erneut aus ihm heraus. Sie waren nun beim Kaffee. »Bist du dir wirklich sicher, dass du das willst, heiraten?«
    »So sicher, wie die Erde rund ist«, bestätigte sein Chef. »Nicht nur um den beiden eine Lektion zu erteilen. Ich habe Armida sehr lieb. Ich weiß nicht, was aus mir geworden wäre ohne sie. Was sie seit Clotildes Tod für mich getan hat, ist unbezahlbar.«
    »Wenn mich die Erinnerung nicht trügt, ist Armida noch recht jung«, murmelte Rigoberto. »Wie viele Jahre älter bist du eigentlich?«
    »Achtunddreißig, mehr nicht«, lachte Ismael. »Sie ist jung, ja, und ich hoffe, sie erweckt mich wieder, so wie einst den Salomo das junge Mädchen aus der Bibel. Sulamith, nicht?«
    »Schon gut, mach, was du willst, es ist dein Leben«, sagte Rigoberto. »Ich bin nicht gut in Ratschlägen. Heirate Armida, und dann komme das Ende der Welt über uns, was soll’s, mein Bester.«
    »Falls es dich interessiert, wir verstehen uns ausgezeichnet im Bett.« Ismael lächelte und bedeutete dem Kellner mit einem Wink, die Rechnung zu bringen. »Und wenn du es genau wissen willst, ich nehme nur selten Viagra, ich brauche es kaum. Aber frag mich nicht, wo wir die Flitterwochen verbringen, das verrate ich dir nämlich nicht.«

III
    Den zweiten Brief mit der kleinen Spinne erhielt Felícito Yanaqué zwei Tage nach dem ersten, an einem Freitag, jenem Wochentag, an dem er Mabel besuchte. Als er vor acht Jahren für sie dieses Häuschen in Castilla mietete, nicht weit entfernt von der verschwundenen Alten Brücke, die den Verheerungen durch El Niño zum Opfer gefallen war, besuchte er sie zwei oder auch drei Mal die Woche; aber mit den Jahren hatte das Feuer der Leidenschaft nachgelassen, und seit einiger Zeit ging er nur noch freitags zu ihr, wenn er am Abend aus dem Büro kam. Er blieb ein paar Stunden bei ihr, und fast immer aßen sie zusammen, bei einem Chinesen in der Nähe oder in einem Restaurant mit einheimischer Küche in der Innenstadt. Ab und zu kochte Mabel für ihn einen Seco de Chabelo, ihre Spezialität, mit ordentlich Fleisch und Kochbananen, und Felícito ließ es sich schmecken, dazu ein schön kühles Cuzqueña-Bier.
    Mabel hatte sich gut gehalten. Sie hatte nicht zugenommen in diesen acht Jahren und zeigte stolz ihre athletische Figur, ihre schmale Taille, ihre festen Brüste und den runden, hervorstippenden Hintern, der beim Gehen fröhlich schwang. Sie war ein dunkler Typ, mit glatten Haaren, fleischigen Lippen, blitzweißen Zähnen, einem strahlenden Lächeln und einem Lachen, das alle um sie herum mit ihrer Fröhlichkeit ansteckte. Felícito fand sie immer noch so schön und attraktiv wie damals, als er sie zum ersten Mal sah.
    Geschehen war es in dem alten Stadion im Viertel Buenos Aires, bei einer denkwürdigen Begegnung, denn Atlético Grau, der Verein, der seit dreißig Jahren darauf wartete, in die Erste Liga aufzusteigen, trat in dieser Partie nicht nur gegen Alianza Lima an, sondern siegte auch. Für Felícito Yanaqué war esLiebe auf den ersten Blick. »Mensch, Ihnen fallen ja gleich die Augen aus dem Kopf«, zog der blonde Vignolo ihn auf, sein Kumpel, Kollege und Konkurrent – ihm gehörte Die Perle vom Río Chira –, mit dem er immer zum Fußball ging, wenn die Mannschaften aus Lima und anderen Landesteilen in Piura spielten. »Wenn Sie diese kleine Dunkle weiter so anstarren, verpassen Sie noch alle Tore.« »So etwas Bildhübsches habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen«, murmelte Felícito und schnalzte mit der Zunge. »Sie ist so wunderwunderschön!« Er stand nur ein paar Meter von ihr entfernt. Ihr Begleiter, ein junger Mann, hatte den Arm um sie gelegt und strich ihr ab und zu durchs Haar. Und dann flüsterte der blonde Vignolo ihm ins Ohr: »Übrigens kenne ich sie. Sie heißt Mabel. Halten Sie sich fest, mein Bester. Die Kleine vögelt.« Felícito fuhr auf: »Wollen Sie damit sagen, dass dieser Schatz eine Nutte ist?«
    »Nicht ganz«, sagte der Blonde und knuffte ihn in die Seite. »Ich sagte, sie vögelt, nicht, dass sie hurt. Vögeln und Huren sind zweierlei, mein lieber Kollege. Mabel ist eine Kurtisane oder so etwas. Nur mit einigen Ausgewählten und bei sich zu Hause. Für eine ordentliche Stange Geld, nehme ich an. Soll ich Ihnen die Telefonnummer besorgen?«
    Er fand sie heraus, und Felícito, der vor Scham fast im Erdboden versank – im Gegensatz zum blonden Vignolo, von jeher ein Nachtschwärmer und Hurenbock,
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