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Ein dickes Fell

Titel: Ein dickes Fell
Autoren: Heinrich Steinfest
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fernen Zukunft stammen. Wer wollte das bestimmen? Tatsache war, daß der Vierhandpartner Robert de Niros nicht aufhörte, nach diesen Raum-Zeit-Perforationen zu suchen. Gleichzeitig aber kam er auch zur Ruhe, indem er sich von seiner endgültig ins Schweigen zurückgezogenen Frau scheiden ließ und Anna Gemini um den Finger wickelte und heiratete. Und solcherart Haus und Grundstück unterhalb der Wotrubakirche problemlos und in aller Ruhe nach eben jenen geheimnisvollen zwischenweltlichen Transportröhren durchforsten konnte. Diesmal aber nicht den Fehler machte, mittels Psychoterror seine Ehefrau aus dem Haus treiben zu wollen. Oder sonst etwas Hinterhältiges zu versuchen. Nein, er kümmerte sich rührend um Carl und Qom und finanzierte Geminis Leidenschaft für teure Möbel und aufwendige Renovation. Genaugenommen finanzierte er ihren Ausstieg aus dem alten Beruf. Und wenn man sich daran erinnert, daß ein Prinzip von Anna Gemini – ein vom kleinen Gott Smolek übernommenes – darin bestand, das Mordopfer seine Tötung selbst bezahlen zu lassen, dann war dies wenigstens insofern erhalten geblieben, als Apostolo Janota dafür blutete, am Leben gelassen zu werden. Geldmäßig und überhaupt. Er wurde ein Ehemann, wie man ihn sich wünschte.
    Welcher solcherart das Leben führte, das Clemens Armbruster gerne geführt hätte. Aber sind wir ehrlich, Immobilienmakler sind nicht die Leute, für die man sich wünscht, ungeschoren davonzukommen. Das sah auch Chefinspektor Lukastik so, dem ein Foto in die Hände fiel, welches aus einem Automaten der Verkehrsüberwachung stammte und jenen Wagen zeigte, der Clemens Armbrusters Frau gehört hatte und hinter dessen Steuer man das Gesicht Armbrusters einwandfrei identifizieren konnte. Dazu gab es natürlich auch ein Datum, vor allem aber eine Uhrzeit, die darauf verwies, daß Armbruster nach bereits erfolgter Hausexplosion sich in diesem Wagen befunden hatte, obwohl er doch eigentlich längst unter dem Schutt des zusammengefallenen Gebäudes hätte liegen müssen.
    Es ließ sich unschwer folgern, daß Armbruster zusammen mit der Leiche seiner Frau in diesem Wagen gesessen hatte. Alles ließ sich folgern, genau so, wie es gewesen war. Dank des Fotodokuments war ein Damm gebrochen. Plötzlich regnete es Indizien, meldeten sich Zeugen, sodaß man alsbald eine Verhaftung vornehmen konnte. Endlich eine Verhaftung!
    Und dann tauchte auch noch Chengs Arm auf. Tatsache! Im Spätsommer fanden Bergsteiger im Eis einer Gletscherspalte die bestens konservierte Gliedmaße des Detektivs. Was natürlich erst einmal festzustellen war, wem nämlich dieser Arm wirklich gehörte. Umso mehr als Cheng sich weigerte, den Fund anzuerkennen und mit den Behörden zu kooperieren. Er wollte nichts von diesem Arm wissen. Er tat geradezu, als sei er einarmig zur Welt gekommen. Und das hatte ja auch etwas für sich.
    Der Arm wäre besser im Eis geblieben.
    Nie wieder hingegen tauchte jener Zettel auf, den Cheng in seinem Jackett deponiert hatte. Cheng vergaß schlichtweg, ihn wieder herauszunehmen. Möglich, daß jemand aus der Reinigung dies erledigte und das Papierchen achtlos entsorgte. Möglich, daß der Name Gottes in irgendeiner Altpapierverwertung auf ewig unterging.
    Und sonst: Anna Gemini war aus dem Schneider, und erst recht Magda Gude, welcher nach Soluschkas Tod sehr viel wohler war. Das Fläschchen 4711 beließ sie der Einfachheit halber in jener schönen roten Lederhandtasche, welche sie nun aber in ihren Schrank stellte und nicht wieder herausnahm, um also eine Kettenreaktion infolge einer Erschütterung ausschließen zu können. Nicht, daß sie zu hundert Prozent an eine solche Möglichkeit glaubte. Wahrscheinlich nicht einmal zu fünfzig Prozent. Was aber, wenn es stimmte? Wenn etwas stimmte, bedeutete es kaum eine Rettung, vorher nicht daran geglaubt zu haben.
    Nein, Magda Gude war überzeugt, richtig gehandelt zu haben, indem sie Ludvig Dalgard gebeten hatte, sich um dieses Ekelpaket Soluschka zu kümmern. Für Dalgard war es selbstverständlich gewesen, der bewunderten Dame einen weiteren Wunsch zu erfüllen, umso mehr als dies seinem grundlegenden Rezept entsprach: die Dinge in Gang zu halten. Für Leute wie Dalgard bestand allein darin der Sinn, nämlich Stillstände zu vermeiden, Verwirrung dort zu stiften, wo eine Klarheit der Verhältnisse drohte. Wer letztendlich wen betrog und tötete und kontrollierte, war für Dalgard nicht wirklich von Bedeutung. Hauptsache, die Welt war in
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