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Ein deutscher Wandersommer

Ein deutscher Wandersommer

Titel: Ein deutscher Wandersommer
Autoren: Andreas Kieling
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Nanduhähne in der Balz schon auf Kälber losgegangen. Der größte natürliche Feind des Nandus wären Fuchs, Dachs und Wildschwein, die unheimlich gern Eier fressen, doch ein wild gewordener Nanduvater schlägt wohl selbst einen ausgewachsenen Keiler in die Flucht. Gejagt werden dürfen die Vögel nicht, da sie auf der weltweiten Roten Liste stehen, wenn auch als »gering gefährdet«. Was die Naturschützer gefreut haben dürfte: Im harten Winter 2009/2010 starben aufgrund der extremen Kälte und der dicken, gefrorenen Schneeschicht, die über Wochen die Felder bedeckte und so die Nahrung rar werden ließ, etwa achtzig der geschätzten 120 Nandus dieser Region.
    »Cleo«, sagte ich, als wir unseren Weg fortsetzten, »wenn wir heute irgendwo ein Restaurant sehen, wo es Nanduschnitzel gibt, dann kehren wir beide da ein. Versprochen.«
    Leider haben wir kein solches Restaurant gefunden. So abwegig war die Idee übrigens nicht, denn Nandufleisch kommt zunehmend in Mode. Es ist ein sehr mageres und cholesterinarmes, dazu saftiges und schmackhaftes Fleisch.
     
    Der seltenste Großvogel und vermutlich der seltenste Vogel überhaupt in Deutschland ist die Großtrappe, nach der afrikanischen Riesentrappe der zweitgrößte flugfähige Vogel der Welt. Der Steppenvogel wird bis etwas über einen Meter groß und bis zu 18 Kilogramm schwer. Früher, als die Vögel gejagt werden durften, sollen Jäger sogar von Großtrappen erschlagen worden sein. So erzählen es uralte Geschichten aus der Zeit, als Treiber die Tiere dem Jäger vor die Flinte trieben. Dann kam so ein Hahn auf den Jäger zugeflogen, der schoss, die Großtrappe klappte die Flügel ein und flog wie eine Kanonenkugel auf den Schützen zu. Dass es durch die Wucht des Aufpralls tatsächlich Todesfälle gab, halte ich für ein Gerücht, aber Knochenbrüche kann ich mir gut vorstellen.
    Die Großtrappe ist von Spanien bis in die Mongolei vertreten, hier aber meist nur in sehr kleinen Populationen und in eng umgrenzten Gebieten, sowie in Teilen Afrikas, zum Beispiel in Marokko, Südafrika und Namibia, wo man den Vogel häufiger sehen kann.
    Die letzte Zählung im Januar 2009 in den drei letzten Rückzugsgebieten Deutschlands – alle drei in Brandenburg – kam auf einen Gesamtbestand von lediglich 112 bis 116 Tieren. Der Vogel ist in Deutschland so stark gefährdet, dass beim Bau der Autobahn von Hannover nach Berlin auf der Teilstrecke durch das Havelländische Luch, einem der drei erwähnten Schongebiete, besondere Schutzvorkehrungen getroffen wurden.
    Der Hauptfeind der Großtrappe, die offene, blüten- und insektenreiche Landschaften braucht, war und ist wie in vielen Fällen dennoch der Mensch. Großtrappen füttern ihren Nachwuchs in den ersten Tagen ausschließlich mit Insekten, aber gerade die sind in der modernen Agrarlandschaft Mangelware.
    Unter den Tieren ist das Wildschwein sein größter Feind, das mit seiner feinen Nase die Gelege aufspürt und plündert. Großtrappen sind nicht aggressiv, die lassen sich von einem Wildschwein sozusagen vom Gelege schubsen. Die Henne wird zwar fauchen, vielleicht mit den Flügeln schlagen und nach dem Angreifer treten, aber letztendlich wird sie sich vertreiben lassen. Man ist im Havelländischen Luch daher dazu übergegangen, Eier aus den Gelegen zu holen und in der Staatlichen Vogelschutzwarte in Buckow künstlich auszubrüten. Die Küken wachsen in geschützten Gehegen heran, bis sie sozusagen dem Rüssel des Wildschweins entwachsen sind, und werden dann ausgewildert.
Endspurt
    Auf dem letzten Stück unserer Wanderung ist der Grenzverlauf wieder sehr seltsam. In der Lübecker Bucht, im Ortsteil Schlutup, stieß die ehemalige Grenze auf die Trave und folgte ihr am rechten Ufer bis zur Ostsee. Dort verlief sie entlang mehreren Buchten und machte dann einen großen Bogen um den Dassower See, eine fast zur Gänze von der Ostsee abgeschlossene Bucht der Travemündung. So weit nichts Besonderes, dann aber durchschnitt die Grenze die kleine Halbinsel Priwall genau an der Engstelle, wo sie mit dem Festland verbunden ist. Das Festland war DDR , die Priwall selbst BRD -Gebiet – aber durch die Trave vom Westen getrennt. Idiotischer geht’s ja nun wirklich nicht. Na ja, von Rüterberg mal abgesehen. Die Einzigen, die das richtig gefreut haben dürfte, waren vermutlich die DDR -Grenzer, die dort oben Dienst taten, denn von ihrem Wachturm aus hatten sie freien Blick auf den im Westteil gelegenen FKK -Strand.
    Bald mischte sich
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