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Ein delikater Liebesbrief

Ein delikater Liebesbrief

Titel: Ein delikater Liebesbrief
Autoren: Eloisa James
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Bett der eigenen Ehefrau vorfindet«, brummte Darby. »Warum, glaubst du, ist Esme Rawlings schwanger geworden?«
    Rees hatte ein gefaltetes Blatt aus der Brusttasche gezogen und kritzelte darauf herum. Er blickte nicht auf. »Letztens habe ich gehört, dass es immer noch der gute alte Walzer sei, der für das Zustandekommen von Schwangerschaften verantwortlich ist.«
    »Verdammt, Rees, hör mir doch mal zu! Warum ist sie gerade jetzt schwanger geworden? Die Frau ist zehn Jahre lang durch ganz London gestreunt und dann wird sie jetzt schwanger, wo alle Welt über das schwache Herz meines Onkels Bescheid wusste?«
    »Du meinst also, sie hätte es getan, um sich das Erbe zu sichern?«
    »Und wenn dem so ist – was soll ich tun?«
    »Schwer zu sagen. Du müsstest ein uneheliches Kind nachweisen, und das ist im Grunde unmöglich. Lieber solltest du darum beten, dass sie ein Mädchen kriegt.«
    Rees kritzelte schon wieder, zweifellos war er mit einer Partitur beschäftigt. »Du glaubst doch nicht etwa, dass sie ein bisschen nachgeholfen hat?«, fragte er beinahe zerstreut.
    »Wie bitte?«
    »Dass sie bei seinem Tod nachgeholfen hat, um die Schwangerschaft zu verschleiern?«
    »Das bezweifle ich«, sagte Darby nach kurzem Schweigen. »Meine Tante mag zwar ein leichtfertiges Frauenzimmer sein, aber zu einer solchen Tat ist sie meiner Meinung nach nicht fähig.«
    Rees’ Finger flogen nun regelrecht über das Papier und Darby erkannte, dass er ihm keinerlei Aufmerksamkeit mehr schenkte. Sobald Rees der Verlockung einer Melodie erlag, musste er sie aufschreiben, bevor er für seine Mitmenschen wieder ein offenes Ohr hatte.
    Natürlich hatte Esme Rawlings ihren Mann nicht umgebracht. Sie war zwar eine Schlampe, aber eine Dame. Und seltsamerweise waren sie und Miles stets gut miteinander ausgekommen. Sie hatte um seine Mätressen nie großes Aufhebens gemacht – mit welcher Begründung auch? – und er hatte ihre wechselnden Begleiter registriert, ohne mit der Wimper zu zucken. Tatsächlich schien sie Miles auf eine gewisse Art geliebt zu haben.
    Aber womöglich wollte Lady Rawlings den großen Besitz nicht verlieren. Alle Welt wusste ja, dass Miles’ Herz nicht mehr lange durchhalten würde. Vielleicht hatte sie es mit der Angst bekommen, dass sie ins Witwenhaus umziehen musste, und deshalb die Schwangerschaft erfunden.
    Vielleicht war sie überhaupt nicht schwanger!
    Das würde eine ganze Menge erklären, zum Beispiel, warum sich Esme nach Miles’ Begräbnis aufs Land zurückgezogen hatte. Sonst konnte sie kaum etwas dazu bewegen, London zu verlassen. Was also hatte sie auf dem gottverlassenen Familiensitz in Wiltshire zu suchen?
    Wahrscheinlich spazierte sie dort mit einem Kissen unter dem Kleid herum, so musste es sein. Vermutlich suchte sie die Nachbarschaft schon nach einem Kind ab, das sie später als Miles’ Nachwuchs ausgeben konnte.
    »Was, wenn sie gar nicht schwanger ist, Rees?«
    Sein Freund gab keine Antwort.
    »Rees!«
    Der Freund erschrak so, dass seine Feder über das Papier rutschte und einen Klecks hinterließ. »Verdammter Mist«, brummte er und saugte die Tinte mit seiner Manschette auf.
    Darby sah interessiert zu, wie Rees’ blütenweiße Manschette von der schwarzen Tinte besudelt wurde. »Wie bekommt dein Kammerdiener diese Flecken heraus?«
    »Ich habe im Moment keinen Kammerdiener. Der Mann ist vor ein paar Monaten nach einem Wutanfall aus meinen Diensten geschieden, und ich hab mir nicht die Mühe gemacht, einen neuen zu engagieren. Meine Haushälterin kauft einfach ein paar neue Hemden.« Er zog die Noten nach, die durch die Tintenflecke unleserlich geworden waren. Dann wedelte er mit dem Blatt, damit es trocknete. »Warum musst du auch so brüllen?«
    »Was wäre, wenn Esme Rawlings gar nicht schwanger ist? Was, wenn sie eine Geburt vortäuscht und mit einem Baby in die Stadt kommt, das sie irgendwo in Wiltshire aufgegabelt hat? Sie könnte doch problemlos ein Kind kaufen, nach London bringen und als Miles’ Erben präsentieren.«
    Rees hatte sehr buschige Augenbrauen, die zu seinem üppigen Haarschopf passten. Normalerweise waren sie unwirsch zusammengezogen, jetzt jedoch drückten sie Skepsis aus. »Das wäre eine Möglichkeit«, brummte er. »Könnte ich mir vorstellen.«
    »Warum sonst hat sie sich aufs Land zurückgezogen?« Darby beharrte auf seiner Theorie. »Meine Tante ist der Inbegriff einer Londoner Grande Dame, auch wenn sie ständig in Skandale verwickelt ist. Man kann sich kaum
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