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Ein cooler Typ aus der Hölle

Ein cooler Typ aus der Hölle

Titel: Ein cooler Typ aus der Hölle
Autoren: Stefan Wolf
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habe. Evan
Cayman. Er war einer der führenden politischen Köpfe — bis er von einer Bombe
getötet wurde. Von ihm habe ich diese Uhr.“
    Er nahm sie vom Handgelenk und
hielt sie hoch.
    Stahl und Gold, stellte Tim
fest. Was Feines. Sicherlich mit Gravur.
    „Sie hat eine Gravur“, sagte
Martin. „Verräterisch! Aber... wenn man mich erst mal gefunden hat, kommt’s
darauf auch nicht mehr an.“
    „Hast du deine Identität
geändert?“, fragte Gaby.
    Martin grinste. „Eigentlich
heiße ich Mcshark. Shark ist der Hai, fish nur der Fisch: Könnte auch ein
Hering sein.“
    „Oder Kabeljau“, schlug
Klößchen vor. „Dann wäre dein Name Mccod. Denn cod ist der Kabeljau.“
    Seine Freunde staunten ihn an.
    „Alle Achtung, Willi!“, sagte
Gaby. „Du machst dich in Englisch. Ich hätte das nicht gewusst.“
    Klößchen grinste. „Um ehrlich
zu sein — ich war heute Mittag mit meinen Ernähern im Fischrestaurant
Leckerflosse. Da sind die Speisekarten zweisprachig. Papa hatte gebackenen carp
— also Karpfen, Mütterchen nahm pike - Klößchen und ich habe cod mit
Schoko-Soße genossen. Im Ernst — die Soße war schokoladig.“
    „Feinschmeckerköche schrecken
vor nichts zurück“, meinte Tim, „um sich zu profilieren. Aber was heißt pike?“
    „Hecht.“
    „Als Spion war ich der Hecht im
Karpfenteich“, sagte Martin. „Dann wurde ich enttarnt — und das wäre meine
Todesurteil gewesen. Ich hatte aber Glück. Ich konnte fliehen. In meiner
nordirischen Heimat hätte ich mich nicht verstecken können. Doch Evan Cayman
hatte Beziehungen nach Deutschland. Ausgerüstet mit falschen Papieren konnte
ich hier untertauchen. Und damit habe ich nun doch schon den Anfang meiner
Geschichte erzählt.“
    „Man hat dich gefunden“,
stellte Tim fest.
    „Es sieht so aus. Vermutlich
durch einen saublöden Zufall. Dagegen ist keiner gefeit.“
    „Und wie ist das eben
gelaufen?“
    „Ihr werdet es nicht glauben.
Aber der Beweis wäre noch an der Wand der Kellertreppe zu besichtigen. Also:
Ich habe am Eingang gewartet — auf Katja, die nicht kam. Dann hörte ich ein
ganz leises Geräusch — als tropfe Wasser. Als riesele Wasser. Das Geräusch war
hinter der Tür zur Kellertreppe. Ich sah also nach. Das heißt, ich ging hin —
mit meiner Waffe. Da dröhnte auch schon Getrampel auf den Holzstufen. Schritte
von mindestens zwei Männern. Abwärts. In wilder Flucht. Wie ich bemerkte, war
die Tür millimeterweit geöffnet. Die beiden hatten mich also beobachtet, aber
keinen Angriff gewagt — wegen meiner Kalaschnikow. Ich hinterher. Die waren
schon durchs Kellerfenster getürmt. Hatten Vorsprung. Trotzdem habe ich sie
verfolgt. Aber einholen konnte ich sie nicht. Und schießen wollte ich nicht,
wie gesagt. Bin ihnen nach bis hinten zur Rahmschöpfer-Gasse. Dort parkte ein
dunkler Wagen — Ford oder Opel. Mit dem sind sie weg. Leider konnte ich das
Nummernschild nicht erkennen.“
    „Aufregender Abend!“, stellte
Tim fest.
    Martin grinste. „Kein Vergleich
mit früher. Auch in meiner Heimat wird’s jetzt ruhiger. Riecht nach Frieden.“
    „Der Frieden auf dem Papier“,
sagte Gaby, „ist nichts wert und hält nicht, solange er nicht aus den Herzen
derer kommt, die auf dem Papier die Unterschriften leisten. Ich glaube, das
gilt für alle brennenden Ecken in Europa, im Nahen Osten und in der übrigen
Welt.“
    „Besser kann man’s nicht
ausdrücken“, sagte Tim. „Was wirst du jetzt machen, Martin?“
    „Ich haue ab, tauche unter —
weit weg von hier. Denn selbst wenn in meiner Heimat die Friedensverhandlungen
zwischen den Fanatikern, zwischen den feindlichen Lagern zu etwas führen
sollten — meine Strafe erlässt man mir trotzdem nicht. Für Verräter gibt es
keine Amnestie ( Straferlass).
    „Also immer auf der Flucht?“
    „Hat durchaus seinen Reiz. Denn
— ich verrat euch was: Rasenmähen ist auf die Dauer verdammt langweilig.“

    Er hat Nerven, dachte Tim, oder
er tickt nicht richtig. Aber was ist mit dem Mordwerkzeug? Dafür hat er
bestimmt keinen Waffenschein. Andererseits — ohne die Kalaschnikow hätte er
jetzt nur noch eine Hand. Und schießwütig ist er ja nicht. Wahrscheinlich wird
er zuerst damit drohen, bevor er sich in Selbstverteidigung begibt. Nein, wegen
der Wumme sollten wir ihm keine Schwierigkeiten machen, ihn also nicht
anzeigen.
    „Leider darf ich keine Zeit
verlieren“, murmelte Martin. „Das heißt, ich werde wohl auf meine Rache
verzichten müssen.“
    „Die einen wollen
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