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Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen

Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen

Titel: Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen
Autoren: Lynda Curnyn
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aufbewahrte.
Das Theater und sein Double
von Antonin Artaud. Ich schlug Seite fünf auf, exakt die Seite, die ich die letzten sechsmal ebenfalls aufgeschlagen hatte, und begann zu lesen. Nun, nicht wirklich zu
lesen
– mein Blick wanderte immer wieder über Kirks Profil.
    Er hatte die schönsten Augenbrauen, die ich je gesehen hatte. Fast pechschwarz auf cremweißer Haut und normalerweise glatt, obwohl sie sich jetzt gerade über seinen grauen Augen runzelten, während er fast ohne zu Blinzeln auf den Bildschirm starrte. Von Anfang an hatte ich ihn für seine Fähigkeit bewundert, sich in allen möglichen Situationen zu konzentrieren. Verstehen konnte ich das ehrlich gesagt aber nicht. Ich höre sofort auf, wie ein intelligentes Lebewesen zu denken, wenn ich mich der Möglichkeit des Beischlafs gegenüber sehe. Um genau zu sein war es sogar Kirks scheinbares Desinteresse am anderen Geschlecht, das mich von Anfang an gereizt hatte.
    Wir lernten uns bei meinem „Tagesjob“, oder Zweitjob, kennen. Ich arbeite als Teilzeit-Kraft in der Kundenberatung bei
Lee and Laurie Catalog
. So kam ich an das Geld, das ich als Schauspielerin nicht verdiente. Zu dieser Zeit arbeitete Kirk für
Lanix
, die zufälligerweise die Software herstellten, mit der
Lee and Laurie
arbeiteten, und eines Tages kam er vorbei, um die Version zu aktualisieren. Von der ersten Sekunde an, als ich sah, wie eifrig er sich an einem der vielen Terminals bei
Lee and Laurie
zu schaffen machte, fühlte ich mich von ihm angezogen. Er sah mit seinem dunkelbraunen Haar, den intelligenten grauen Augen, den vollen Lippen und dem kräftigen Kinn nicht nur sehr gut aus, er war auch klug. Sogar so klug, dass er nichts und niemanden wahrzunehmen schien, nur die Codes, die er in jeden einzelnen Terminal eintippte. Das war wahrscheinlich der Grund dafür, dass ich ihm derart schnell verfiel, zumindest behauptete Grace das, die ich mehrfach anrief, um ihr von jedem fehlgeschlagenen Flirtversuch meinerseits zu berichten. Trotzdem fand ich immer wieder einen Grund, um Kirk an meinen Schreibtisch zu locken – eine nicht funktionierende Maus, ein klemmendes Keyboard (lag an den Sesamkörnern vom Mittagessen, aber zumindest hatte ich ihm ein Lächeln abgerungen) und totales Nichtbegreifen der neuen Software, die er gerade installiert hatte. Und während er geduldig an meiner Maus wackelte, mein Keyboard reinigte und die neuen Prozeduren noch einmal erklärte, machte ich alberne aber nett gemeinte Witze, stellte mich nah genug neben ihn, um „aus Versehen“ seinen Arm zu berühren (der wunderbar muskulös war) oder ihm gewinnend in sein hübsches und scheinbar völlig ausdrucksloses Gesicht zu lächeln.
    „Ich bin verrückt nach ihm“, erzählte ich Grace in der zweiten Woche.
    „Das liegt an der Herausforderung“, antwortete sie. „Der kannst du nicht widerstehen.“
    Sie hatte Recht. Und deswegen folgte ich schließlich ihrem Rat, mich „um Himmels willen einfach mit ihm zu verabreden“. Und er sagte zu meiner Überraschung ja. Ich war vom ersten Tag an Feuer und Flamme. Kirk war anders als alle Männer, die ich vorher gekannt hatte. Erstens einmal verdiente er genug Geld, um das Abendessen zu bezahlen. Außerdem konnte ich nicht anders, als seinen Ehrgeiz zu bewundern, wenn er mir von seinem Traum, eine eigene Software-Firma zu gründen, erzählte … Nicht weniger bewunderte ich, als es soweit war, seinen wohlgeformten Körper, den er viermal die Woche im Fitnessstudio trainierte.
    Die Wärme dieses schlanken, muskulösen Körpers sickerte jetzt wieder in mein Bewusstsein, ich schmiegte mich enger an ihn, den Blick fest auf die Seiten meines Buches gerichtet, bis er endlich sein Gewicht verlagerte, den Laptop schloss und auf den Nachtisch stellte.
    Freudig klappte ich das Buch zu und spürte, wie ein erregendes Gefühl von Triumph durch meinen Körper schoss, wie immer, selbst noch nach fast zwei Jahren Beziehung. Sie können mich für eitel halten oder nymphoman, es ist mir völlig egal – für mich gab es nichts Schöneres, als Kirk mit einem verwegenen Glitzern in den Augen auf mich herablächeln zu sehen.
    „Komm her, du“, sagte er mit heiserer Stimme, als ob
ich
mich die ganze Zeit zurückgehalten hätte.
    Ohne zu zögern grätschte ich meine Beine um ihn und begeisterte mich an der Feststellung, dass er in Sekundenschnelle von Software auf Hardware umgeschaltet hatte, und das, obwohl man kaum erkennen konnte, dass sich eine Frau unter dem weiten
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