Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Ballnachtstraum

Ein Ballnachtstraum

Titel: Ein Ballnachtstraum
Autoren: Jillian Hunter
Vom Netzwerk:
fliederfarbenen Kleid gefesselt, die sich auf dem Tanzparkett unruhig umschaute. Irgendwie wirkte sie deplatziert und verloren … beinahe gehetzt. Sie hatte lebhafte braune Augen und üppige Formen. Drake beschloss, dass es genau das Richtige sei, sich die Zeit mit einer hübschen Frau zu vertreiben und ein paar Minuten mit ihr zu plaudern, mehr nicht.
    Er trat von hinten an sie heran und räusperte sich, als sie sich nach einem flüchtigen Blick über die Schulter wieder abwandte. Aha! Sie schenkte ihm also keine Beachtung. Diese Brüskierung wollte er nicht auf sich sitzen lassen. „Haben Sie ein Schäfchen verloren?“, raunte er dicht an ihrem Ohr.
    Sie straffte die runden weißen Schultern. Natürlich war sie sich seiner Gegenwart bewusst, auch wenn sie sich weigerte, ihn anzusehen. „In gewisser Weise, ja“, antwortete sie zerstreut.
    Ein anderer Mann hätte diese angedeutete Ablehnung akzeptiert und sich zurückgezogen. Drake hingegen ließ sich nicht beirren, studierte ihr Profil, die gerade Nase, das kleine, entschlossen gereckte Kinn und ihre verlockend vollen Lippen. Er betrachtete bedächtig ihre Schultern und die elfenbeinweißen Rundungen ihres Dekolletés. „Wollen wir uns gemeinsam auf die Suche begeben?“, fragte er und verbarg seine begehrlichen Gedanken hinter einem höflichen Lächeln.
    Endlich drehte sie sich ihm zu, um ihn anzusehen. Ihr ovales Gesicht trug den Ausdruck geübter Geringschätzung, der sich verflüchtigte, sobald ihr Blick dem seinen begegnete. Sie blinzelte verdutzt. Er starrte sie unverwandt an und genoss die angenehme Überraschung. Sie war wirklich sehr hübsch, biss leicht verunsichert auf ihre Unterlippe, bevor sie einen Schritt von ihm abrückte.
    „Nur Mut, kommen Sie!“, sagte er und nahm sie sanft beim Ellbogen. „Wir fangen Ihr verlorenes Schäfchen auf dem Tanzparkett ein. Ich bin nämlich ein geschickter Jäger.“
    Irritiert senkte sie die Lider, bevor sie ihm wieder in die Augen schaute. Der Anflug eines Lächelns huschte über ihre vollen Lippen. „Das liegt in der Natur von Wölfen.“
    Verblüfft angesichts ihrer Schlagfertigkeit, lachte er und führte sie auf das Parkett. Sie machte Anstalten, sich ihm zu entziehen, er hingegen ließ sich nicht entmutigen und festigte seinen Griff. Außerdem war ihr der Fluchtweg versperrt, da andere Gäste ihren Platz an der Tanzfläche im dicht gedrängten Ballsaal bereits eingenommen hatten. Die elegant gekleideten Damen und Herren bewegten sich auf Tuchfühlung und unterhielten sich angeregt und laut. Drake verglich das Getümmel mit gackernden Hühnern, schnatternden Gänsen und wiehernden Eseln auf einem Bauernhof, was seine Meinung über die gehobene Londoner Gesellschaft im Allgemeinen ziemlich deutlich zum Ausdruck brachte.
    Bei all dem Lärm und der lauten Musik konnte er nur Bruchstücke von dem hören, was seine Begleiterin ihm versuchte zu erklären. „Erzählen Sie mir später von ihm“, antwortete er auf ihren bekümmerten Blick.
    Er hatte weder Lust zu reden noch zu tanzen. Mit dieser hübschen Fremden wollte er sich lediglich angenehm die Zeit vertreiben vor der vielversprechenden Liebesnacht. Zwar war er der berühmten Kurtisane erst einmal begegnet und hatte nur ein paar zweideutige Sätze mit ihr gewechselt, doch die Gerüchte über die schöne Maribella St. Ives erfüllten ihn mit prickelnder Erwartung. Er hoffte sehr, nicht enttäuscht zu werden.
    „Es handelt sich nicht um einen Mann“, erklärte seine Tanzpartnerin betont laut, als er gekonnt begann, sie über das Parkett zu führen. Ihre weichen Rundungen lösten eine ungeahnte Hitze in ihm und ein verräterisches Ziehen in seinen Lenden aus. Sie fühlte sich erstaunlich gut an und war eine leichtfüßige Tänzerin, die mühelos mit ihm mithalten konnte. Bedauerlicherweise schien sie mehr daran interessiert zu sein, das zu finden, was sie verloren hatte, als ihrem Tanzpartner besondere Beachtung zu schenken.
    Er musterte ihr Gesicht. Das kastanienbraune Haar, zu einem schweren Nackenknoten geschlungen, brachte ihren hellen Teint zur Geltung. Sie trug keinen Schmuck, nur schlichte Perlenstecker im Ohr. Ihr schmuckloses fliederfarbenes Kleid aus leichtem Musselin war nicht dazu angetan, bewundernde Blicke auf ihre Erscheinung zu ziehen. Sie sah aus wie eine Gouvernante oder die Gesellschafterin einer vornehmen älteren Witwe. Das wäre natürlich eine Erklärung für ihre Suche nach dem verlorenen Schaf. Ziemlich gewagt von ihr, mit ihm zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher