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Ein anderes Leben

Ein anderes Leben

Titel: Ein anderes Leben
Autoren: P Enquist
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sehr kurz, siebzig Meter. Ein fast zugeschütteter und einsackender Graben verläuft schräg über den Platz, zur Verwirrung der Gastmannschaften. Komet gilt als zu Hause schwer schlagbar.
    Die Verbindungen zwischen dem frommen und dem weltlichen Teil des Dorfs sind spärlich, das Kind hat nie ein Fußballspiel aus der Nähe gesehen – aus natürlichem Grund, also der Mutter –, aber die Fußballberichte in der Lokalzeitung Norra Västerbotten erzählen davon, dass dort im Westen ständig außergewöhnliche Dinge geschehen. Der Erzähler ist ein Mr. Kuri, es wird Merrkuri ausgesprochen, der kühl und sachlich feststellt, welche Spieler eine ordentliche Leistung gebracht haben.
    Mr. Kuri prägt die Sinne.
    Der Platz liegt links, wenn er mit dem Rad zum Konsum fährt. Es ist sehr nah, sehr weit entfernt, doch in Hörweite. Vielleicht nur 1400 Meter vom grünen Haus entfernt.
    An Sonntagen, wenn er gerade mit den anderen vom Gottesdienst aus dem Bethaus geströmt ist, geht er auf den Hof hinaus, steht hinter der Rosenhecke und hört das schwache Brausen, das von dem Geschehen im westlichen und gottlosen Teil des Dorfs ausgeht. Er kann sich das Unerhörte schon vorstellen, das Spiel, die Bewegungen, nicht zuletzt durch die schwachen Rufe. Ein plötzliches Brüllen, und er stellt sich eine dramatische Veränderung vor, vielleicht ein Führungstor für die Komet-Mannschaft.
    Er hat die Fotografien im Norran gesehen. Um die herum kann man phantasieren. Seine Phantasie wird also teils von den Bildern in der Familienbibel stimuliert, teils von denen im Norran , teils von den Geräuschen, die er, hinter der Rosenhecke versteckt, aufschnappt.
    Die Mannschaft von Komet zieht Publikum aus dem ganzen Kirchspiel an, ein Derby gegen Bureå IF wird von über tausend Zuschauern gesehen. Manchmal dringen besorgte Rufe und Ratschläge bis zu ihm. Deckdein Außenmann!!! oder Schlaak’n flach nanoorn! Hinter der Rosenhecke erreichen ihn die Lockrufe der sportlichen Sünde.
    Da ruft die Mutter ihn besorgt herein. Er ist drauf und dran zu trotzen, besinnt sich aber.
    Einmal erlangt jedoch die Komet-Mannschaft von Hjoggböle IF nationale Berühmtheit.
    Man steht kurz vor dem Gewinn der Meisterschaft, um die damals im Herbst und im Frühjahr gespielt wird. Unter den Kindern der gottlosen Fraktion wird ständig das Wort »Aufstieg« geflüstert. Man beschließt, einen Kraftakt zu vollbringen, nach internationalem Vorbild. Es wird ein Trainingslager im Folkets Hus angesetzt, das mitten im Dorf liegt, im gottlosen Teil, wo vielleicht getanzt wird. Eine Woche lang schließt man sich ein, schläft auf dem Fußboden, dem Boden, auf dem vielleicht getanzt worden ist, und am Tag spielt man Schneefußball.
    Es ist eine sehr kalte Woche, minus dreißig Grad werden konstatiert, und tiefer Schnee. Angehörige haben keinen Zutritt.
    Frauen werden ausgeschlossen, durch rätselhafte Krankheitsanfälle begründete Freigänge finden statt. Man bringt Kissen und Decken mit und schließt sich ein. Die Kinder lugen durch die Fenster hinein und teilen flüsternd mit, was geschieht. Die Illustrierte Se bringt eine große Bildreportage. Die Empörung im frommen Teil des Dorfs ist groß, beinahe furchtsam; wohin soll das führen.
    Dass der Platz so klein und schlecht ist, besonders der Graben ärgert die Gastmannschaften, ist jedoch ein Problem. Man muss für einen besseren Platz sorgen und beantragt Unterstützung bei der Gemeinde. Der ideologische Konflikt zwischen dem geistlichen und dem gottlosen Teil des Dorfs wird jetzt auf die Spitze getrieben. Ein Verwandter, Anselm Andersson, den er Onkel Anselm nennt, der einmal seiner Großmutter Lovisa das Leben gerettet hat, als die Neugeborene von ihrer zu diesem Zeitpunkt geistesverwirrten Mutter beinah mit dem Messer geopfert worden wäre, und der damit den Fortbestand der ganzen Familie gesichert hat, auch seinen eigenen, er greift nun im Gemeinderat ein, wo er für den Bauernverband sitzt.
    Er stellt den Antrag, dass jede finanzielle Unterstützung sportlicher Aktivitäten gestrichen werden soll und dass alle Fußballplätze umgepflügt und zum Nutzen der Volkswirtschaft bestellt werden sollen.
    Der Vorschlag wird mit breiter Mehrheit abgelehnt, ruft aber unter den Gottlosen in Västra Hjoggböle große Verbitterung hervor. Sie beschließen, ihren neuen Sportplatz im gottesfürchtigen Teil anzulegen, neben Onkel Anselms Anwesen, so dass er jeden Sonntag den Lärm von aufprallenden Bällen und die Rufe des
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