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Ein Alptraum für Dollar

Ein Alptraum für Dollar

Titel: Ein Alptraum für Dollar
Autoren: Pierre Bellemare
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der Eingeborenen, die Einweisung von Frauen und Kindern in Konzentrationslager. Das britische Volk verlangte nun nach neuen Taten, um die Krone wieder zu vergolden.
    Es ist wichtig, sich in diese Zeit zurückzuversetzen — nur so kann man vielleicht nachempfinden, aus welchen Gründen und aus welchem Stoff Helden gemacht werden.
     
    1903 — also gleich nach dem Burenkrieg — kehrt Robert Falcon Scott von seiner ersten Südpol-Expedition nach London zurück. Heute wissen wir, welch ein Fiasko es gewesen ist. Nicht weil er den Pol nicht gleich erreichte. Es war schon eine unglaubliche Leistung, so nah an den Pol heranzukommen! Aber wie die Reise verlief — das hat niemand erfahren. Und so empfängt die abgeblätterte Krone Seiner Majestät ihren Untertanen, den Captain der Royal Navy, mit offenen, dankbaren Armen und Ovationen ohnegleichen! Durch sein Buch mit dem schlichten Titel »Reise der Discovery« legt der Polarforscher auch wohltuenden Balsam auf die Wunden seiner in Mißkredit geratenen Burenkriegs-Kameraden. Die Armee kann — dank der Royal Navy — wieder erhobenen Hauptes in der ganzen Welt einen Helden vorzeigen: Captain Robert Falcon Scott.
    Mit dem Forschungsschiff »Discovery« und seinen beiden Gefährten Wilson und Shackleton kam er in der Tat ziemlich nah an den Südpol heran — mußte aber bei 82 Grad 17 Minuten umkehren — etwa 860 Kilometer vom Ziel entfernt. Daß die drei Navy-Offiziere nicht schon damals im ewigen Eis umkamen, grenzt an ein Wunder. Aber wie gesagt — die Öffentlichkeit hat es nicht erfahren.
    Nichts davon stand in der erbaulichen Fabel von britischer Zähigkeit. Captain Scott vergaß einfach in seinem Buch zu erwähnen, daß die harten Schicksalschläge nur auf seine Ignoranz und Inkompetenz zurückzuführen gewesen waren. So entstehen oft die Legenden, die auf sogenannten »historischen« Tatsachen beruhen!
    Scott und seine Begleiter hatten neunzehn Huskies mitgenommen — diese Schlittenhunde, die sich auf dem nördlichen arktischen Eis so ausgezeichnet bewährt hatten, daß sie schon längst von den Norwegern in den Adelsstand erhoben worden waren. Aber leider hatten die Briten nicht den geringsten Schimmer, wie man mit solchen Hunden umgehen muß. Sie dachten, sie wären halt Zugtiere wie Pferde oder Ochsen! Auf dem langen Marsch gen Süden mußten sie die Tiere eines nach dem anderen schlachten. Und da die Polarmannschaft vergessen hatte, eine Schußwaffe mit auf die Reise zu nehmen, blieb dem Marinearzt Dr. Wilson nichts anderes übrig, als die erschöpften, ausgehungerten Tiere mit einem improvisierten Skalpell abzustechen!
    »A brutal Business!« schrieb er in sein Tagebuch. Übrigens, die Huskies mußten nicht nur dran glauben, um von einem qualvollen Todeskampf erlöst zu werden, nein! Scott hatte auch vergessen sich zu erkundigen, wieviel Reisch so ein Tier pro Tag fressen muß. Er hatte viel zu wenig Hundefutter einkalkuliert, und so verschlangen die noch kräftigen lebenden Huskies die frischen Kadaver ihrer schwächeren Artgenossen. Bis der letzte Schlittenhund zusammenbrach. Von wegen »ein Engländer tötet keine Hunde«, wie Scott später schrieb!
    Bei seiner Rückkehr erzählte er in London, die Hunde hätten den klirrenden Frost der antarktischen Regionen nicht ertragen — und bei dem Leiden der Tiere hätte sein britisches Herz so geblutet, daß er sie gnädig »erlöst« hätte. Daß die Huskies vor Hunger nahezu verreckten, das wurde ja verschwiegen.
    Vor seiner Expedition hatte sich Captain Scott von dem berühmten norwegischen Polarforscher Nansen beraten lassen. Sein Gebiet war ja die Arktis im Hohen Norden, aber Eis ist Eis, und minus 30 Grad ist genauso kalt am Nordpol wie am Südpol. Nansen sagte Scott:
    »Wenn Sie die 2000 Kilometer auf dem Eisplateau hin und zurück schaffen wollen, dann müssen Sie auf Skiern laufen. Nur so haben Sie überhaupt eine Chance!«
    »Auf Skiern? Na gut, kein Problem! Danke für den Rat. Wir Briten... hätten nicht daran gedacht!«
    Also wurde die Polar-Mannschaft mit Skiern ausgerüstet. Aber Scott hielt es nicht für notwendig, ein wenig damit umgehen zu lernen. Und so kämpften sich die drei Briten im Grätenschritt hinauf zum Eis des Rossmeeres und stolperten auf dem unendlichen Eisplateau wie ein Anfängerkurs auf dem Idiotenhügel. Sie kamen dabei so langsam und mühsam vorwärts, daß die lange antarktische Winternacht sie bald einholte. Da erkannte Scott die Gefahr und gab den Befehl zur Umkehr.
    Aber
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