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Ein Alptraum für Dollar

Ein Alptraum für Dollar

Titel: Ein Alptraum für Dollar
Autoren: Pierre Bellemare
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argwöhnisch den dunklen Gang, jetzt entdeckt sie die neue, deutliche... ungewohnte Form. Sie starrt darauf, ohne zu begreifen. Sprachlos. Jetzt dreht sie sich um, geht zum Wohnzimmer und steht wieder vor dieser ungeheuerlichen Masse, vor dieser Mauer aus dicken Backsteinen! Sie läuft durch den Gang ins Eßzimmer und bleibt dort wie angenagelt stehen... »Das darf doch nicht wahr sein!«
    Völlig niedergeschmettert sitzt Madame Dumesnil vor dieser roten, rohen Mauer, die verächtlich das Zimmer in der Mitte teilt. Erdrückend, alles beherrschend. »Ja, gibt’s denn das?! Er hat die Wohnung... geteilt!«
    Ja. Und zwar mit einer langen, dicken Mauer! Keine dünne Spanplatte oder billige Gipsarbeit, sondern schöne, solide Maurerziegel bester Qualität!
    »Raymond! Raymond! Wo bist du? Bist du da? Was ist denn das ? Raymond?«
    Vorläufig findet Raymond es am besten, sich tot zu stellen. Er sitzt auch vor der Mauer — auf der anderen
    Seite versteht sich — und wartet mit zugeschnürter Kehle ab. Worauf? So genau weiß er es nicht, er wartet eben, und man kann nicht behaupten, er fühle sich wohl in seiner Haut. Aber was sein muß, muß sein! Er bleibt also mäuschenstill. Später wird er so tun, als käme er gerade nach Hause. Irgendwann, das ist ihm klar, muß er ja seine Festung verlassen. Er hört, wie Juliette jetzt die Mauer entlang bis zum Schlafzimmer geht. Er hat es auch geteilt! Eiskalt, genau in der Mitte, wie alle anderen Zimmer auch. Dieser letzte Teil der neuen »Einrichtung« wurde erst gestern fertig. Der Zement ist noch feucht, und Madame Dumesnil schlägt wütend mit den Fäusten und Füßen auf die roten Steine! Werden sie halten?
    Wieder schreit Juliette wie eine Furie:
    »Raymond! Was soll das? So antworte doch endlich!« Aber er gibt immer noch keinen Ton von sich. Seine Pfeife ist ausgegangen. Er steckt sie in seine Tasche und sammelt all seine Kräfte für den Sturmangriff. Jetzt ist es soweit: Juliette klopft, trommelt sogar an die linke Eingangstür, vor der fünfundzwanzig Jahre lang der schwere Schrank gestanden hat:
    »Ich flehe dich an, Raymond, antworte! Bist du da?«
    Ja, er ist da — aber viel zu feige, um jetzt schon vor seiner Frau stehen zu können. Er weiß ganz genau: nur ein Wort, ein einziges Lebenszeichen, und alles wäre umsonst gewesen.
    Er ahnt, was seine Frau in diesem Augenblick denkt, nachdem sie sich anscheinend wieder gefaßt hat. Seine Tat ist dermaßen übertrieben, so unglaublich, so verrückt, daß es sich ja nur um einen dummen, sehr bösen Scherz handeln kann! Diese Mauer kann sowieso kein Dauerzustand sein. Es wäre undenkbar, unmöglich.
    Was würden die Freunde, die Nachbarn sagen. Und die Familie erst! Morgen schon kommen die beiden alten reizenden Damen zurück. Es muß also etwas geschehen. Bald. Gleich. Sie muß mit Raymond reden und ihn zur Vernunft bringen, bevor es einen Skandal gibt.
    Gegen Mittag bekommt Monsieur Dumesnil Hunger. Trotz aller Aufregung! Und er hat ein großes Problem, denn die Küche hat er nicht »mitannektiert«. Da ist er großzügig gewesen, er kann sowieso nicht kochen. Draußen regnet es immer noch in Strömen. Also zieht er seinen Regenmantel an, öffnet vorsichtig »seine« Wohnungstür und will sich schnellstens ins Treppenhaus hinunterstürzen — da merkt er, daß die zweite Tür nur angelehnt ist — nicht richtig zu! Er läuft sofort in seine Wohnung zurück und knallt in der Aufregung die Tür zu! Ein verräterisches Geräusch! Jetzt sitzt er in der Falle — gefangen wie eine Maus im Käfig. Juliette weiß nun, daß er da ist, und sie wird keine Ruhe mehr geben. Sie wird versuchen, ihn durch Hunger kleinzukriegen.
    Na bitte, da ist sie ja schon und beginnt wild zu klopfen: »Raymond, hör mit dem Blödsinn auf!«
    Stille.
    »Raymond, wenn du nicht sofort die Tür aufmachst, hole ich den Hausmeister!«
    Stille.
    »Du bist total übergeschnappt, mein Lieber, total verrückt geworden! Ist dir wirklich nichts Besseres eingefallen als diese dumme Mauer?«
    Aber auch Drohungen und Beschimpfungen helfen nicht. Und da Madame Dumesnil einen Skandal auf alle Fälle vermeiden möchte, kehrt sie in ihre »eigenen« vier Wände zurück.
    Kein Waffenstillstand in Sicht.
    20 Uhr 30. Monsieur Dumesnil ist zwar der Appetit vergangen, aber er hat keinen Tabak mehr für seine Pfeife. Er könnte sich ohrfeigen, nicht daran gedacht zu haben!
    Wenigstens ein paar Vorräte hätte er einkaufen müssen! Als die letzten Rauchkringel zur Decke
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