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Eifel-Feuer

Eifel-Feuer

Titel: Eifel-Feuer
Autoren: Jacques Berndorf
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das Flechtwerk, er arbeitete unverdrossen weiter, werkelte blind und schnell. »Will er Geld, oder was will er?«
    »Er will Geld, das stimmt.«
    »Alle wollen Geld«, sagte er verächtlich. »Sie ham nur Geld im Kopp, nichts anderes. Immer nur Geld. Ich kenn dat.«
    »Es ist ein Elend«, brummte ich.
    »Wir dürfen da ja nicht runter«, er deutete mit einer Kopfbewegung an, daß er die Busse meinte. »Man hat uns gesagt, wir sollen unsere Arbeit machen, aber nicht irgendwie durchs Dorf laufen. Wieviel Geld will er denn?«
    »Eine halbe Million Dollar.« Ich nahm die Neuilly von Jeantet aus der Tasche und stopfte sie.
    »Das ist viel«, sagte er. »Ich hann ooch ne Piep.« Er hielt eine kurze Shagpfeife hoch, und ich gab ihm den Tabaksbeutel. »Hast du denn so viel Geld?« Er stopfte die Pfeife schnell und gekonnt.
    »Ich habe das Geld nicht, aber der Staat schießt es vor.«
    »Und was ist das für ein Kerl, ich meine, kennst du den?«
    »Nein, ich kenne den nicht.«
    Er gab mir den Tabaksbeutel zurück. »Also, wir haben ja die Todesstrafe abgeschafft, aber den Kerl sollte man ... Ist es nicht möglich, den Mann abzuschießen? Ich meine, wenn der so im Fenster steht? Mal muß der sich doch sehen lassen, oder?«
    »Das ist zu riskant, das geht nicht.«
    Warum ging das eigentlich nicht? Warum sollte so etwas nicht möglich sein? Konnten sie ihn nicht erschießen, wenn er an einem Fenster auftauchte? Einen Augenblick lang war ich in Versuchung, aufgeregt zu Trautwein zu rennen und ihm diese Frage zu stellen. Dann dachte ich: Sie werden längst darüber nachgedacht haben und sind zu dem Schluß gekommen, daß es nicht funktioniert. Aber warum funktionierte es nicht? Ich beschloß, danach zu fragen.
    »Und was ist, wenn er deiner Frau untern Rock geht?« Der Alte sah mich nicht an, er sah stur auf sein Flechtwerk.
    »So einer ist das nicht «, sagte ich, aber in diesem Moment glaubte ich es selbst nicht mehr.
    »Ich würde verrückt, und ich würde ihn totmachen.«
    Ich wußte nicht, was ich darauf antworten sollte. Ich ging einfach weiter, und als ich mich umdrehte, saß er da und steckte gerade eine frische Rute in das Geflecht. Es war so, als hätten wir nie ein Wort miteinander gewechselt.
    Oben auf dem Hügel lief ich weiter, bis ich den Weg erreichte, der an einem Kiefernwäldchen vorbei einen Bogen um das Dorf schlug. Ich suchte mir einen schattigen Platz mit langem Gras und legte mich hin. Ich starrte in den blauen Himmel und stellte mir vor, was ich mit Cottbus anfangen würde, wenn die Möglichkeit bestand, ihn anzugreifen.
    Ein bestimmtes Bild wiederholte sich immer wieder. Er stand vor einer hölzernen Schuppenwand, und ich rannte mit einer Mistforke auf ihn los und versuchte, sein Gesicht zu treffen. Ich traf das Gesicht nicht, aber seinen Hals, und alles war voll Blut. Ich mußte zusehen, wie er starb. Ich konnte mich nicht abwenden. Und er versuchte, sterbend etwas zu sagen, und brachte es nicht mehr zustande.
    Ich wachte mit einem Schrei auf. Rodenstock stand neben mir und sagte: »Du hast nur geträumt, Junge, schlecht geträumt.«
    »Wieso, um Gottes willen, erschießt ihr den Mann nicht einfach, wenn er an einem Fenster vorbeigeht? Das ist doch so einfach.«
    »Das ist es eben nicht«, sagte er. »Komm, wir fahren zu den Frauen ins Dorint. Hier ist nichts los. Das einzig Neue ist, daß der Hubschrauber morgen früh um acht Uhr einfliegen wird. Pünktlich auf die Minute mit dem Geld und vollgetankt.«
    »Was ist, wenn wir Nebel kriegen?«
    »Wir kriegen keinen Nebel«, meinte er. »Sie haben die Meteorologen angerufen. Morgen früh wird es keinen Nebel geben. Komm, laß dich ablenken, tu mir den Gefallen. Wir könnten Eis essen oder so was. Ich muß irgend etwas essen.«
    »Ich kann hier doch nicht weg«, sagte ich.
    »Sicher kannst du das«, widersprach er unerbittlich.
    Ich trottete also neben ihm her in das Dorf hinunter, und wir hockten uns in den Polo und fuhren Richtung Daun.
    »Jetzt sag mir endlich, warum sie ihn nicht einfach durch ein Fenster erschießen?«
    »Er hat einen Faustkontakt.«
    »Einen was?«
    »Einen Faustkontakt«, wiederholte er leise. »Er hat zwei Metallplättchen in der rechten Hand. Eines auf dem Muskel, der den Daumen steuert. Maus nennen wir den Muskel. Das andere Plättchen hat er zwischen dem Mittel- und dem Ringfinger. Nehmen wir an, er wird getroffen und er stirbt, dann wird die Hand sich verkrampfen, sie wird sich schließen. Und Dinah wird explodieren.«
    »Kannst
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