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Ehemänner

Ehemänner

Titel: Ehemänner
Autoren: Angeles Mastretta
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gab nicht eher auf, bis er die Produktion um das Zwanzigfache gesteigert hatte. Das Trinken gab er nicht auf. Aber dafür war er fleißig. Auf diese Weise machte er ein Vermögen.
    Unterdessen gebar Ana noch zwei Kinder. Da die Kinder im Abstand von fünf Jahren zur Welt kamen, hatte sie sowohl die Probleme als auch die Freuden einer Mutter von drei Einzelkindern. Es ging ihr gut. Das Geschäft hatten die zwei Schwestern um drei Filialen erweitert, und jetzt befehligten sie ein kleines Heer von Frauen, wie manche Männer ein Heer von Männern. Diskriminierung gab es bei ihnen höchstens im umgekehrten Sinne, was in ihren Augen nicht nur recht und billig war, sondern auch erforderlich, solange es in den meisten anderen Geschäften keine Frau gab, schon gar nicht eine, die die Hosen anhatte.
    Irgendwann fing Ana an, bevor sie sich auf den Weg zur Arbeit machte, frühmorgens zu joggen, auch um gegen das Gefühl der zerrinnenden Zeit anzulaufen. Sie joggte gerade am Fluss entlang, als eine zweifelhafte Freundin – wahre Freundinnen würden nie weitertratschen, was ihnen der Wind zuträgt – Andeutungen machte, ihr Gatte habe eine Geliebte, eine, die seine Vorliebe für Pferde und die Berge teile.
    Auch das kann vorkommen, sagte sich Ana, und anstatt sich aus der Ruhe bringen zu lassen, ließ sie den Fluss Fluss sein und fing an, unter lauter Zwirn nach Vergangenem zu forschen.
    Sie traf sich mit ihm, als hätten sie sich erst am Vor abend getrennt. Sie brauchten keine Worte, denn sie hatten aufeinander gewartet. Er war immer noch schlank, ohne Bauchansatz. Arrogant, aber sympathisch, ein wenig geizig, wie gehabt, nüchtern nur am Morgen und leidenschaftlich wie in ihrer Erinnerung. Jetzt trennten sie sich nicht mehr vor der Haustür, ohne den Stoff ihrer Liebe gewirkt oder sich ein Wort oder einen Vorwurf, eine Liebkosung oder eine heftige Erregung erlaubt zu haben.
    Der einzige Vorwurf, den sie sich ersparten, war vielleicht die Zukunft. Sie lebten im Hier und Jetzt wie auf einer eisernen Brüstung, auf einem schmalen, aber stabilen Grat, von dem sie niemals absteigen wollten. Jeder von ihnen besaß ein eigenes Heim, eine eigene Welt, und jeder wusste, dass seine ganze Welt auch woanders sein konnte.
    In wenigen Jahren lernten sie alle günstig gelegenen Hotels der Stadt kennen. An einem oder zwei Nachmittagen verbrachten sie die Siesta miteinander, mindestens zehnmal am Tag telefonierten sie und bei Tagesanbruch vermissten sie sich. Dann diente ihm sein Kummer als willkommener Vorwand, um alles, was er kriegen konnte, in sich hineinzuschütten, und seiner Ehefrau machte er das Leben schwer. In der gleichen Zeit versorgte Ana ihren Garten und ihre Kinder, erledigte ihre Arbeit und vertiefte die freundschaftlichen Bande zu ihrem Ehemann. Schließlich kam es soweit, dass Juan sich scheiden ließ und Ana nicht.
    Dieses Missverhältnis brachte ihre Beziehung unweigerlich aus dem Gleichgewicht. Die Zeit, derer er zu viel besaß, fehlte ihr ständig. Er lebte allein, während sie von vielen Menschen umgeben war. Selbst ihre Mutter und ihre Schwiegermutter zogen schließlich in ihre Nachbarschaft. Ununterbrochen hatten die Kinder Freunde zu Gast, und samstags und sonntags wollte ihr Mann sie für sich haben. Mit der Zeit fing der arme Juan an, sich über seine unglückliche Lage zu beklagen, bis er Ana eines Tages vor die Wahl stellte: entweder er oder ihre Familie, er oder ihre andere Welt, die sich in ihrem Kopf immer breiter mache, er oder er, er oder nichts. Nichts wie er. Nichts, nur er.
    Sie hatten sich bis zur Erschöpfung geliebt, und obwohl Ana sich am liebsten nicht von der Stelle gerührt hätte, nicht für alles Gold der Welt, machte sie sich jetzt, schweren Herzens, aber unabänderlich, auf den Weg heim in ihre goldene Welt, die Welt, die sie andernorts besaß.
    »Wohin gehst du?«, fragte er, während er die Hand in Richtung Nachttischschublade ausstreckte, um nach einer Schere zu suchen.
    »Wie kann man nur so hartnäckig sein, Tag für Tag fragst du, was du ohnehin schon weißt.«
    »Ich werde nie mehr trinken, ich verspreche es dir.«
    »Versprich es dir selbst, das bist du dir schuldig. Dir und dem, was wir nicht haben konnten.«
    Juan lächelte traurig mit dem Blick des Verlassenen. Sie tastete unter dem Laken nach ihren Spitzendessous. Derweil griff seine Hand nach dem dunklen Flaum zwischen ihren Schenkeln. Er streichelte die Stelle.
    »Wie hübsch du das hast. Wenn du schon gehen musst, lass mir
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