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Ehemänner

Ehemänner

Titel: Ehemänner
Autoren: Angeles Mastretta
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schlechtes Ende genommen hätte.
    Wer weiß schon, warum das Leben ausgerechnet solchen Menschen ein Bein stellt, die von außen gesehen gar nicht anders können, als für den Rest ihres Lebens ein Paar zu bleiben; aber manchmal geschieht es, wie gesagt, und dann trauern nicht nur die beiden, sondern die ganze Welt wird merklich einen Hauch trauriger.
    Im 20. Jahrhundert wurden Ana García und Juan Icaza, große Namen jener kleinen Stadt, in dem Moment zum Paar, als besagte Treppe sie mit ihrem magischen Zauber belegte. Ana befand sich auf dem Weg hinauf, und er kam von oben herunter, als die Luft zwischen ihnen von dem Geruch unter ihren Kleidern gestreift wurde. Sie trug ein weißes Kleid, denn es war heiß. Er hielt in der Hand einen Cordobeser Hut, mit dem er jeden glauben machte, er sei auf dem Weg zum oder vom Stierplatz.
    Zu jener Zeit war es dort noch Sitte, dass die Männer den Frauen den Hof machten, und dafür brauchte er gerade mal eine halbe Minute. Er fragte sie, ob sie die Tochter ihres Vaters sei, und erklärte ihr, er stelle den Zwirn her, mit dem der gute Señor seine Stoffe webe. Und dann fügte er noch hinzu, sie erinnere ihn an eine Friedenstaube, woraufhin sie ihm lächelnd entgegnete, die Tauben befänden sich doch ständig im Krieg, immerhin gebe es keinen Platz, keinen Glockenturm, der das Gegenteil beweise, und einer Frau in Weiß sei ohnehin nie über den Weg zu trauen.
    Sie hatte die alte Weisheit, nach der Ironie bei Männern nicht ankommt, vergessen und sich zu ebensolcher hinreißen lassen. Fortan sollte ihre Beziehung ihre Hochs und Tiefs erleben, sooft Ana das Unabänderliche mit Spott bedachte. Das galt etwa für Juans Selbstverliebtheit, seine Geschwätzigkeit, seine maßlose Eitelkeit und die Tatsache, dass man ihm den notorischen Trinker ansah.
    Eine Zeitlang waren sie ein Paar. Eines von denen, die sich noch vor der Haustür verabschieden, wo ihr Rendezvous eigentlich erst richtig hätte beginnen sollen.
    Einmal ging er nach solch einem Abschied mit seinen Freunden noch einen trinken, und aus dem Umtrunk wurde im Nu ein Techtelmechtel mit einer Rothaarigen. Am nächsten Morgen erwachte die halbe Stadt zu dem Getuschel, Icaza habe mit einer Gringa getanzt, die an ihm geklebt habe wie eine Briefmarke.
    »Ich war doch betrunken«, entschuldigte er sich.
    »Umso schlimmer«, sagte Ana und löste sich aus der Umarmung, die kaum eine gewesen war.
    An jenem Morgen und an den dreißig folgenden stand Juan singend unter Anas Balkon, und während sie sich taub stellte, bedauerte der Rest ihrer Familie, es nicht zu sein. Begleitet wurde er von einem Mariachi, der alle Lieder von vorne bis hinten auswendig kannte, in denen an irgendeiner Stelle eine undankbare Taube besungen wird. Ganz zu schweigen von der schwarzen Taube oder der geliebten Taube, derjenigen, die sich am Fenster niederlässt, oder einer anderen, die niemals kommt, der Taube, in deren Armen man die nie erträumte Liebe erfahren hat, derjenigen, die sehr wohl weiß, dass es ihn zerstören wird, sollte sie je den Glauben an ihn verlieren.
    Doch sosehr sie sich auch die Kehle aus dem Leib sangen, weder der Mariachi noch die Tauben und am allerwenigsten Juan fanden Pardon.
    Später wurde Juan Torero, und Ana eröffnete einen Laden. Sie tat sich mit ihrer Schwester zusammen, um die Stoffe zu verkaufen, die ihr Vater herstellte. Es sollte nicht lange dauern, bis beide einen anderen Partner heirateten. Wie es soweit kommen konnte? Solche Dinge passieren eben. Ana brachte eine Tochter zur Welt, und Juan hing den Stierkampf wieder an den Nagel, um für seinen ersten Sohn und bald auch für den zweiten zu sorgen und für seine Frau, die zwar wenig sprach, aber dafür über alle Welt schlecht. Das Geschäft, in dem die beiden Schwestern die Stoffe aus der kleinen Fabrik, die ihnen ihr Vater vererbt hatte, en gros an den Einzelhandel weiterverkauften, lief immer besser. Bald florierte das gesamte Unternehmen.
    Inzwischen arbeitete Juan wieder in der Spinnerei, die seiner Familie gehörte und die ohne seinen tatkräftigen Einsatz an den Rand des Ruins geraten war. Wer weiß, was für eine Sehnsucht den Vater in sein spanisches Heimatdorf zurückgetrieben hatte, während der Sohn mit den Stieren kämpfte; jedenfalls lag das Geschäft bei Juans Rückkehr halb vergessen am Boden. Juan, der ein Dickkopf war und alles, was in seinem Leben bisher schiefgelaufen war, wiedergutmachen wollte, beschloss, die Firma zu neuem Leben zu erwecken, und
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