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Ehe auf krummen Beinen

Ehe auf krummen Beinen

Titel: Ehe auf krummen Beinen
Autoren: Hans Gruhl
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«Er war noch nie beim Fotografen.»
    «Dafür hat er es aber sehr schön gemacht. Passen Sie auf, der kommt mal zum Film.»
    «Ich werde ihm den Hintern vollhauen», sagte die junge Frau.
    Aber erst saubermachen, dachte ich.
    Dann zogen Mama und Sohn von hinnen, und Eva machte die Fenster auf, damit der nächste Kunde nicht denken sollte, es röche immer so bei uns.
    Der letzte war ein Mann. Er war schwarz gekleidet und sah so traurig aus, als wollte er zum eigenen Begräbnis. Er war Stadtsteuerinspektor und wahrscheinlich so vergrämt über die zahlreichen Hinterziehungen. Es war nicht möglich, ihn zum Lachen zu bringen, und wir nahmen ihn so, wie er war, traurig und en profiich, um nur die eine traurige Hälfte drauf zu haben.
    Alsdann war es hohe Zeit zum Mittagessen. Wir aßen im Gefühl freudig erfüllter Pflicht und getaner Arbeit. Nach der Mittagsruhe klapperte Eva in der Dunkelkammer herum und entwickelte die reiche Dame, den Säugling mit den vollen Hosen und den melancholischen Inspektor. Währenddessen döste ich auf dem Fensterbrett, schnappte dann und wann nach einer Fliege und wartete auf das Oberhaupt unserer Familie. Man konnte merken, daß er Beamter war. Pünktlich ein Viertel vor fünf rollte er an. Er hupte, Eva öffnete die Wohnungstür, und ich wetzte die Treppen hinunter und ihm entgegen. Nach der üblichen Begrüßungszeremonie, bei der ich einen Spezialtanz aufführe und ein kleines Lied singe, betraten wir das traute Heim.
    Eva bekam einen Kuß und zur Feier des ersten Arbeitstages Pralinen gehobener Qualität. Ich weiß das, weil ich gleich darauf eine zu mir nahm.
    Dan warf sich in den Sessel und verlangte nach kühlem Whisky. Er wurde sogleich kredenzt.
    «Wie war's?» fragte Eva.
    «Der alte Saftladen. Gustav, die Flasche, ist weg und hat mir einen Haufen unerledigten Quatsch zurückgelassen. Vier Mopeds, zwei Autoreifen, ein geknackter Automat, drei aufgebrochene Gartenlauben und so weiter. Und der Alte hat schlechte Laune, weil er wieder nicht Kriminalrat geworden ist. Das wär's.»
    «Vielleicht wirst du es.»
    «Nicht mit dieser Führung. Mir fehlt der nötige Ernst, weißt du. Ich hätte es lieber mit der gegenteiligen Laufbahn versuchen sollen. Als Einbrecher.»
    «Der Unterschied macht dir nichts aus?»
    «Nicht viel. Eigentlich nur die fehlende Altersversorgung.»
    «Die wäre doch im Gefängnis gesichert.»
    «Schon. Aber was wird aus dir?»
    «Wenn du gut gearbeitet hast...»
    «Ja, wenn. Bei uns kriegst du die Pension auch, wenn du weniger gut arbeitest. Aber in der Laufbahn halten sich nur Spitzenkräfte.»
    «Kein Wunder, daß sie dich halten. Bei solchen Kommissaren.»
    Nach dieser grundlegenden Auseinandersetzung über das Wesen des Polizeiberufes erzählte Eva von unserer Arbeit. Dan war voller Anerkennung.
    «Wenn ich dich nicht hätte, müßte ich verhungern», sagte er.
    «Du bist doch vorher nicht verhungert.»
    «Da war's auch nicht so teuer. Hältst du was von Abendbrot?»
    «Alles.»
    Wir machten noch einen Abendspaziergang durch den Park. Ich durfte ohne Leine laufen und suchte meine Stammbäume auf. Ich prüfte sie sorgfältig vor Gebrauch, denn ich liebe es gar nicht, wenn Unbefugte sie benutzen.
    Der Wind war jetzt schon kühler, und die Sonne rutschte schneller ab. Die Blätter bekamen gelbe Ränder und einige von ihnen gaben es schon auf und ließen sich fallen. Bald würde der Schnee kommen, mit nassen Pfoten und Viehsalz, das so scheußlich brannte, wenn man nicht aufpaßte und darüberlief.
    Ich freute mich aufs Bett.
    Am nächsten Vormittag mußten Eva und ich auswärts arbeiten. Dan war mit der Straßenbahn gefahren und hatte das Auto dagelassen. Eva packte Apparate, Filme, Stativ und Blitzkasten hinein. Ich nahm neben ihr Platz.
    Wir kurbelten durch den Verkehr bis zu einem fremden Stadtteil. Eva fuhr in den Hof eines fünfstöckigen Warenhauses, wo ich vor Krach mein eigenes Bellen nicht hören konnte. Sie nahm das Handwerkszeug mit. Der Fahrstuhl trug uns nach oben, dann wanderten wir durch lange Gänge. Wir landeten in einem weiten, hellen Raum mit Sesseln, Teppichen, Kleiderständern und Spiegeln. Eva wurde von einer majestätischen Dame begrüßt. Hinter einem Samtvorhang kam das Geschnatter von Mädchenstimmen hervor. Gleichzeitig nahm ich einen Geruch wahr, der mir bekannt erschien, aber ich wußte nicht mehr, wo ich ihn hintun sollte.
    Dann ging der Zauber los.
    Ein Mädchen kam heraus mit einem Kostüm, an das man sich erst gewöhnen mußte.
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