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Egeland, Tom

Titel: Egeland, Tom
Autoren: Frevel
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Schlösschen von allen Erinnerungen an Papa gereinigt.
    Zum Schluss gab es nur noch mich.
    ∗ ∗ ∗
    A ls Mama den Professor zum ersten Mal in unserem Haus übernachten ließ –es war ein Freitag und es war spät –, schloss ich mich in meinem Zimmer ein. Um das Lachen auszusperren, das Gläserklirren dort draußen. Als Mama mir Gute Nacht sagen wollte, tat ich so, als schliefe ich bereits.
    Mitten in der Nacht, als es auf der Treppe knirschte, kletterte ich auf die Veranda, um hinter dem Spalt der Gardine zu beobachten, wie Mama und der Professor ins Schlafzimmer kamen. Und die Tür abschlossen. Und die Kleider auf den Boden fallen ließen.
    Still in einer Ecke, bewegungslos, unsichtbar, stand Papa.
    Sie hatten getrunken. Der Professor war erregt. Mama versuchte, ihn ruhig zu halten.
    Mein Herz kämpfte wie ein eingesperrtes Tier, aus Furcht und versteckter Erwartung.
    In den Wochen danach strafte ich sie mit meinem Schweigen.
    Später gab es andere Spielchen …
    ∗ ∗ ∗
    E in halbes Jahr nach Papas Tod heiratete Mama den Professor. Papas Kollegen und besten Freund. Man sehe mir nach, wenn mein Lächeln verkrampft wirkt.
    In dem Jahr, in dem mein Halbbruder zur Welt kam, verkauften Mama und der Professor unser hölzernes Schlösschen. Ich zog nicht mit ihnen um. Als ich Mama sagte, ich würde mir ein Zimmer suchen, schien sie erleichtert aufzuatmen –wie nach einer langen Wanderung, an die man sich gerne erinnert –und stellte ihr Dasein auf null.
    9
    MAMA UND DER PROFESSOR wohnen in einer kalkweißen Steinvilla in Bogstad. Sie nennen es den unteren Holmenkollen. Das Haus erstreckt sich über zweieinhalb Stockwerke und sieht aus, als wäre es in einem dreiwöchigen Dauersuff entworfen worden. Klar, dass der Architekt reichlich Preise dafür bekommen hat. Es ist ein einziger Wirrwarr aus Winkeln und Erkern, Wendeltreppen und versteckten Wandschränken, in denen Mama wie zufällig ihr Arsenal an angefangenen Flaschen unterbringen kann. Im Vorgarten hinunter zum Weg wuchern gelb blühendes Fingerkraut, Schweizer Rhododendron und Lili-Marleen-Rosen, doch das Einzige, was man riecht, ist der strenge Geruch von Unkrautvertilgungsmittel und Rindenmulch. Die terrassierten Rasenflächen vor dem Haus sind mit einer Wasserwaage angelegt worden. Auf den extra importierten schottischen Schieferplatten hinter dem Haus stehen eine Hollywoodschaukel, in deren Kissen man ertrinken kann, und ein riesiger Grill, den ein Freund des Professors geschmiedet hat. Daneben ein Springbrunnen mit einem zwittrigen Engel, der pinkelt, sich erbricht und dabei in den Himmel lacht. Jeden Freitag kommt ein Gärtner und kümmert sich um den Garten. Am gleichen Tag kommen auch die Mädchen von der Putzfirma. Ein anstrengender Tag für Mama.
    Als sie die Tür öffnet und mich gesund und mit heiler (wenn auch blasser) Haut draußen auf der Treppe stehen sieht, klatscht sie in die Hände. Ich umarme sie. Das tue ich sonst nicht. Solche Liebkosungen sollte man rationieren. Außerdem verabscheue ich den Gestank von Vademecum, der ihren Alkoholdunst überlagern soll. Ich bin nicht zu ihr gekommen, weil ich Lust dazu hatte, sondern um sie zu beruhigen. Und um sie daran zu erinnern, was für einen Tag wir haben.
    Die Küche ist hell und groß. Der Kiefernboden stammt von einem Hof in Hadeland. Sie hat Kaffee gekocht. Der Professor hat eine auf dem ganzen Tisch ausgebreitete Zeitung zurückge lassen.
    » Willst du einen Fisch ausnehmen? «, sage ich, um einen Witz zu machen.
    Sie lacht nonchalant. Als wolle sie unterstreichen, dass si e z war Hausfrau sei, solche Drecksarbeit aber von anderen erledigt werden müsse. Sie stellt das kleine Radio am Fenster an. Mama ist abhängig von den Neunuhrnachrichten. Wie von so vielem anderen.
    » Du hast die Fische immer von anderen säubern lassen «, sage ich. Das ist eine Anspielung. Auf etwas, das vor langer Zeit geschah. Sie sollte sich erinnern. Und sich schämen.
    » Du, Trygve hat gerade angerufen. «
    Sie wartet meine Antwort ab. Ich gebe ihr keine.
    » Er ist sehr aufgebracht. Du sollst dich sofort bei ihm melden. Was hast du jetzt wieder für einen Unsinn angestellt, Lillebjørn? «
    » Unsinn? Ich? «, sage ich und klinge wie ein Unschuldslamm.
    » Kannst du ihn nicht trotzdem anrufen? «
    » Später. «
    » Es ist furchtbar wichtig. «
    » Ich weiß, worum es geht. «
    » Er ist wütend. «
    » Ich werde ihn nachher anrufen «, lüge ich.
    » Du, heute Abend wollen wir Steaks essen. Ich hab
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