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Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Titel: Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut
Autoren: Declan Hughes
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und Sohn?«
    »Eigentlich nicht. Obwohl sich Barbara wirklich Mühe gibt. Sie hat Peter immer vorgehalten, er hätte aus eigener Kraft etwas werden sollen, sein Vater hätte schließlich auch bei null angefangen und es weit gebracht, und Peter hätte es im Leben viel zu leicht gehabt. Ich würde ihr dann immer gern erwidern: Wenigstens musste sein Vater nicht dich als Mutter ertragen.«
    »Ich habe Barbara bei der Beisetzung gesehen. Sie hat sich gut gehalten für ihr Alter.«
    »Sie hat das Geheimnis ewiger Jugend entdeckt. Jeden Sommer fährt sie in eine Klinik in den Staaten, und wenn sie zurückkommt, sieht sie fünf Jahre jünger aus.«
    »Nimmt Peter sich zu Herzen, was seine Mutter sagt?«
    »Ich glaube schon. Ich weiß, dass es ihn getroffen hat. Und vielleicht … weißt du, diese Wohnungen, die er gekauft hat, das hat er alles erst in letzter Zeit gemacht. Vielleicht war das ja der Versuch, seinen eigenen Weg zu gehen. Vielleicht waren das seine (Gelegenheiten). Aber mein Gott, er ist erst fünfundzwanzig, man muss ihm doch Zeit lassen.«
    »Fällt dir sonst noch etwas ein?«
    »Also … an dem Freitag … Peter und ich wollten uns eigentlich treffen, um … über ›alles‹ zu reden, du weißt schon.«
    »Wolltet ihr euch scheiden lassen?«
    »Lieber Himmel, nein. Aber vielleicht eine … eine Trennung auf Zeit. So haben wir das doch früher immer genannt, als wir noch jung waren und es eigentlich keine Rolle spielte. Und Peter ist eben heute jung. In mancher Hinsicht ist das ja auch toll.« Linda verzog den Mund zu einem anzüglichen Lächeln, das keinen Zweifel daran ließ, welche Hinsicht sie meinte.
    »Und außerhalb des Schlafzimmers?«, fragte ich.
    »Außerhalb des Schlafzimmers haben wir uns nicht mehr viel zu sagen.«
    Der silberne Kater hatte sich auf Lindas Terrasse niedergelassen und fing an zu maunzen. Linda drehte sich zu mir und fasste mich am Arm.
    »Kannst du Peter finden?«
    »Ich weiß es nicht. Erst mal brauche ich Unterlagen über seine Bankgeschäfte, seine Telefonate und noch verschiedene andere Sachen. Aber ehrlich gesagt, für mich hört sich das an, als wollte er nicht gefunden werden.«
    »Das weißt du doch gar nicht.«
    »Stimmt. Aber wenn Erwachsene einfach verschwinden, dann meist, weil sie es so wollen. Und wenn jemand nicht gefunden werden will, ist die Sache ziemlich schwierig. Aber ich denke darüber nach. In Ordnung?«
    Linda beugte sich zu mir, küsste mich auf die Wange und setzte ein Lächeln auf, um mir zu beweisen, wie tapfer sie war. Nachdem wir vereinbart hatten, am nächsten Morgen weiterzureden, stieg sie aus und ging die Einfahrt entlang. Der Kater sprang auf und strich ihr um die schlanken Waden. Linda öffnete mit der Fernbedienung das Sicherheitstor, und ich wendete den Wagen und fuhr zurück auf die Zufahrtsstraße. Im Rückspiegel sah ich Linda in der Haustür stehen und rauchen. Als ich in die Castlehill Road einbog, stand sie immer noch da, der Mond schien ihr bleich ins Gesicht, und der Rauch schlängelte sich um ihr glänzendes Haar. Ihr süßer Duft hing noch an mir, ich hatte ihren salzigen Geschmack auf den Lippen, und mir wurde klar, wie sehr ich sie den ganzen Abend gewollt hatte, wie sehr ich sie auch jetzt noch wollte. Ich umklammerte das Lenkrad, trat aufs Gas und fuhr davon, ohne mich noch einmal umzusehen.

Zwei
    Meine Mutter hatte in einem Backsteinreihenhaus in Quarry Fields gelebt, einem grünen Viertel zwischen Bayview und Seafield. Als ich noch klein war, galt Quarry Fields nicht als besonders gute Gegend. Die Somerton-Blocks waren gleich um die Ecke, und auf der anderen Seite der Hauptstraße lag Fagan’s Villas, wo meine Eltern ihre Kindheit verbracht hatten – eine ziemlich lausige, wie sie immer sagten. Inzwischen waren die Somerton-Blocks längst verschwunden, in den Straßen von Fagan’s Villas parkte ein Geländewagen hinter dem anderen, und ein Haus in Quarry Fields war sehr viel mehr wert, als ich mir vorstellen konnte. Zumindest hatten mir das diverse Trauergäste versichert.
    Trotz aller Veränderungen wirkten die Straßen vertraut, als hätten sie auf mich gewartet, als wäre ich nie weg gewesen. Vertraut, aber auch fremd: Ich war unterwegs zum Haus meiner Mutter, aber sie wohnte nicht mehr dort, sie verbrachte ihre erste Nacht allein in einem frisch ausgehobenen Grab ganz in der Nähe des steinigen Strands von Bayview, wo sie früher immer mit mir hingegangen war. Als ihr Sarg in das Grab hinabgelassen wurde, hatte ich
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