Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Titel: Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut
Autoren: Declan Hughes
Vom Netzwerk:
aufs Meer geschaut und an ihren ersten Besuch bei mir in L. A. gedacht: Ich war mit ihr nach Zuma Beach hinter Malibu gefahren, sie hatte gelächelt, als sie das Meer roch, und aufgeregt meine Hand gedrückt, und wir waren zusammen schwimmen gewesen, so wie wir es immer getan hatten und jetzt nie wieder tun würden.
    Ich parkte den Mietwagen vor dem Haus und öffnete das rostige schwarze Gartentor. Eine wuchernde Hecke aus Stechpalmen, Eiben und Zypressen schirmte den verwilderten Vorgarten zur Straße hin ab, und in der Einfahrt machten sich ungepflegte Rosenbüsche breit. Bröckelndes Mauerwerk, verrottende Fensterrahmen, fehlende Dachziegel – alles erzählte dieselbe Geschichte: Das Haus war meiner Mutter schon lange vor ihrem Tod zu viel geworden. Zum x-ten Mal an diesem Tag dachte ich, ich hätte früher zurückkommen sollen, und zum x-ten Mal trieb mir dieser blöde, sinnlose Gedanke die Schamröte ins Gesicht.
    Als ich gerade die Verandatür aufschließen wollte, hörte ich hinter mir ein Knirschen auf dem Kiesweg. Im Türglas sah ich einen Schatten näher kommen, und über meiner linken Schulter blitzte etwas im Mondlicht auf. Ich schob die Schlüssel zwischen die Finger der linken Hand und rammte dem Schatten mit aller Kraft den rechten Ellbogen in die Körpermitte. Gleichzeitig schlug ich mit dem Schlüsselbund dahin, wo ich seinen Arm vermutete.
    Ein dumpfes Ächzen, ein Schmerzensschrei, ein metallisches Scheppern auf Beton. Ich drehte mich um und sah Tommy Owens zusammengekrümmt in die Rosen reihern. Seine linke Hand war blutig, und zwischen den Nachtviolen an der Gartenmauer lag eine halbautomatische Pistole.
     
    * **
    Nachdem Tommy Owens mich als Faschisten und Psychopathen beschimpft, seine Wunden gesäubert und verarztet, sich den Mund ausgespült und weit von sich gewiesen hatte, dass es auch nur ansatzweise leichtsinnig gewesen sei, mir eine Pistole an die Schläfe zu halten, saß er im Wohnzimmer und machte kurzen Prozess mit meinem zollfreien Laphroaig.
    Das kompakte schwarze Stück Waffenmetall, das neben der Whiskyflasche auf dem Couchtisch lag, war eine Glock 17. Neben der Glock lag ein Magazin für siebzehn Neun-Millimeter-Patronen. Im Gegensatz zum Laphroaig war das Magazin voll.
    »Wo hast du die Waffe her, Tommy?«, fragte ich zum wiederholten Mal.
    »Ist doch egal. Scheiße, Mann, wie’s hier aussieht! Genau wie damals, als ich für deinen Alten gearbeitet hab. Wie lange ist das her, zwanzig Jahre? Mindestens.«
    »Es ist nicht egal, Tommy. Das ist eine Pistole.«
    »Ich meine, Kohle hat deine Alte doch gehabt, oder? So schlecht können die bei Arnott’s nicht gezahlt haben. Und Angestelltenrabatt hat sie sowieso gekriegt. Diese Teppiche und Gardinen, schlimmer als das schlimmste Bed and Breakfast. Und die Heizungen … nix für ungut, aber die klingen garantiert wie ’n Whirlpool, wenn man sie anmacht.«
    Tommy trank sein Glas aus und griff nach der Flasche. Ich war schneller. Mein Bedarf an Besoffenen war für den Abend gedeckt.
    »Ach komm, Mann, ich steh unter Schock, und du bist schuld.« Das ›Mann‹ war unbetont, wie hier üblich. Seit einer Ewigkeit hatte ich das nicht mehr gehört.
    »Tommy, du sagst mir jetzt, wo die Pistole her ist, sonst rufe ich Dave Donnelly an und frage ihn, ob du einen Waffenschein hast.«
    Tommy grinste höhnisch, was zusammen mit den schmalen Augen und dem zottigen Ziegenbärtchen sein wieselhaftes Aussehen noch verstärkte.
    »Ich hab euch zwei heute vor der Kirche gesehen. Wusste gar nicht, dass du so dick mit den Bullen bist. Detective Sergeant Donnelly.«
    »Er hat mir sein Beileid ausgesprochen, Tommy. Kann man von dir nicht behaupten.«
    »Kirche pack ich nicht, Mann, ich halt das ganze Theater nicht aus. Aber ich war da, ich hab euch allen zugeguckt. Heute Nachmittag war ich auch am Grab.«
    »Ach ja? Warum bist du dann nicht ins Bayview gekommen?«
    »In ’n Hotel? Hotels pack ich nicht, Mann. Kirchen, Hotels – vergiss es.«
    So war Tommy schon immer gewesen. Alles, was ihm bürgerlich vorkam, was Leute ansprach, die er vermutlich immer noch als »Normalos« bezeichnete, oder was auch nur ansatzweise mit dem üblichen Lauf der Welt konform ging, damit wollte Tommy nichts zu tun haben. Das betraf nicht nur Hotels und Kirchen, sondern auch Supermärkte, Clubs, Restaurants, Pubs – mit Ausnahme vom Hennessy’s – und Cafés. Als er mich, nachdem seine Ehe gescheitert war, in L. A. besucht hatte, wollte er nirgendwohin, außer in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher