Echo des Zorns (German Edition)
Max, all das Blut …
»Ganz ruhig.« Hyde stand vor ihr und wand ihr vorsichtig die Waffe aus den Fingern. »Agent Kennedy … Sam, alles in Ordnung mit Ihnen?«
Ihre Zähne klapperten. Die Eiseskälte ließ sie am ganzen Körper zittern. »M… Max …« Er war alles, was sie in diesem Augenblick interessierte. Er war für sie ins Wasser gegangen. Er hatte seinen Körper als Schild eingesetzt, um sie zu beschützen.
Er war bereit gewesen, für sie zu sterben, und sie war mehr als bereit gewesen, für ihn zu töten.
Sie eilte zu ihm und sank neben ihm auf die Knie. Seine Augen, diese so blauen Augen, standen offen.
Sie berührte seine Wange.
»Wo bleibt der Notarzt?«, donnerte Hyde.
»Das können Sie nicht tun!«, schrie Quinlan. »Ich bin das Opfer, ich bin …«
»Sie sind ein Killer«, schnitt Dante ihm das Wort ab.
Sam beugte sich ganz nah zu Max. Seine Haut war so fahl, und sein Körper zitterte genau wie ihrer. Zu kalt. »Jetzt wird alles gut«, wisperte sie. »Jetzt sind wir in Sicherheit.«
In Sicherheit. Aber der Tod war ihnen so nah gekommen.
Hände packten sie und versuchten, sie von Max wegzuziehen. Die Sanitäter. Sie ließ ihn los, und Tränen liefen ihre Wangen hinab.
Dann führte einer der Sanitäter sie zu einer Rollliege und untersuchte ihre Verletzungen, während um sie herum alles in rotierendes rot-blaues Licht getaucht war.
Sie hörte Stimmen, verstand aber nicht, was die Leute sagten, weil ihre Zähne zu laut klapperten und ihr Herz zu laut schlug.
Die Sanitäter schoben sie in den Krankenwagen, legten ein paar Decken über sie und schnallten sie fest. Dann schob man Max neben sie. Max’ Kopf drehte sich, und er sah ihr in die Augen.
Jemand schlug die Hecktüren zu.
Max streckte ihr die Hand hin, und sie nahm sie und hielt sie fest, und sie ließ sie auch nicht los, als der Krankenwagen mit quietschenden Reifen anfuhr.
Sie wollte ihn nie wieder loslassen.
»M… Max, ich liebe dich«, flüsterte sie, weil sie ihm das unbedingt sagen musste. Aber seine Augen waren geschlossen, und sie wusste, er hatte sie nicht gehört.
***
Samantha wieder zusammenzuflicken war ein Kinderspiel. Die Schnitte in ihrem Gesicht musste man nur säubern und mit einem Pflaster versorgen. Ihr rechtes Handgelenk musste geschient werden, und die Verletzungen am linken Arm wurden mit fünfzehn Stichen genäht. Sie wurde warm eingewickelt, damit sich ihre Körpertemperatur wieder normalisierte, und irgendwann konnte sie auch aufhören zu zittern.
Sofort verlangte sie, Max zu sehen.
Aber ihn hatten die Mediziner nicht so leicht zusammenflicken können. Auch zwei Stunden später wartete Samantha noch immer darauf, ihn sehen zu können. Ihr Magen hatte sich vor Angst schon völlig zusammengekrampft. »Werd ja wieder gesund«, dachte sie. »Du musst einfach wieder …«
Es klopfte laut an der Tür.
»Herein!« Wenn das eine Schwester war, konnte Sam sie wegen Max befragen.
Special Agent Lake streckte den Kopf ins Zimmer. »Kenton?«, murmelte sie. »Was tust du hier?« Sollte er nicht der Presse Rede und Antwort stehen und der Öffentlichkeit alles so unterbreiten, dass die SSD gut dastand?
Er strahlte – ein Strahlen, das vor langer Zeit einmal ihr Herz hatte höher schlagen lassen.
»Ich konnte nicht abreisen, ohne dich gesehen zu haben.« Er kam ins Zimmer und schloss die Tür hinter sich. »Verdammt, Mädchen, als ich hörte, was dir mit diesem Malone passiert ist …« Er fuhr sich mit der Hand durch das dunkle Haar und trat an ihr Bett.
Als der Watchman sie entführt und seine tückischen Spiele mit ihr gespielt hatte, war Kenton zu ihrer Rettung geeilt. Er war der Erste gewesen, den sie gesehen hatte, als sie die Augen aufschlug, Wasser spuckte und mühsam nach Atem rang.
Später, in der Klinik, war er ebenfalls da gewesen. Er hatte miterlebt, wie sie zusammengebrochen war und nur noch geheult hatte, bis die Mediziner ihr schließlich eine Beruhigungsspritze geben mussten. Davon hatte er niemandem erzählt. Kenton war ein Mensch, der Geheimnisse wahren konnte.
Trotzdem hatte er nicht ihr Herz erobert. Sie waren eine Zeit lang miteinander gegangen, aber es war nichts Festes geworden. Bei ihm hatte sie nie gefühlt, was sie für Max empfand.
»Du siehst wie ausgekotzt aus«, sagte Kenton, nachdem er sie ausgiebig gemustert hatte.
Ah, Kenton, charmant wie immer. Tatsächlich war er eigentlich meist charmant. »So fühle ich mich auch.« Sie versuchte, sich aufzurichten, aber ihr
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