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Durst: Thriller (German Edition)

Durst: Thriller (German Edition)

Titel: Durst: Thriller (German Edition)
Autoren: Alberto Riva
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sich scharf von der Oberfläche ab, und die Farben waren so klar, dass sie wie gemalt wirkten. Auf der anderen Seite des Damms war der Wasserspiegel erheblich niedriger. Das Ufer war zugewuchert, und man sah Hütten und Boote, die auf dem Trockenen lagen. Irgendwo hinter dieser grünen Mauer versteckte sich Sobradinho.
    Nelson fuhr schweigend weiter.
    Auf der anderen Seite des Staudamms stand ein mit Bambus beladener Karren. Das davorgespannte Pferd scharrte nervös mit dem Huf. Am Straßenrand lag ein Mann. Ein anderer kniete vor ihm.
    Nelson bremste vorsorglich.
    » Was ist da los? « Sarah Clarice beugte sich zur Windschutzscheibe vor, um besser sehen zu können.
    » Keine Ahnung. « Nelson brachte den Passat zum Stehen. Dann öffnete er die Tür und stieg aus. » Du bleibst im Wagen « , befahl er.
    Soweit Sarah Clarice verstand, kannte Nelson diese Leute. Der kniende Typ erhob sich und verfolgte jede Bewegung des Arztes. Irgendwann holte Nelson einen Kanister aus dem Kofferraum, schüttete dem liegenden Mann etwas Wasser über den Kopf und reichte ihm dann ein Glas Wasser zum Trinken. Der Mann stützte sich auf die Ellbogen und lächelte. Der andere klopfte Nelson auf die Schulter.
    Sie fuhren weiter.
    » Kanntest du die Leute? « , fragte Sarah Clarice.
    » Ja. Die beiden kommen aus Casa Nova, einem Dorf hier in der Gegend. Sie wollen in Sobradinho Bambus verkaufen. Casa Nova ist eines der Dörfer, die evakuiert wurden, als man den Stausee volllaufen ließ. Aber du kannst dir ja gleich selbst einen Eindruck von der Lage verschaffen. «
    In den nächsten Stunden besuchten Nelson und Sarah Clarice fünf Dörfer und fanden überall die gleiche Situation vor: Es herrschte bittere Armut. Nelson wusste bereits, was ihn erwartete. Dennoch überraschte ihn das Ausmaß an Magen-Darm-Infektionen und offenkundiger Unterernährung. Vor allem Frauen waren betroffen. In diesen Dörfern hatten Fischer gelebt, die jetzt dazu übergegangen waren, Maniok und Obst anzubauen. Die reichsten unter ihnen hatten Stacheldraht um vier in den Boden gerammte Pfähle gespannt, um Ziegen und Schweine zu halten.
    Sarah Clarice sprach mit vielen Bauern und Frauen. In ihrem Heft und mit ihrem Aufnahmegerät hielt sie etliche Fälle von plötzlichen Fehlgeburten im vierten und fünften Schwangerschaftsmonat fest. Nelson war schon seit mindestens einem Jahr nicht mehr in der Gegend gewesen und wurde das Gefühl nicht los, dass sich die Lage inzwischen verschlimmert hatte.
    In Areia Branca lebte man noch vom Fisch. Außer ein paar Mandelbäumen und wenigen Caju -Bäumen, die ein paar Säcke Cashew-Kerne abwarfen, besaßen die Menschen dort fast keine Nutzpflanzen. Sämtliche Versuche, etwas auszusäen, Wasser- oder Honigmelonen etwa, waren kläglich gescheitert. Viehzucht könne man erst recht vergessen, erklärte ihnen ein Mann um die fünfzig, der seinen Cowboyhut an den Ohren heruntergeklappt hatte. Er musste der Dorfoberste sein.
    Ein paar Ziegen, Kälber und Schweine hätten sie gehabt, aber die seien mittlerweile alle tot. » Würmer « , sagte er mit starrem Blick, als Sarah Clarice nach dem Grund fragte. » Sie haben das Wasser aus dem Fluss getrunken « , erklärte er und zeigte auf einen Trampelpfad, der zwischen dürren Büschen hindurch aus dem Dorfzentrum hinausführte.
    » Und was trinken Sie selbst? «
    » Wir trinken das Wasser aus dem Brunnen. Wir kochen es vorher allerdings ab. Nach den Reinigungsmaßnahmen hat man uns mitgeteilt, dass es mit dem Wasser keine Probleme mehr gebe, aber wir trauen denen nicht. «
    » Haben Sie denn etwas von den Reinigungsmaßnahmen bemerkt? « Beim Reden stellte sich Sarah Clarice in den Schatten eines Mangobaums. Obwohl es schon nach vier war, brannte die Sonne erbarmungslos.
    » Bemerkt? Wir haben gesehen, dass die Leute aus Juazeiro gekommen sind, um ihre Kontrollen durchzuführen. Das haben wir bemerkt. Die Tiere sind aber trotzdem gestorben. Die Ziegen. Milchziegen. «
    » Vor den Reinigungsmaßnahmen, meinen Sie, oder? « Sarah Clarice schrieb etwas in ihr Heft.
    » Nein, hinterher. Nachdem die mit dem Chevrolet gekommen waren, um ihre Rohre im Flussbett zu verlegen. « Sarah Clarice löste den Blick von ihrem Heft.
    » Was waren das für Leute, die mit dem Chevrolet? «
    » Was weiß ich? Leute von der Regierung, die erst die Reinigung gemacht haben und dann die Kontrollen. Dieselben Leute wohlgemerkt. Drei Chevrolets waren es insgesamt. Sie kamen mit den Rohren und verlegten sie im Fluss.
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