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Durst: Thriller (German Edition)

Durst: Thriller (German Edition)

Titel: Durst: Thriller (German Edition)
Autoren: Alberto Riva
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besser kennen als jeder andere. «
    » Wer hat das gesagt? «
    » Jemand aus den oberen Etagen des Krankenhauses von Juazeiro. «
    Nelson schaute sie verblüfft an.
    Sarah Clarice beeilte sich, die Sache richtigzustellen. » Ursprünglich hat man mich zu Kosinski geschickt, und der hat dann Sie ins Spiel gebracht. Da bin ich also. «
    Nelson musterte sie noch eindringlicher. Wie alt sie wohl sein mochte? Fünfundzwanzig? Sie sprach mit leicht bahianischem Akzent– offenbar hatte sie nicht immer in Salvador gelebt. Vielleicht war sie im Ausland gewesen?
    » Was gedenken Sie und Ihre Leute zu tun? «
    » Wir würden uns gerne selbst einen Eindruck von der Situation verschaffen. «
    » Mhm. «
    » Ich dachte, dass Sie mich vielleicht in die Dörfer begleiten könnten, um die Leute dort zu befragen. «
    » Kein Problem. Dann sollten wir uns aber duzen. «
    Am nächsten Morgen ließ sich Sarah Clarice am Busbahnhof von Juazeiro abholen. Sie hatte ihr Haar mit einem giftgrünen Tuch zusammengebunden und trug ein weißes T-Shirt, weite Bermudashorts und Wanderschuhe. Außerdem hatte sie einen prall gefüllten Rucksack auf dem Rücken.
    In weniger als einer Stunde erreichten sie Sobradinho, obwohl der Passat alle zwei Kilometer drohte, endgültig den Geist aufzugeben. Während der Fahrt sprachen sie nicht viel. Sie hatten die Fenster heruntergekurbelt, und der Lärm war ohrenbetäubend.
    » Wie lange lebst du schon hier? « , rief Sarah Clarice irgendwann.
    » Ungefähr zehn Jahre « , antwortete Nelson.
    » Und wo hast du vorher gewohnt? «
    » In Salvador. «
    Nelson schien keinen gesteigerten Wert auf Smalltalk zu legen.
    » Wieso bist du aus Salvador weggegangen? «
    » Wegen meiner Frau. Sie ist von hier. Sie musste zurück, und da bin ich eben mitgekommen. «
    Auf der Straße war fast niemand. Manchmal überholten sie einen Obstlaster, gelegentlich auch einen Karren mit Tagelöhnern. Nelsons Passat war eine Art Praxis auf Rädern. Auf dem Rücksitz lagen sein schwarzes Köfferchen und etliche Medikamentenschachteln. Vor der Rückscheibe stapelten sich Papiere, daneben lagen zwei durchsichtige Plastiktüten mit Gaze, Pflaster und Salben. Und zwischen dem ganzen Kram steckten überall Bücher.
    Sie fuhren über die einzige Zufahrtstraße nach Sobradinho hinein. An der Hauptstraße standen ein paar zweistöckige Häuser, aber für gewöhnlich waren sie niedriger. Nacktes Mauerwerk oder bröckelnder Putz bestimmten das Bild. Viele Gebäude waren verlassen. Die Tore in den Grundstücksmauern hatte man mit Vorhängeschlössern gesichert. Jedes dritte oder vierte Haus war eine evangelikale Kirche. Die Kirchen ähnelten den anderen Gebäuden, nur dass man hinter der Tür Holzbänke oder Plastikstühle erblickte. Die im Hintergrund erkennbaren Altäre waren roh gezimmerte Holzklötze, an denen ein weiterer Plastikstuhl und ein Mikrofon standen. Ein paar Bars gab es, außerdem ein paar Stände, an denen Mangos, Papayas, Cajus, Ananas und Bananen verkauft wurden. In den Seitenstraßen mit ihrem Boden aus roter Erde sah man blau, gelb, rosa und kalkweiß getünchte Fassaden, da und dort auch eine schemenhafte Gestalt in einem dunklen Fenster. An einigen Hauswänden hatten sich die mittlerweile verblichenen Sprüche aus dem Wahlkampf von 2002 erhalten. WÄHLT LULA .
    Es war noch nicht einmal neun Uhr, aber die Hitze schon brütend. Nelson fuhr jetzt langsamer. Gelegentlich grüßte ihn jemand.
    Nachdem sie das Zentrum durchquert hatten, kamen sie in ein moderneres Viertel mit Einfamilienhäusern und Vorgärtchen.
    » Hier wohnen die Leute, die am Staudamm arbeiten « , erklärte Nelson.
    Sarah Clarice schaute aus dem Fenster und schwieg.
    Sie verließen die Siedlung über eine perfekt asphaltierte Straße. Vor ihnen lag die endlose Caatinga, die typische Landschaft des Sertão.
    An einem Kreisverkehr sagte Nelson: » Hier rechts geht’s zum Fluss. Wir fahren aber über den Staudamm. «
    » Ist das der Staudamm? « Sarah Clarice zeigte auf eine lange Linie, die sich am Horizont verlor. » Der ist ja gewaltig. «
    Nelson beschleunigte.
    Der Himmel war azurblau– nicht die Spur einer Wolke war zu sehen. Links vom Staudamm wirkte der São Francisco wie ein riesiger grau-blauer See inmitten von glattgewaschenen Felsen und niedrigen grünlichen Bergen.
    Sarah Clarice nahm die Eindrücke schweigend in sich auf. Das Ganze hatte etwas von einer Mondlandschaft, wurde aber vom leuchtenden Licht des Äquators eingehüllt. Die Formen hoben
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