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Duocarns - David & Tervenarius

Duocarns - David & Tervenarius

Titel: Duocarns - David & Tervenarius
Autoren: Pat McCraw
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Stimme. Hatte er sich alle Knochen gebrochen? David versuchte, nach und nach seine Glieder zu bewegen: Den Kopf, den Hals, die Schultern, das Becken schienen okay, die Flügel – da rührte sich nichts – die Knie, die Füße, aua! Rasender Schmerz fuhr aus dem rechten Knöchel hoch ins Schienbein. Fuß gebrochen?
    »Bist du wahnsinnig?«, fragte die Stimme erneut. Dieses Mal in Englisch. Der Mann hatte einen leichten Akzent. Mann? Wieso Mann? Der große Fremde in dem dunklen Anzug rieb sich die Schulter und sah ihn wütend an. Die blauen Augen brannten regelrecht in seinem weißen Gesicht. David war offensichtlich auf diesen Passanten gefallen.
    »Ähm.« Was sollte er antworten? Warum hatte das nicht geklappt mit dem Fliegen? Er versuchte sich aufzurichten, spürte eine starke Hand, die unter seine Achsel griff und ihn hochzog.
    »Wo sind meine Flügel?«, fragte David ihn und kam sich im gleichen Moment ziemlich blöd vor. Er versuchte den rechten Fuß zu belasten und knickte vor Schmerz ein. »Au!« Der Mann blickte neugierig auf seinen Rücken.
    »Keine da«, antwortete er. Er hatte ihn bereits losgelassen, aber griff wieder zu, als David in die Knie ging. Der Unbekannte packte ihn am Arm und hielt ihn fest.
    »Ich glaube, ich habe mir den Fuß gebrochen.« Wieso hatte er keine Flügel und stattdessen einen pulsierend schmerzenden Fußknöchel?
    »Wohnst du da oben?« Der Mann sah zum Fenster seiner Wohnung hinauf. »Du solltest einen Arzt rufen. Soll ich dich hochbringen?«
    Jetzt erst wurde David bewusst, was überhaupt vor sich ging: Er stand auf der Straße vor seinem Haus in einem dünnen Muskelshirt und einer Jeans – im April – in Socken und auf einem Bein. Dazu klammerte er sich an den Arm eines fremden Mannes, der, einen Kopf größer als er, mit interessiertem Gesicht zu ihm hinabschaute. Was blieb ihm anderes übrig als dieses Angebot anzunehmen? Laufen konnte er mit diesem Fuß nicht mehr. Also nickte er ergeben.
    War es die Wirkung des Meskalins? Er wusste es nicht genau. Der Mann hob ihn einfach auf seine Arme, als wäre er ein Fliegengewicht, und David schlang den rechten Arm um seinen Hals. Immerhin wog er fünfundsiebzig Kilo. Ungeachtet dessen trug der Fremde ihn, als würde es keinerlei Anstrengung bedeuten. Augenblicklich fühlte er sich geborgen und wie in Watte gepackt. Der Fremde war stark und hart, aber gleichzeitig weich, so dass er sich vorkam, als würde ihn eine große Wolke die Treppen hinauftragen. David bewegte die Hand. Sie lag auf dessen seidenweichem, silbern-weißen Pferdeschwanz. Das war kein gewöhnliches Haar, sondern fasste sich an wie das Engelshaar, das er als kleiner Junge immer an den Weihnachtsbaum hatte hängen dürfen. Dafür hatte sein Vater ihn hochgehoben, damit er bis an die Spitze kam. Der Mann war ein Himmelsbote. Ganz sicher. Er war zielgenau auf einen Engel gekracht, der zu Besuch in Vancouver war. Zum Teufel, warum sollte ein Götterbote in der Stadt herumlaufen? Er kam nicht dazu, diesen Gedanken weiter zu verfolgen, denn sie standen vor seiner geschlossenen Haustür. Himmel! Der Schlüssel! Hoffentlich hatte dieses Arschloch von John ihn unter die Zeitung zurückgeschoben. John. Wen interessierte John, während man in den Armen eines Engels lag?
    »Schlüssel ist unter der Zeitung«, sagte David zu ihm und hoffte inbrünstig, dass das auch stimmte. Ohne ihn abzusetzen, bückte sich der silberweiße Mann danach. Was war denn das für ein Duft? David schloss einen Moment die Augen. Süßlich, wie Marzipan, mit einer blumigen Note. Ein Frühlingsduft. Veilchen! Marzipan und Veilchen! Der Fremde kam wieder hoch und öffnete die Hand, um ihm den Schlüssel zu zeigen.
    »Ja genau der«, bestätigte David mit belegter Stimme. Die ganze Situation war merkwürdig. Bestimmt wirkt das Meskalin noch, dachte er, aber im gleichen Augenblick wurde ihm klar, dass es sein Retter war, der ihn so stark verunsicherte. Ein duftender Engel, der ihn in diesem Moment auf seinem gelben Ledersessel absetzte und sich überrascht umblickte.
    »Hier wohnst du?«, fragte er. »Erstaunlich!« Er drehte sich in seinem Wohnzimmer, um seine ganzen Pflanzen und Aquarien erfassen zu können.
    »Gefällt es dir?« David bückte sich zu seinem Fuß. Der Mann antwortete nicht, sondern ging zu dem Becken mit den Kugelfischen.
    David versuchte, sich den Strumpf vom rechten Fuß zu ziehen. Schmerz! Er keuchte. Das hatte weh getan! Sofort war der Mann wieder bei ihm und kniete sich vor ihn.
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