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Dunkles

Titel: Dunkles
Autoren: Tommie Goerz
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wenigstens die Nachprüfung machen zu Beginn des neuen Schuljahres.
    Gab es so etwas überhaupt noch? Jaczek stellte fest, dass er überhaupt keine Ahnung mehr hatte von dem Schulsystem.
    Der Lehrer, der ihn hasste, aber hatte Behütuns, so dessen damalige Erzählung, auch vor der Nachprüfung noch mal gesagt: »Mach dir keine Hoffnungen. Die bestehst du nicht.« Und so war's dann auch gewesen. Obwohl klein Friedo die ganzen Ferien über gelernt habe. Keine Urlaubsfahrt, kein Freibad, nichts.
    Keine Ahnung, was an der Geschichte wirklich dran war – denn ansonsten erzählte, ja prahlte Behütuns sogar, er sei ein schwieriger, fauler und renitenter Schüler gewesen. Intelligent zwar, aber auch klug genug, immer nur das Allernötigste zu machen und nie einen Strich mehr. So hatte er sein Abitur als Zweitschlechtester des gesamten Jahrgangs bestanden, aber das war ihm egal. Das Abitur als Abschluss war wichtig, die Note nicht. Behütuns' Eltern hätten nie geholfen, die seien immer auf der Seite der Lehrer gewesen, hatte er erzählt. Kein Rückhalt, keine Unterstützung im Kampf gegen Schule und Lehrer, nichts. Was die Lehrer machten, das war immer richtig, und die Lehrer hatten immer recht. Ganz einfach so, a priori. Auch wenn sie unrecht hatten, fies waren, hinterfotzig, rachsüchtig, gemein. Dafür war Behütuns als Schüler immer Klassensprecher gewesen. Denn wenn du laut bist, gegen die Lehrer bist und dich was traust, dann hast du die Mitschüler auf deiner Seite. So war das damals.
    Jaczeks Erinnerung an das Gespräch mit seinem Chef hatte nur zwei Stockwerke im Treppenhaus gedauert. Jetzt klopfte er an die Tür des Sekretariats, wies sich aus und wurde auch gleich zum Direktor reingewinkt. Oder gewunken? Hier hatte das Gymnasium wohl doch eine Lücke hinterlassen. Sollte er gleich einmal fragen? Nein, er würde es daheim nachschlagen.
    Keine zehn Minuten später saß Jaczek mit zwei bildhübschen Schülerinnen – denen glaubt doch kein Mensch, dass sie erst 16 oder 17 sind, oder? – im Besprechungszimmer des Direktors.
    Nein, sie wüssten nicht, wohin Karin an diesem Abend gewollt habe. Auf jeden Fall nicht zu ihnen. Sie beide seien zusammen bei Lizzy in Herboldshof gewesen und härten sich einen Film angeschaut. Eine DVD. Aber die Mädels – oder sollte er sie in Gedanken vielleicht treffender als »junge Frauen« bezeichnen? Nein, das lief ihm zuwider, das ging ihm nicht über seine gedanklichen Lippen; selbst wenn es vielleicht angemessener gewesen wäre – waren verlegen. Drucksten herum. Schienen sich irgendetwas nicht sagen zu trauen. Und dann sprach die eine es doch aus: Ich glaube, sie hatte einen Freund.
    Okay. Und?
    Jaczek erfuhr, dass Karin in den letzten Tagen Andeutungen gemacht habe. Wegen dem Moshir.
    Moshir?
    Der Moshir sei so ein Typ.
    Hmm?
    Bei dem seien sie manchmal.
    Okay?
    Schweigen.
    Wo denn das sei?
    Bei Steinach.
    Und wo da genau?
    Da auf dem Gelände.
    Gelände?
    Ja, da am Mühlweg.
    ?
    Da in diesen Gebäuden.
    ?
    Na da, wo alles leer stehe.
    ?
    Also, sie wüssten das auch nicht so genau. Auf jeden Fall seien da etliche leere Gebäude, Hallen und so. Auch ein paar Betriebe. Und halt auch der Moshir.
    Ob sie ihm das genauer beschreiben könnten?
    Ja, wenn man aus Steinach rausfahre, bevor's dann links nach Herboldshof weggehe unter der Autobahn durch, da auf der rechten Seite.
    Ob sie eine Nummer von dem Moshir hätten?
    Sie zuckten mit den Schultern. Nein, da gingen sie einfach nur hin, wenn sie wollten.
    Ob das eine Kneipe sei oder etwas Ähnliches? Nein, nein, sie bräuchten sich keine Gedanken zu machen.
    Nein, eher vielleicht eine Werkstatt. Der Moshir mache Autos, Motorräder und so. Auch Traktoren. Eigentlich alles. Und Musik. Da sei es einfach nur schön.
    Ob sie ihm den ganzen Namen dieses Moshir nennen könnten?
    Konnten sie nicht.
    Jaczek ließ sich noch Adressen und Kontaktdaten der Mädels geben, dann schickte er sie wieder zurück in den Unterricht.
    Ob denn der Karin etwas passiert sei, fragte die eine noch und kämpfte mit den Tränen.
    Sie sollten sich jetzt mal keine Gedanken machen, log er schon wieder, das zweite Mal an diesem Tag, so etwas gehe meistens gut aus. Es hauten oft mal welche für ein, zwei Tage ab. Sie wird wohl irgendwo untergeschlüpft sein, vielleicht ja bei diesem Moshir. Den wolle er nun befragen, vielleicht wisse der ja was.
    Jetzt schluchzten beide Mädchen.
    Aber er, Jaczek, der Polizist, solle sie nicht verraten beim Moshir, sie hätten
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