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Dunkles

Titel: Dunkles
Autoren: Tommie Goerz
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untersuchten die Spezialisten das ausgebrannte Fahrzeug.
    In Fürth waren Polizisten zu der Stelle gefahren, die ihnen Bauer Löhnert gezeigt hatte und hatten dann die Nürnberger Kollegen informiert: Ihrer Meinung nach lag der Blutfleck, wenn es denn einer war, denn das war ja noch nicht erwiesen, sie hatten das gar nicht erst untersucht, gute 20 Meter auf Nürnberger Gebiet, fiel damit also nicht mehr in den Zuständigkeitsbereich von Fürth.
    Es war drei viertel zwölf.
    Es gibt ja immer noch Leute, dachte sich Kommissar Behütuns – vor allem in Erlangen, wo es wegen Siemens viele Zugezogene gibt –, die diese Zeitrechnung nicht verstehen. Drei viertel zwölf. Also 11.45 Uhr oder Viertel vor zwölf. Drei viertel halt. Dabei ist das doch so einfach: Viertel, halb, drei viertel, ganz. Elf Uhr. Viertel zwölf, halb zwölf, drei viertel zwölf, zwölf. Kann denn das so schwer sein?
    Kommissar Friedemann Behütuns hatte seinen Leuten zur Besprechung der Lage die Kantine vorgeschlagen. Um drei viertel zwölf. Denn heute gab es Currywurst – und Currywurst war Pflicht. Currywurst war ja schon immer gut gewesen, aber man war früher immer so abschätzig angeschaut worden. Kaum jemand hatte sich offen dazu bekannt, Currywurst zu mögen. Behütuns war ein Fan davon, auch wenn es keine ausgesprochen fränkische Küche war. Spätestens seit Gerhard Schröder, aber auch seit Tim Mälzer und Jamie Oliver war die gute Currywurst salonfähig geworden. Und plötzlich waren alle Currywurstfans, wollten es schon immer gewesen sein.
    Aber so war das ja immer. Für die Kantine aber hieß das: Wenn es Currywurst gab, musstest du bis viertel, spätestens halb eins da gewesen sein. Sonst waren die Pommes alle, und es gab Brat- oder Salzkartoffeln dazu. So was aber ging gar nicht! Zur Currywurst waren Pommes ein Muss. Manche nahmen sogar Nudeln dazu, pfui deibel. Und an solchen Tagen war es einfach besser, auf Nummer sicher zu gehen und früh genug anzutanzen. Denn wenn es Currywurst gab, wurde es in der Kantine auch immer richtig voll. Alle wollten Currywurst. Deshalb also die Besprechung in der Kantine – und deshalb auch um drei viertel zwölf.
    Ein einziges Problem nur gab es nach der Currywurst immer: Man wurde davon so müde, dass man nicht mehr arbeiten konnte. Das Fett im Magen zog einen einfach runter, die Augen klappten nach hinten, der ganze Körper schrie nach Mittagsschlaf. Außerdem war Currywurst Körperverletzung. Nicht wegen der 1380 Kalorien, gerechnet ohne Pommes und eventuell Mayo – die Kalorienanzahl des Essens war immer angeschrieben –, sondern wegen des Fetts. 86 Gramm pro Wurst wurden angegeben, auch hier Pommes und Mayo nicht mit eingerechnet. Die Obergrenze, die die WHO, also die World Health Organization, für die Tagesration Fett in der Nahrung für einen Erwachsenen festgelegt hatte, aber lag nur bei 60 Gramm. Alles andere galt als ungesund und auf Dauer auch als gefährlich.
    An was für einen Quatsch man alles denken kann, überlegte Kommissar Behütuns, während er, das Tablett unter dem Arm, mit seinen drei Kollegen in der Warteschlange stand. Beim Schweinebraten rechne ich ja auch das Fett nicht nach. Im Gegenteil: Ich verlange sogar nach einem extra fetten Stück. Sonst schmeckt es ja gar nicht. Hier in der Kantine aber war der Schweinebraten immer ausgesucht fettlos. »Mager« nannte man das. Und damit auch nicht zu genießen. Schweinefleisch ohne Fett war für Behütuns wie – ja was? – Putenschnitzel vielleicht, Pressfleisch und so. Das war nicht diskutabel.
    Hinten im Eck war noch ein Tisch frei, den die Truppe ansteuerte. Viermal Currywurst mit Pommes, im Gänsemarsch quer durch die Kantine.
    »Mahlzeit.«
    »Mahlzeit.«
    »Mahlzeit.«
    »Mahlzeit.«
    Ganz Witzige versuchten es auch immer einmal wieder mit »Halbzeit«. So witzig waren die Peterlesboum dann aber doch nicht. Man nannte Behütuns' Truppe intern manchmal so, weil alle vier Peter hießen. Peter Dick, Peter Jaczek, Peter Abend. Selbst Kommissar Friedo Behütuns war ein Peter. Sein voller, richtiger Name lautete Friedemann Joseph Peter Behütuns. Kein Wort mehr dazu.
    Dann besprachen sich volle, bisweilen auch schmatzende Münder. Die Sachlage war klar und unklar zugleich. Man hatte ein paar Fakten, ein paar Vermutungen, einige Dinge fehlten aber einfach noch.
    Fakt war: Ein Mädchen war verschwunden. Ein Auto war als gestohlen gemeldet und später dann abgebrannt aufgefunden worden. Man hatte ein Fahrrad gefunden. Das Rad war
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