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Dunkler Winter

Dunkler Winter

Titel: Dunkler Winter
Autoren: David Luckett
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Stadtwache sein, nehme ich an«, sagte sie, ohne auf seine Frage einzugehen. Die Vokale klangen seltsam, kurz und geschlossen, ein wenig wie die Bauern der Gegend um Wele sprachen, eine weite Strecke flussaufwärts.
    »Nein.« Silvus ließ unerwähnt, dass der letzte Haupt mann der Stadtwache vor zwei Jahrzehnten entlassen und sein Posten nicht mehr besetzt worden war. »Silvus Castro, Fähnrich, zu Ihren Diensten.«
    Ihre Augen wurden schmal. »Castro? Stammt Ihre Familie aus Westervan?« Silvus neigte den Kopf. Ihre Brauen zogen sich zusammen. »Es gab eine Zeit, da hät ten Sie gesagt ›de Castros‹ «
    »Ein anderer Zweig der Familie«, erwiderte Silvus. »Darf ich meinen Kameraden vorstellen, Unteroffizier Willan Parkin?«
    Eine sehr förmliche Vorstellung. Niemand nannte mich Unteroffizier, so wenig wie ihn Fähnrich, es sei denn Au ßenstehende. Oder wenn auf dem Exerzierplatz geübt wurde. Ich verbeugte mich so gut ich konnte.
    Ihr Blick ging wie ein Strich mit dem Besen über mich hin. »Unteroffizier Parkin und ich sind einander schon begegnet. Hrudis Winterridge. Setzen Sie sich, meine Herren.«
    Nicht ›zu Ihren Diensten‹. Das war sie nicht.
    Wir setzten uns. Ich fing Silvus’ Blick auf und machte mich nützlich, indem ich das Siegel auf der Flasche abschnitt und den Korken zog. Die Flüssigkeit war vom blassesten Goldgelb und roch leicht nach Heide und Honig.
    Sie lächelte zum ersten Mal. »Barrengelt, aus dem Wes ten. Also hatten sie doch etwas.«
    Silvus schien sich plötzlich auf anmutige Gesten zu ver stehen. Er machte eine solche. »Es wird Erinnerungen zu rückbringen, wieder davon zu kosten. Ich muss darauf bestehen, dass die Ehre, diesen Wein bereitzustellen, mir gebührt.«
    Ich schenkte drei Gläser ein, und wir machten es uns bequem und tranken. Der Wein hatte einen Bei geschmack von herbem, verdünntem Honig in sei nem fruchtigen Aroma und lud zum Trinken ein, bis es einen traf.
    »Dann kennen Sie die westlichen Marken, Ser Castro?« Das war Höflichkeit, denn indem sie ihn so anredete, nannte sie ihn einen Edelmann und erhob ihn um eine oder zwei Stufen.
    »Nicht weiter als zum Hoppelinmoor. Eine Gegend, die auch Unteroffizier Parkin hier vertraut ist.«
    »Ah.« Sie nahm wieder einen Schluck Wein und blickte nachdenklich auf ihren Teller.
    Auch wir nahmen jeder einen Schluck und nickten nachdenklich.
    Ich hätte nicht gesagt, dass ich mit der Gegend von Hoppelinmoor vertraut sei. Ich war damals erst vierzehn und bin seither nicht mehr dort gewesen. Immerhin hatte ich mich in meinem Leben noch nie so gefürchtet wie dort und das bleibt im Gedächtnis. Auf dem Hoppelin moor erfuhren wir, dass Kobolde sich von berittenen Kriegern nicht einschüchtern lassen, dass sie mit einer Lanze schwer zu treffen und größtenteils gute Bogen schützen sind. Außerdem verstehen sie sich darauf, Pferde in Panik zu versetzen. Wir mussten den Kampf mit dem Fußvolk führen, und das gelang nur mit knapper Not. Sechs Jahre waren seitdem ins Land gegangen, und wenn ich damals gedacht hatte, dass das Leben eines Söldners eine Sache von freier Kost und Logis mit Reisen als Dreingabe sei, wurde ich auf dem Hoppelinmoor eines Schlechteren belehrt. Was ich über Schwertjung frauen wusste, hatte ich auch dort gelernt. Sie waren un sere Mitstreiterinnen gewesen.
    »Ich war im letzten Jahr meines Noviziates.« Ihre Stimme brachte mich zurück in die Gegenwart. »Ich sah meine Schwestern zurückkehren. Die Überlebenden.«
    »Die Liga hatte auch hohe Verluste.«
    »Richtig«, sagte sie. »Ein versöhnender Zug. Die Söld ner kämpften tapfer. Besser als die berittenen Spitzbuben, die sich Ritter nannten.«
    Silvus zog die Mundwinkel herab. War es Erheiterung? Missbilligung?
    »Gut.« Er hob sein Glas. »Auf die Gefallenen.«
    »Darauf trinke ich mit Ihnen.« Sie tat es. »Und nun, Fähnrich, zur Sache.«
    »Welche Geschäfte führen Sie hierher, meine Dame?« Silvus brachte es trocken vor, mit nüchterner Festigkeit, und begegnete ihrem Blick ohne Wimperzucken.
    In ihren Augen lag etwas wie kühle Anerkennung.
    »Ein Gespräch mit Ihrem Grafen, Fähnrich. Über ge wisse uns gegenüber eingegangene Verpflichtungen.«
    »Aha. Ich nehme an, es wird sich um Verpflichtungen im Rahmen eines Vertrages handeln?«
    »So können sie vielleicht genannt werden.«
    »Das ist interessant. Ich hatte keine Ahnung, dass Tenabra durch einen förmlichen Vertrag an Ihren Orden ge bunden ist.«
    »Verträge müssen nicht förmlich
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