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Dunkler Wahn

Dunkler Wahn

Titel: Dunkler Wahn
Autoren: Wulf Dorn
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erledigen.«
    Jan hielt den Strauß hoch. »Aber vorher besorgen Sie mir bitte noch eine Vase.«
    »Hab ich schon.«
    Sie huschte zu ihrem Schreibtisch im Vorzimmer und kam gleich darauf mit einer Vase zurück.
    »Danke, Bettina. Was wäre ich nur ohne Sie?«
    Sie zwinkerte ihm zu. »Na, wenigstens gut, dass Sie es merken.«

    Sein Telefon klingelte, und Bettina ließ ihn allein. Jan nahm den Hörer ab und ertappte sich bei der leisen Hoffnung, es könnte vielleicht Carla sein.
    »Dr. Forstner?«, fragte eine aufgeregte Männerstimme. »Hier spricht Volker Nowak. Erinnern Sie sich an mich? Ich schreibe für den Fahlenberger Boten .«
    Natürlich erinnerte sich Jan an ihn. Nowak hatte eine Weile mit Carla zusammengearbeitet, ehe Carla nach dem mehr als großzügigen Vorschuss auf ihr Buch ihren Job gekündigt hatte. Auch Nowak hatte über Jan geschrieben und war einer der wenigen gewesen, denen Jan ein Interview gegeben hatte.
    »Ja, ich weiß noch, wer Sie sind.«
    »Ich müsste Sie dringend sprechen, Dr. Forstner. Haben Sie heute Abend für mich Zeit?«
    »Worum geht es denn?«
    Für einen kurzen Moment herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung, ehe Nowak mit gesenkter Stimme antwortete: »Das würde ich Ihnen gerne persönlich sagen.«
    »Na gut, ich bin noch bis acht in der Klinik. Kommen Sie doch einfach bei mir im Büro vorbei.«
    »Das geht nicht. Es kann sein, dass ich beobachtet werde, und ich möchte Sie keinesfalls in die Sache mit hineinziehen. «
    »Nun ja, das tun Sie doch auch, wenn Sie woanders mit mir darüber sprechen.«
    »Es wäre trotzdem besser, wenn wir uns nicht bei Ihnen treffen, sondern an einem … unauffälligeren Ort. Ginge das?«
    Nun wurde Jan erst recht neugierig. »Wollen Sie mir denn nicht wenigstens kurz sagen, worum es geht?«
    »Sagen wir, ich brauche Ihre fachmännische Meinung. Kennen Sie das Old Nick’s?«

    »Das irische Pub in der Innenstadt?«
    »Ich könnte gegen halb neun dort sein.«
    Jan überlegte kurz. Eigentlich war er dafür zu müde, aber Nowak machte ihn neugierig. Außerdem war heute Sonntag, und ein Feierabendbier nach dieser anstrengenden Arbeitswoche wäre vielleicht eine ganz gute Idee.
    »Also gut, um halb neun.«
    Nowak stieß einen erleichterten Seufzer aus und gab Jan seine Mobilnummer. »Nur für den Fall, dass Ihnen etwas dazwischenkommt«, sagte er und legte auf.
    Verwundert sah Jan den Hörer an. Was hatte all das zu bedeuten?
    Es kann sein, dass ich beobachtet werde.
    Von wem? Und warum?
    Nun, in einer guten Stunde würde Jan es wissen.

2
    Sie stand in einer dunklen Seitengasse und drückte sich gegen die Hauswand. Neben ihr prasselte der Regen auf einen Müllcontainer, und der Wind wehte eine zerrissene Plastiktüte an ihr vorbei.
    Es tat gut, hier zu stehen. Hier fühlte sie sich unsichtbar. Kaum ein Mensch war unterwegs, und wenn doch einmal jemand vorbeieilte, war er viel zu sehr mit dem Unwetter beschäftigt, als dass er den schmalen Schatten in der Gasse wahrgenommen hätte. Denn mehr als ein Schatten war sie nicht – ein Schatten, der unentdeckt bleiben wollte, bis ihr großer Moment gekommen war. Das war seit langem ihr Plan gewesen, und bisher war dieser Plan stets aufgegangen.

    Bisher. Denn seit zwei Tagen war alles anders. Jemand hatte sie erkannt . Dabei hatte sie sich doch so viel Mühe gegeben, unauffällig zu bleiben. Sie war nett, freundlich und hilfsbereit gewesen, und wenn es irgend möglich war, hatte sie sich aus allem herausgehalten, das die Aufmerksamkeit der Leute auf sie gelenkt hätte.
    Doch dann hatte sie einen Fehler gemacht. Nur ein klitzekleiner Fehler, ein kurzer Moment der Unachtsamkeit … Damit hatte sich alles verändert. Ihr Geheimnis war in Gefahr.
    Und als sei das nicht schon schlimm genug, handelte es sich bei diesem Jemand um einen Journalisten, der im Ruf stand, besonders neugierig zu sein. Er würde Nachforschungen anstellen, davon war sie überzeugt. Vielleicht hatte er sogar schon damit begonnen?
    Nein, nicht nur vielleicht, er hatte bestimmt schon damit begonnen. Wenn er herausfand, wer sie war, wäre es vorbei. Ihr Plan, ihr Glück … alles aus und vorbei.
    Mit geballten Fäusten sah sie zu dem Haus auf der anderen Straßenseite hinüber. Dort oben, hinter dem Fenster im ersten Stock, wohnte er. Volker Nowak.
    Natürlich hatte auch sie Nachforschungen über ihn angestellt. Viel hatte sie dafür nicht tun müssen, denn Nowak war in Fahlenberg kein Unbekannter. Er war der Mann, dessen Recherchen vor
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