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Dunkler Wahn

Dunkler Wahn

Titel: Dunkler Wahn
Autoren: Wulf Dorn
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Das ist so … so … krank !«
    Jan sah den beiden Männern mit dem Plastiksarg nach.
    »Gibt es denn irgendwelche Anhaltspunkte, wer es gewesen sein könnte?«
    »Höchstwahrscheinlich eine Frau«, entgegnete Kröger und nickte in Richtung der beiden Wohnblocks, die hinter dem Hof aufragten. »Einer der Nachbarn glaubt, eine Frau und einen Mann gehört zu haben. Wahrscheinlich haben sie gestritten, meint er.«
    »Aber sicher ist er sich nicht?«
    »Nein, er hatte sich ein Formel-1-Rennen angesehen, und der Streit hat ihn genervt. Als Nowak dann auch noch zu schreien begann, hat der Nachbar die Balkontür geschlossen. « Kröger schnaufte wieder, und diesmal klang es verächtlich. »Können Sie sich das vorstellen? Jemand hört die Todesschreie eines Menschen und schließt die Tür, um bei seinem Fernsehprogramm nicht gestört zu werden. Gott, was ist nur aus dieser Welt geworden?«
    Jan schüttelte ungläubig den Kopf. »Und die übrigen Nachbarn? Hat denn niemand etwas davon mitbekommen ?«
    »Angeblich nicht. Wahrscheinlich haben alle vor dem Fernseher gesessen.«
    Er sah Jan an, und Jan dachte, es sei wirklich an der Zeit für Kröger, in Rente zu gehen. Andernfalls würden sie sich
bald in Jans Sprechstunde wiedersehen. Die Falten zwischen Krögers Brauen, die typisch sind für Menschen mit Depressionen, hatten eine besorgniserregende Tiefe bekommen. Und plötzlich begriff Jan, weshalb Kröger ihn gebeten hatte, an den Tatort zu kommen. Immerhin hätte er ihn auch später auf dem Revier befragen können. Aber er hatte ihn hierherbestellt, weil er jemanden brauchte – auch wenn er das sicher nicht zugeben würde.
    »Wahrscheinlich sind Sie einer der Letzten gewesen, mit denen Nowak gesprochen hat«, sagte Kröger. »Können Sie mir sagen, was er von Ihnen wollte, oder fällt das unter Ihre Schweigepflicht?«
    »Nein, er war kein Patient. Er wollte nur meine Meinung als Psychiater hören.«
    Kröger zog die Brauen hoch. »Aha, und in welcher Angelegenheit ?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Hat er denn keine Andeutung gemacht?«
    »Er sagte nur, dass er am Telefon nicht darüber sprechen wolle. Er wollte sich auch nicht in der Klinik mit mir treffen, weil er befürchtete, jemand könnte ihn dort sehen. Stattdessen hatte er sich im Old Nick’s mit mir verabredet. «
    »Wer hätte ihn denn Ihrer Meinung nach nicht sehen sollen?«
    »Ich vermute, es ging um eine persönliche Angelegenheit. Vielleicht hatte er ein psychisches Problem oder jemand, der ihm nahestand. Es kommt häufiger vor, dass mich jemand privat anspricht, weil er Hilfe benötigt und Angst hat, dass es publik werden könnte. Für viele ist die Hürde zu groß, den regulären Weg über den Hausarzt oder die Klinikambulanz zu nehmen. Also versuchen sie es erst einmal über den inoffiziellen Weg.«

    Kröger nickte. »Kann ich mir denken. Es ist gewiss nicht leicht, sich eingestehen zu müssen, dass man allein nicht mehr klarkommt.«
    Der Polizist sah zu Boden, und für einen kurzen Moment glaubte Jan, Kröger würde das Seil ergreifen, das er ihm zugeworfen hatte, und ihn nun auf seine eigenen Schwierigkeiten ansprechen. Doch dann sah Kröger wieder auf und wirkte wie jemand, der beschlossen hatte, sich zusammenzureißen.
    »Hat er sonst noch etwas gesagt? Irgendetwas, das uns vielleicht weiterhelfen könnte?«
    Jan zuckte die Schultern. »Wie schon gesagt, er fühlte sich beobachtet. Aber er sagte nicht, von wem. Und dann sagte er noch, er wolle mich in nichts hineinziehen.«
    Kröger nickte nachdenklich. »Vielleicht ging es ihm aber auch gar nicht um Ihren ärztlichen Rat. Erinnern Sie sich noch an den Drogenring, den Nowak vor einiger Zeit auffliegen ließ?«
    »Ja, die Presse hat doch lang und breit darüber berichtet. «
    »Der Chef dieser Bande ist ein Rumäne, der sich Dagon nennt«, sagte Kröger. »Dank Nowak sitzt er noch für eine ganze Weile hinter Schloss und Riegel. Nowak hatte deswegen einige Morddrohungen erhalten. Unter anderem von Dagons Freundin. Ein gefährliches Frauenzimmer. Hat selbst schon mehrmals gesessen, einmal davon wegen Totschlags. Vor ein paar Wochen hat sie sich anscheinend abgesetzt. Wir vermuten nach Rumänien, aber sie könnte ebenso gut hier irgendwo untergetaucht sein. Wäre möglich, dass sie Herrn Nowak aufgelauert hat. Die Brutalität der Tat wäre ihr durchaus zuzutrauen.«
    »Sie meinen also, es könnte sich hier um einen Rachemord der Drogenmafia handeln?«

    Kröger hob die Hände. »Ist natürlich nur eine
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