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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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es nämlich ein verdammt Masse Gedicht is«, sagte er.
    »Ja, klar doch, Darl.«
    »Wie kommst du darauf, daß du mir recht geben mußt? Du hast es noch nicht mal gelesen. Das ist eine Beleidigung. So, wie wenn du sagst ...« Er hielt inne, als falle ihm gerade etwas Wichtiges ein. »Es ist so, als ob du sagst, ich muß dir recht geben, sonst bin ich aufgeschmissen, weil ich bloß Scheiße im Hirn hab, so ähnlich jedenfalls.«
    »Das hab ich nicht gemeint, Darl.«
    Sie blickte in die Dunkelheit. Er trat näher zu ihr, so daß sie aus dem Augenwinkel seine Chaps wahrnahm. Die Bierflasche, die er in der Hand hatte, hing herunter. Die orangen Haare an seinem Unterarm schimmerten im Feuerschein.
    »Was hast du dann gemeint, Sandy?« fragte er.
    »Gar nix. Hier draußen isses echt nett. Aber der Wind wird allmählich ein bißchen kühl.« Sie schlang die Arme um den Oberkörper und tat so, als fröstle sie.
    »Bist du schon mal im Rudel gebumst worden, Sandy?« fragte er.
    Sie wurde kreidebleich.
    »Kein Angst. Ich wollte bloß wissen, ob du zuhörst«, sagte er, beugte sich dann über sie und spie ihr mitten auf den Kopf.
    Jack Vanzandt war am Fuß des Hügels auf die Stichstraße gestoßen, die zu den Rim Rocks führte. Er schaltete herunter und kurvte durch den Wald, in den weder Mondschein noch Sternenlicht fiel, bergaufwärts, über Schlaglöcher hinweg, aus denen das Regenwasser aufspritzte, und über abgestorbene Äste, die an die Ölwanne knallten. Mücken und Schnaken tanzten in dichten Schwärmen im Scheinwerferlicht. Er meinte eine Geländemaschine zu hören, die in der Ferne winselnd und hochtourig aufheulte, dann das tiefe Röhren einer Harley. Aber er wußte nicht, wo. Die Campingausrüstung des Cherokee flog aus den Halterungen an der Wand, das Handschuhfach ging auf, und alles, was darin war, landete am Boden, ein verfaulter Baumstumpf, der mitten im Weg lag, zerbarst wie ein Stück Kork am Kühlergrill.
    Dann kam er an eine Weggabelung und hatte eine Absperrung vor sich. Er hielt an, schob die Barriere zur anderen Abzweigung und fuhr weiter. Er warf einen Blick in den Rückspiegel, sah, wie seine Rücklichter von dem Absperrbock reflektiert wurden, und mit einemmal wurde ihm mulmig zumute, so als habe sich eine Spinnwebe in seinem Gesicht verfangen.
    Der Wald wurde allmählich lichter. Dann war er auf der Hügelkuppe, und er sah den Mond, der sich tief unten auf dem Fluß spiegelte, und den brennenden Holzstoß auf einem sandigen Felsüberhang, und Darls Silhouette, die sich im Feuerschein vor den chromblitzenden, auf Hochglanz polierten Motorrädern seiner Freunde abhob.
    Jack spähte durch die mit Matsch und Regenwasser verschmierte Windschutzscheibe, versuchte im gleißenden Licht, das seine Scheinwerfer auf die Lichtung warfen, etwas zu erkennen. Er musterte all die Gesichter, die aussahen, als seien sie von einem Suchscheinwerfer erfaßt worden, sah aber nirgendwo Lucas Smothers. Er atmete tief durch, spürte, wie die Anspannung nachließ, und wischte sich die Hände an der Hose ab.
    Dann wurde ihm klar, daß sie nicht wußten, wer er war.
    »Wenn ihr was dabei habt, Leute, wird’s höchste Zeit, daß ihr’s los werdet«, hörte er seinen Sohn rufen.
    Plastiktüten voller Gras und Pillen flogen in die Dunkelheit und landeten unten im Fluß.
    Darl Vanzandt schwang sich auf seine Harley, warf den Motor an, gab Gas und kniff einen Moment lang genießerisch die Augen zusammen, als er die unbändige Kraft der Maschine zwischen den Schenkeln spürte.
    Er zog die Maschine auf der anderen Seite des Feuers herum, ließ den Fuß über den Boden schleifen, richtete sie dann auf und wandte das Gesicht ab, damit man ihn nicht erkannte, als er den Weg hinabraste, auf dem Jack soeben gekommen war.
    Die Reifenspuren deuteten darauf hin, daß er mit Vollgas bergab gefahren, über die Schlaglöcher hinweggesprungen war, sich gelegentlich mit dem Fuß auf dem weichen Boden abgestützt und keinen Moment gezögert hatte, als er zu der Weggabelung gekommen war. Daß er sich am Licht der Sterne orientiert hatte, das von hoch oben einfiel, von dort, wo die Heimat der Götter war, die über den Wolken lebten, während hier unten nach wie vor die Hitze über dem ausgewaschenen Feldweg hing und die Schnaken zwischen den Bäumen tanzten.
    An diesem Abend war die Sache danebengegangen, aber er war nach wie vor davon überzeugt, daß die Idee, die er heute morgen bei einem Bierkrug voller Rotwein und Speed ausgebrütet hatte,
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