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Dunkler Dämon

Dunkler Dämon

Titel: Dunkler Dämon
Autoren: Jeff Lindsay
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versuchte nicht mehr, sich zu wehren, als ich ihn ins Haus schleifte, um seine Autoschlüssel zu holen, und dann zurück zu seinem großen Geländewagen. Ich kletterte auf den Sitz hinter ihm, die Leine fest im Griff, und gestattete ihm gerade ausreichend Luft, um am Leben zu bleiben. Zunächst einmal.
    »Lass den Wagen an!«, befahlen wir ihm, und er zögerte.
    »Was wollen Sie?«, fragte er mit einer Stimme, die rau war wie frischer Kies.
    »Alles«, erwiderten wir. »Lass den Wagen an.«
    »Ich habe Geld«, sagte er.
    Ich riss heftig an der Schnur. »Kauf mir einen kleinen Jungen«, sagten wir. Ich hielt sie ein paar Sekunden gespannt, zu fest für ihn, um atmen zu können, und gerade lang genug, um ihn wissen zu lassen, dass
wir
das Kommando hatten, dass
wir
wussten, was er getan hatte, und dass
wir
ihn von jetzt an nur atmen lassen würden, wenn es uns gefiel, und als ich die Schlinge wieder lockerte, hatte er nichts mehr zu sagen.
    Er fuhr, wie wir es ihm befahlen, die 80th Street zurück zur Old Cutler Road und dann nach Süden. So weit draußen herrschte fast kein Verkehr, nicht zu dieser Nachtzeit, und wir bogen in ein Baugebiet ab, das hier jenseits des Snapper Creek entstanden war. Dank der Verurteilung des Besitzers wegen Geldwäscherei waren die Bauarbeiten zum Stillstand gekommen, und wir würden nicht gestört werden. Wir führten MacGregor durch ein halb fertig gestelltes Pförtnerhäuschen, um einen kleinen Kreisverkehr nach Osten zum Wasser und blieben neben einem Bauwagen stehen, dem provisorischen Baustellenbüro, mittlerweile Ziel von abenteuerlustigen Teenagern und Leuten wie mir, die einfach ein wenig Ungestörtheit suchten.
    Wir setzten uns einen Moment und genossen die Aussicht – Mond über dem Wasser, im Vordergrund Pädophiler in der Schlinge, sehr schön.
    Ich stand auf und schleifte MacGregor hinter mir her, riss so heftig, dass er auf die Knie stürzte und an der Schnur um seinen Hals zerrte. Einen Augenblick sah ich zu, wie er keuchend und sabbernd im Schmutz lag, sein Gesicht sich wieder dunkel verfärbte und seine Augen sich röteten. Dann zerrte ich ihn auf die Beine und stieß ihn die drei Holzstufen in den Bauwagen hoch. Als er sich endlich ausreichend erholt hatte, um erkennen zu können, was vor sich ging, hatte ich ihn bereits auf die Platte eines Schreibtischs gefesselt und seine Hände und Füße mit Paketband gesichert.
    MacGregor versuchte zu sprechen, aber stattdessen keuchte er nur. Ich wartete ab; jetzt hatte ich reichlich Zeit. »Bitte«, sagte er endlich, mit einer Stimme wie Sand auf Glas. »Ich geben Ihnen, was immer Sie verlangen.«
    »Ja, das wirst du«, sagten wir und sahen, wie ihn der Klang dieser Worte durchfuhr, und obwohl er es hinter meiner weißen Seidenmaske nicht sehen konnte, lächelten wir. Ich zog die Fotos heraus, die ich von seinem Boot mitgenommen hatte, und zeigte sie ihm.
    Er wurde vollkommen starr, und sein Kiefer fiel herab. »Wo haben Sie die her?«, fragte er und klang reichlich bockig für jemanden, der im Begriff stand, in kleine Stücke geschnitten zu werden.
    »Sag mir, wer die Bilder gemacht hat!«
    »Warum sollte ich?«, erwiderte er.
    Ich nahm eine Blechschere und schnitt ihm Zeige- und Mittelfinger der linken Hand ab. Er bäumte sich auf und brüllte, und das Blut sprudelte, was mich immer in Zorn versetzt, deshalb schob ich ihm einen Tennisball in den Mund und schnitt Zeige- und Mittelfinger seiner rechten Hand ab. »Nur so«, sagte ich und wartete, dass er sich ein wenig beruhigte.
    Als er es endlich tat, wandte er mir den Blick zu, und seine Miene spiegelte das Begreifen, das sich einstellt, wenn man jenseits des Schmerzes zu dem Wissen gelangt, dass der Rest die Ewigkeit ist. Ich entfernte den Tennisball aus seinem Mund.
    »Wer hat die Fotos geschossen?«
    Er lächelte. »Ich hoffe, einer von ihnen war deiner«, sagte er, was die nächsten neunzig Minuten erheblich lohnender machte.

[home]
    4
    G ewöhnlich bin ich nach einer meiner nächtlichen Verabredungen mehrere Tage lang stillvergnügt, aber am Morgen nach MacGregors plötzlichem Ableben platzte ich schier vor Tatendrang. Ich wollte unbedingt den Fotografen mit den roten Cowboystiefeln finden und gründlich aufräumen. Ich bin ein ordentliches Ungeheuer und beende gern, was ich angefangen habe.
    Das Wissen, dass dort draußen jemand in diesen lächerlichen Stiefeln mit einer Kamera herumstapfte, die schon viel zu viel gesehen hatte, trieb mich an, diesen Fußspuren zu
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