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Dunkler Dämon

Dunkler Dämon

Titel: Dunkler Dämon
Autoren: Jeff Lindsay
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folgen und mein kleines zweiteiliges Projekt zu Ende zu bringen.
    Vielleicht war ich bei MacGregor etwas vorschnell gewesen; hätte ich ihm ein wenig mehr Zeit und Ermutigung geschenkt, hätte er mir alles verraten. Aber es hatte so ausgesehen, als könnte ich es selbst herausfinden – wenn der Dunkle Passagier fährt, bin ich ziemlich sicher, dass ich alles kann. Bis jetzt habe ich mich nie geirrt, aber dieses Mal war ich dadurch in einer etwas unbequemen Ausgangsposition und musste Mr. Stiefel ganz allein finden.
    Aus meinen vorherigen Studien wusste ich, dass MacGregor, abgesehen von seinen gelegentlichen abendlichen Segeltörns, kein Sozialleben hatte. Er war Mitglied einer Reihe von Berufsorganisationen, was man von einem Makler erwarten durfte, aber ich hatte niemand Besonderen entdecken können, mit dem er befreundet zu sein schien. Außerdem wusste ich, dass er nicht vorbestraft war, also gab es keine Akte, in der ich nach Komplizen hätte suchen können. In den Gerichtsunterlagen seiner Scheidung stand nur »unüberwindbare Differenzen«, der Rest blieb meiner Phantasie überlassen.
    Und damit saß ich fest; MacGregor war ein klassischer Einzelgänger gewesen, und meine sorgfältigen Ermittlungen hatten nicht die geringsten Anzeichen für das Vorhandensein von Freunden, Begleitern, Affären, Kumpeln oder Spezis zu Tage gefördert. Keine Pokerrunden mit den Jungs – überhaupt keine Jungs, abgesehen von den kleinen. Kein Kirchenverein, keine Loge, keine Stammkneipe, keine wöchentlichen Treffen des Volkstanzvereins – was vielleicht die Stiefel erklärt hätte –, überhaupt nichts, außer den Fotografien, auf denen jene alberne, spitze Stiefelkappe zu sehen war.
    Wer also war Cowboy Bob, und wie konnte ich ihn finden?
    Es gab wirklich nur einen Ort, den ich auf der Suche nach einer Antwort aufsuchen konnte, und das musste bald geschehen, ehe jemand merkte, dass MacGregor verschwunden war. Aus der Ferne vernahm ich Donnergrollen und warf einen überraschten Blick auf die Wanduhr. Tatsächlich, es war Viertel nach zwei, Zeit für den Nachmittagssturm, der zu dieser Jahreszeit täglich tobte. Ich hatte die gesamte Mittagspause Trübsal geblasen, was sehr untypisch für mich war.
    Doch der Sturm würde mir wieder einmal ein wenig Deckung gewähren, und irgendetwas essen könnte ich auf dem Rückweg. Nachdem ich so meine unmittelbare Zukunft ordentlich und erfreulich geplant hatte, ging ich hinaus zum Parkplatz, stieg in meinen Wagen und fuhr Richtung Süden.
    Als ich am Matheson Hammock eintraf, hatte es zu regnen begonnen, und so streifte ich wieder einmal mein sportliches gelbes Ölzeug über und joggte den Pfad entlang zu MacGregors Boot.
    Erneut knackte ich mühelos das Schloss und glitt in die Kajüte. Während meines ersten Besuchs auf dem Boot hatte ich nach Anzeichen dafür gesucht, dass MacGregor ein Pädophiler war. Nun suchte ich nach etwas Subtilerem, einem winzigen Hinweis auf die Identität von MacGregors Fotografenfreund.
    Da ich irgendwo anfangen musste, ging ich hinunter in den Schlafbereich. Ich zog die Schublade mit dem falschen Boden heraus und blätterte noch einmal die Bilder durch. Dieses Mal sah ich mir auch die Rückseiten genau an. Die Digitalfotografie hat das Spürhunddasein deutlich erschwert, weder fanden sich auf den Bildern irgendwelche Markierungen noch leere Filmpackungen mit verfolgbaren Seriennummern. Jeder Trottel weltweit konnte einfach die Bilder auf seine Festplatte laden und irgendwo ausdrucken, sogar jemand mit einem so grauenhaften Geschmack, was Fußbekleidung angeht. Es schien ungerecht: Waren Computer nicht dazu da, das Leben einfacher zu machen?
    Ich schloss die Lade und durchsuchte den Rest des Raums, aber es war nichts dort, was ich nicht schon gesehen hatte. Ein wenig entmutigt stieg ich wieder nach oben in die Hauptkajüte. Dort gab es ebenfalls einige Schubladen, und ich machte mich ans Werk. Videokassetten, Spielfiguren, Paketband – alles Dinge, die ich vorher schon bemerkt hatte und die mir nichts verraten würden. Ich nahm die Rollen Paketband heraus, vielleicht mit dem Gedanken, sie nicht verkommen zu lassen. Müßig drehte ich die unterste Rolle um.
    Und da war es.
    Es ist wirklich besser, Glück zu haben, als gut zu sein. Nicht in einer Million Jahre hätte ich auf etwas so Gutes hoffen können. Unten an der Rolle klebte ein kleiner Fetzen Papier, und auf dem Papier stand » REIKER « und darunter eine Telefonnummer.
    Natürlich gab es keine
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