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Dunkle Visionen

Dunkle Visionen

Titel: Dunkle Visionen
Autoren: Heather Graham
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Täter war. Ein Verbrechen aus Leidenschaft erschien allen das Naheliegendste. Natürlich berichteten die Tageszeitungen und alle großen Illustrierten ausführlich über den Aufsehen erregenden Mordfall.
    Auch Madison wurde von der Polizei vernommen. Sie sprach mit mehreren Polizeibeamten verschiedener Dienstgrade. Sie erzählte ihnen, dass sie das Messer gesehen, dass sie gespürt hatte, wie ihre Mutter gestorben war. Aber man glaubte ihr nicht. Bis auf einen Polizisten, der zumindest ein bisschen netter war als die anderen. Jimmy Gates. Er war noch relativ neu im Morddezernat, jung, mit warmen braunen Augen, sandfarbenem Haar und einer Sanftheit im Wesen, von der sie sich getröstet fühlte. Er wollte genau wissen, was sie gesehen hatte; er drängte sie dazu, sich zu erinnern. Als er sie ausfragte, sah sie die Hand wieder vor sich, die das Messer gehalten hatte. Und dann wusste sie auf einmal, dass der Mörder dünne fleischfarbene Handschuhe, die wie Arzthandschuhe aussahen, angehabt hatte.
    Sie war überrascht über das, was sie sah. Und es verstörte sie.
    Zuerst stand Roger ganz knapp davor, unter Mordverdacht festgenommen zu werden, dann ihr Vater. Aber in beiden Fällen reichte die Beweislage am Ende für eine Anklageerhebung nicht aus. Kyle, Kaila und Madison waren zum Zeitpunkt von Lainies Tod alle zu Hause gewesen; Roger war kurz danach heimgekommen. Kyle hatte sofort nach Entdeckung der Tat Jordan Adair angerufen. Bei dem Verhör hatte die Polizei die Vermutung geäußert, dass Roger, nachdem er Lainie getötet hatte, das Haus durch ein Fenster verlassen und die Tatwaffe irgendwo versteckt haben könnte, um anschließend zurückzukehren und angeblich seine Frau zu finden. Und Jordans Haus lag nur einen Katzensprung vom Tatort entfernt, sodass es ihm ein Leichtes gewesen wäre, sich nach dem Mord der Tatwaffe zu entledigen und innerhalb kürzester Zeit wieder zu Hause zu sein. Merkwürdigerweise hatten die beiden Männer zu keinem Zeitpunkt versucht, sich gegenseitig zu belasten. Und da sich keine weiteren Beweise fanden, war die Polizei schließlich gezwungen, die beiden in Ruhe zu lassen.
    Time
,
Newsweek
und
People
machten mit Schlagzeilen wie „Kann man sich mit Geld seine Unschuld erkaufen?“ auf.
    Jimmy Gates hielt weiterhin Kontakt zu Madison. Er hörte mit großem Ernst zu, wenn sie wieder und wieder von dem erzählte, was sie gesehen und gespürt hatte. Er versuchte noch mehr aus ihr herauszubekommen, aber so sehr sie sich auch zu erinnern versuchte, blieb doch die behandschuhte Hand das Einzige, was sie sah. Ihr Vater ermahnte Gates, sie nicht noch länger zu quälen, aber sie sagte ihm, dass sie mit ihm sprechen wollte.
    Zwei Monate nach dem Mord wurde ein Verdächtiger festgenommen.
    Es handelte sich um einen geistig verwirrten Stadtstreicher namens Harry Nore. Madison kannte ihn schon fast ihr ganzes Leben lang vom Sehen. Er trieb sich meistens auf dem Coconut Grove herum oder saß bettelnd an der Kreuzung Bird und U.S. 1. Manchmal schrie er irgendetwas von der Wiederkunft des Herrn oder dass der Satan kommen und ein riesiges Flammenmeer sie alle verschlingen werde. Er war bei einem Einbruch im Nachbarhaus erwischt worden, als er sich gerade in der Küche eine Scheibe Brot abschnitt.
    Mit einem Fleischermesser.
    Hätte es sich nur um einen Mundraub gehandelt, wären die Nachbarn sogar bereit gewesen, ein Auge zuzudrücken, doch als sich herausstellte, dass er sich die Taschen mit dem Familienschmuck voll gestopft hatte, alarmierten sie die Polizei.
    Bei der Entdeckung, dass Harry Nore um den Hals ein goldenes St. Christopherus-Medaillon trug, das Roger Montgomery gehörte, wurde die Polizei zum ersten Mal hellhörig und begann sich zu fragen, ob der Mann womöglich mehr war als nur ein Dieb. Auf dem Fleischermesser, das Nore zum Brotschneiden benutzt hatte, fand man Blutspuren.
    Lainies Blut.
    Unter den Fingerabdrücken, die man in Lainies Schlafzimmer sichergestellt hatte, befanden sich auch die von Nore. Und er war alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Er hatte bereits einmal im Gefängnis gesessen, um für den Mord zu büßen, den er mit einem ähnlichen Messer an seiner Ehefrau verübt hatte.
    Allerdings wurde Harry Nore für den Mord an Lainie Adair Montgomery niemals verurteilt; bei der Gerichtsverhandlung erklärte man ihn für unzurechnungsfähig. Wenn man ihn mit den Anschuldigungen konfrontierte, bekam er Tobsuchtsanfälle und fing an zu rasen. Gott höchstpersönlich hätte
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